Demnächst findet auf dem Berner Bundesplatz zum zehnten Mal das Lichtspektakel «Rendez-vous Bundesplatz» statt. Ab 2021 will die Stadt Bern ihre Subventionen streichen. Die benachbarten Banken zeigen sich bis jetzt wenig spendabel, obschon sie von dem Anlass enorm profitieren.

Von Artur K. Vogel, freier Mitarbeiter

Der Berner Bundesplatz ist auch ein Bankenplatz. Neben dem Bundeshaus mit seiner mächtigen, vergoldeten Kuppel und dem legendären Café Fédéral vis-à-vis stehen nicht weniger als vier Geldinstitute mit ihren behäbigen repräsentativen Sandstein-Fassaden rund um den Platz, der sich gern als Zentrum der Schweiz versteht.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat einen ihrer zwei Sitze hier. Ihr gegenüber thront die Zentrale der Berner Kantonalbank BEKB. Auch die Valiant Bank wird vom Bundesplatz aus gelenkt. Dazu gesellt sich eine Filiale der Credit Suisse (CS).

Mehr als 550'000 Zuschauerinnen und Zuschauer

Zum zehnten Mal gibt es vom 16. Oktober bis 21. November hier das «Rendez-vous Bundesplatz». Im vergangenen Jahr lockte die eindrückliche Schau mehr als 550'000 Zuschauer aus der ganzen Schweiz und sogar aus dem Ausland an. Diesen Herbst segelt sie unter dem Titel «Planet Hope» und dreht sich um die Welt, die Umweltzerstörung, die Rettung, die Hoffnung, wie die Initiantin Brigitte Roux sagt.

Rigorose Schutzmassnahmen

Wegen rigoroser Corona-Schutzmassnahmen mit abgetrennten Sektoren, Zugangskontrollen und den vorgeschriebenen Abständen werden dieses Jahr allerdings nur knapp 120'000 Schaulustige in den Genuss des Spektakels kommen, das jeden Abend drei bis vier Mal aufgeführt wird.

Natürlich pflegen Roux, ehemalige Besitzerin einer PR-Agentur in Zürich, und ihre Firma Starlight Events intensiven Umgang mit den Banken am Bundesplatz. Am grosszügigsten verhält sich die BEKB.

Gastrecht vor der Nationalbank

«Aus dem Förderfonds für Kultur erhalten wir ein Sponsoring; zudem ist die BEKB zusammen mit mir Premieren-Gastgeberin», sagt Roux im Gespräch mit finews.ch. «Street-Food-Stände werden immer vor der BEKB aufgebaut. Auch da hilft die Bank, wo sie kann. Und in diesem Jahr haben wir Zutritt zum BEKB-Atelier und werden einige Anlässe in der Bank organisieren. Das hat uns die Bank offeriert.»

Auch die SNB ist direkt beteiligt: «Bei der SNB haben wir Gastrecht vor der Bank mit unserem Bistro «Rendez-vous». An unseren Informations-Sitzungen beim Veranstaltungsmanagement ist immer eine Person der SNB anwesend. Die SNB versucht alles, was möglich ist, damit wir das Spektakel problemlos durchführen können», sagt Roux.

Existenziell gefährdet

Eine finanzielle Unterstützung durch sämtliche Geldinstitute wäre natürlich höchst willkommen. Vor allem jetzt: An die Gesamtkosten von 850'000 Franken leistete die Stadt Bern bisher 180'000 Franken; für 2021 war eine Aufstockung der Summe auf 250'000 Franken zugesagt. Stattdessen erfuhr Roux vor ein paar Wochen, dass der städtische Beitrag ab 2021 ganz gestrichen wird – eine existenzielle Gefährdung.

«Die BEKB kam von sich aus. ‹Frau Roux, wir würden uns gerne an Ihrem Budget beteiligen. In irgendeiner Form. Wir finden es toll, was vor unserer Bank im Oktober/November geboten wird›, habe es geheissen», erzählt Roux.

Die anderen jedoch waren weniger spendabel: «Bevor ich das erste Spektakel realisierte, kam in Bern die Idee auf, dass die vier grossen Banken am Platz, BEKB, Valiant, Credit Suisse und UBS, das Sponsoring für das Rendez-vous gemeinsam übernehmen und dazu auch zusammen auftreten sollten, so nach dem Motto: Berner Banken ermöglichen den Kulturgenuss.»

Leicht sarkastisch

Bei Valiant, Credit Suisse und UBS habe sie aber keine Chance gehabt, erzählt Roux und meint leicht sarkastisch: «Alle haben kein Geld.» Vom eindrücklichen Schauspiel am Bundesplatz profitierten sie hingegen gern: «Sie rufen mich an und wünschen Fotomaterial und Programme, laden Kunden auf Ihre Balkone ein und offerieren Apéros.» Immerhin darf Starlight Events vor der Valiant Bank den dritten Turm aufbauen.

Das Ereignis betrifft die Banken am Bundesplatz aber ganz direkt: Roux darf ihnen nämlich während der fünf Veranstaltungswochen das Licht abschalten: Dieses wird vom Hauptturm des Rendez-vous aus gesteuert. «Wenn die Beleuchtung am Bundeshaus, die genau für unsere Shows programmiert wird, gelöscht ist, stellen wir auch die öffentliche Beleuchtung ab. Rund um den Platz, also auch bei allen Banken, ist es dann dunkel.»

Zukunft ungewiss

Dass die Stadt ihre bescheidenen Subventionen ab 2021 streicht, ist nicht ganz verständlich. Denn die Zehntausenden Zuschauer, die von weit her in die Bundesstadt strömen, geben hier auch Geld aus.

Das Migros Kulturprozent, wichtigster Sponsor des Rendez-vous Bundesplatz, hat eine Studie finanziert, die ergeben hat, «dass die Wertschöpfung für die Stadt mehr als zehn Millionen Franken beträgt», erläutert Roux: «Viele kommen extra nach Bern, essen vor oder nach der Vorstellung im Restaurant, gehen am Tag vielleicht in ein Museum, zum Shoppen oder auf den Gurten, übernachten sogar hier. Wichtig ist auch, dass vor allem die Gastronomie und die Hotellerie profitieren, zwei Branchen, die besonders hart von Corona betroffen sind.»

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Zwar steht das Thema für das 11. Spektakel nächstes Jahr bereits fest: Planet Hope 2. Momentan muss man allerdings hoffen, dass es überhaupt stattfinden kann. «Wenn sich die Stadt Bern nicht mehr am Budget beteiligt, dann gibt es das Spektakel nicht mehr in Bern», sagt Roux, die auf die Frage, ob sie mit dem Rendez-vous wegziehen oder dieses ganz einstellen könnte, lapidar antwortet: «Alles ist möglich.»

Vielleicht sollten die Banken am Bundesplatz nochmals auf ihre Entscheidung zurückkommen und sich überlegen, ob ihnen der willkommene und bisher kostenfreie Kundenanlass nicht doch ein paar Sponsoring-Franken wert wäre. Für Brigitte Roux jedenfalls und für ihre Hunderttausenden von Fans bedeutet das Motto «Planet Hope» auch: «Die Hoffnung stirbt zuletzt.»


  • Das zehnte Lichtspektakel findet vom 16. Oktober bis 21. November in Bern statt. Jeden Abend um 19.00, 19.45 und 20.30 Uhr. An Donnerstagen, Freitagen und Samstagen Zusatzvorstellung um 21.15 Uhr. Dauer: rund 30 Minuten.