Die Parität zum Euro zeigt es in aller Deutlichkeit: Der Franken steht als Fluchtwährung hoch im Kurs – mit Folgen für die Schweizer Währungshüter.

Die historische Entscheidung der Schweizer Regierung, sich voll und ganz hinter die Sanktionen der Europäischen Union, USA und weiteren westlichen Staaten gegen Russland zu stellen, hat der Stellung des Frankens als Fluchtwährung zumindest bislang nichts anhaben können. Im Gegenteil, gegenüber dem Euro herrscht praktisch Parität, zum ersten Mal seit 2015, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs aufgegeben hatte.

«Es herrscht an den Märkten eine stark negative Risikostimmung», sagte SNB-Direktoriumsmitglied Andréa Maechler in einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende» (Artikel im Print). «In solchen Phasen rückt der Franken als sicherer Hafen in den Fokus. In Krisenzeiten sucht man Sicherheit.»

Maechler beschreib damit das Phänomen, dass Menschen in Zeiten von grosser Unsicherheit ihr Investitionsrisiko senken und Verluste möglichst begrenzen wollen. Dies wird mit dem Kauf von Gold, Immobilien, aber eben auch von Währungen erzielt, welche relativ gesehen tieferen Inflationsrisiken ausgesetzt sind – wie eben der Franken oder auch der Yen.

Liegt die Priorität bei der Währung...

Vor einem Monat kostete 1 Euro noch 1.0611 Franken – und heute Montag herrscht praktisch Parität. Dass dieser rasante Anstieg gegenüber der wichtigsten Handelswährung für die Nationalbank ein Problem darstellt, ist eine Folge der Auswirkungen auf die Exportwirtschaft.

Da die Firmen für ihre Produkte im Ausland auf die Schnelle nicht einfach mehr verlangen können und gleichzeitig die Preise für Energieträger rapide steigen, verschlechtern sich ihre Aussichten im Moment deutlich. Auf der Plusseite stehen natürlich die Preise für Güter, welche die Firmen im Ausland kaufen und weiterverarbeiten.

Diese Problematik hat die SNB in der Vergangenheit dazu bewogen, das Hauptaugenmerk auf die Abschwächung der Währung zu legen. Deshalb kennt die Schweiz seit 2015 einen Negativzins und die SNB hat aus diesem Grund eine ungeheure Menge von Anlagen in ausländischen Währungen gekauft. Die Volkswirte erwarten nun, dass die Sichteinlagen der Banken bei der SNB in diesen Wochen einen klaren Anstieg verzeichnen, weil die SNB wieder vermehrt im Markt aktiv sein dürfte.

... oder bei der Preisstabilität?

Allerdings werden mit dem starken Frankenkurs auch Nebeneffekte erzielt, die für die Schweiz sehr positiv zu werten sind. So hilft dies der Schweiz, die global stark steigende Inflation zu bekämpfen, wie Ipek Ozkardeskaya, Analystin bei der Online-Bank Swissquote, in einem aktuellen Marktbericht schreibt.

Zwar ist auch hierzulande die Inflation im Februar auf 2,2 Prozent gestiegen, und damit über die Grenze der Preisstabilität. Aber im Vergleich zu den gut 5 Prozent in der Eurozone und etwa 8 Prozent in den USA nimmt sich die hiesige Situation immer noch sehr feudal aus.

Wenn die Preisstabilität für die Währungshüter letztlich die oberste Priorität geniesst, dürften sich die Aktivitäten der SNB gegen den Anstieg des Franken in Grenzen halten, so Ozkardeskaya.

EZB am Zug

Auf jeden Fall ist der Druck auf die SNB, den Negativzins bald aufzuheben, um die Inflation zu bekämpfen, angesichts des starken Frankenanstiegs gewichen. Eine Verringerung der Zinsdifferenz zum Euro wäre vermutlich mit einer noch stärkeren Fluchtbewegung in den Franken verbunden.

Da das Sanktionsregime die wirtschaftliche Erholung weltweit beeinträchtigen dürfte, wird sich aber auch die EZB genau überlegen müssen, ob der vorgezeichnete Fahrplan zur Normalisierung der Geldpolitik noch opportun ist – der EZB-Rat trifft sich am Donnerstag zu seiner nächsten geldpolitischen Sitzung.

Der Faktor Politik

Es wird sehr interessant zu beobachten sein, ob die vergleichsweise markante Positionierung der Schweizer Regierung in dieser Krise sich längerfristig auf die Funktion des Franken als Fluchtwährung  auswirkt. Nie verlegen um eine zugespitzte Formulierung, sieht Alt-Bundesrat Christoph Blocher die Schweiz gemäss einem Interview in der «NZZ» schon als Partei: «Durch die Teilnahme an den Sanktionen ist die Schweiz jetzt im Krieg» (Interview hinter Bezahlschranke).

Schliesslich haben Ökonomen auch die Sicherheit, Neutralität und politische Stabilität als wichtige Faktoren für die Fluchtwährungsfunktion bezeichnet. Bis jetzt zeichnet sich eine solche Veränderung allerdings nicht ab, ganz im Gegenteil.

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