Im Vergleich zum «Regulierungs-Tsunami» sei der Margendruck ein kleines Problem, sagt Martin Scholl, CEO der Zürcher Kantonalbank, im Interview mit finews.ch.

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Martin Scholl ist Vorsitzender der Generaldirektion der Zürcher Kantonalbank (ZKB)

Herr Scholl, die Schweizer Banken stehen unter Druck. Trifft das auch für die Zürcher Kantonalbank zu?

Als inlandorientiertes Finanzinstitut mit breiter Ertragsdiversifikation und stabiler Kundenbasis befindet sich die Zürcher Kantonalbank gegenüber den globalen Playern und den stark vom Crossborder-Geschäft abhängigen Privatbanken in einer komfortablen Situation.


 «Alle stehen vor grossen Herausforderungen»


Vor grossen Herausforderungen stehen jedoch alle Schweizer Banken, wenn man etwa an die erhöhten Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Basel III und an weitere Regulierungen denkt.

Können Sie das näher umschreiben?

Grundsätzlich begrüssen wir die Regulierungsbestimmungen, welche die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz erhöhen. Für eine inlandorientierte Bank wie die Zürcher Kantonalbank ist es jedoch wichtig, dass die Regulierung der Heterogenität des schweizerischen Bankensektors Rechnung trägt.


«Die immer neuen Vorgaben bereiten uns Kopfzerbrechen»


Da sind einerseits die international agierenden Gross- und Privatbanken und andererseits die überwiegend national tätigen kleineren und mittelgrossen Retailbanken. Bezüglich Grösse, Geschäftsmodell, Risikoprofil und Systemrelevanz gibt es hier signifikante Unterschiede.

Wo drückt der Schuh am stärksten?

Kopfzerbrechen bereiten uns, wie erwähnt, vor allem die immer neuen regulatorischen Vorgaben, die – falls sie nicht differenziert umgesetzt werden – zu ungewollten Wettbewerbsverzerrungen führen. Das wäre volkswirtschaftlich unerwünscht. Darum: Regulierungen ja, aber mit Augenmass.


«Der Margendruck ist ein kleines Problem»


Im Vergleich zum aktuellen «Regulierungs-Tsunami» ist der Margendruck ein kleines Problem. Im Hypothekargeschäft konnten wir die Margen in jüngster Zeit deutlich ausweiten. Gestiegene Risiken erfordern auch höhere Risikoprämien.

Gibt es neben einem Stellenabbau noch andere Kostensparmöglichkeiten?

Ja, sicher. Prozesse und Schnittstellen werden bei uns regelmässig auf Optimierungsmöglichkeiten hin geprüft. Dass einzelne Stellen gestrichen werden, lässt sich auch bei der Zürcher Kantonalbank nicht vermeiden.

Das geringe Wirtschaftswachstum, der Steuerstreit mit Deutschland und die Börsenflaute beeinträchtigen das Geschäft aller Kantonalbanken. Wird es, ja muss es zu Zusammenschlüssen innerhalb dieser Gruppe kommen?

Nein, die 24 Kantonalbanken haben eine starke Verankerung in ihren Kantonen. Sie sind völlig eigenständig, arbeiten jedoch in vielen Geschäftszweigen eng miteinander zusammen. Und sie sind auch im laufenden Geschäftsjahr sehr erfolgreich unterwegs.


«Überhitzungserscheinungen sind partiell zu beobachten»


Wäre die ZKB an der Übernahme bestimmter Banken aus anderen Kantonen überhaupt interessiert?

Übernahmen sind bei der Zürcher Kantonalbank derzeit kein Thema.

Über den Zustand des Schweizer Immobilienmarktes gehen die Meinungen weit auseinander. Sehen Sie Überhitzungsanzeichen?

Die aktuellen Preisindizes zeigen auch 2012 für den Kanton Zürich wie für die ganze Schweiz weiter steigende Preise. Der Anstieg dürfte sich jedoch eher etwas abschwächen. Überhitzungserscheinungen sind partiell zu beobachten und betreffen die bekannten Hotspots.


«Hypotheken vergeben wir sehr selektiv»


Das Angebot an Wohneigentum wird vom Markt nach wie vor gut absorbiert; bei teureren Objekten ist der Markt in den letzten Monaten aber deutlich selektiver geworden. Einzig im Büro- und Gewerbebau zeichnen sich in jüngster Zeit zunehmende Leerstände ab.

Es wird den Banken auch unterstellt, dass sie zu grosszügig sind in der Vergabe von Hypotheken, und dass gerade jüngere Leute bei einem Anstieg des Zinsniveaus rasch nicht mehr in der Lage wären, eine steigende Zinslast zu schultern. Tut die Zürcher Kantonalbank genug, damit es in ihrem Kundenkreis nicht so weit kommt?

Wir stehen bei der Vergabe von Hypotheken schon seit längerem bewusst auf der Bremse. Hypotheken vergeben wir sehr selektiv und nach konservativen Kriterien.

Die ZKB ist mit einigen anderen Finanzinstituten auf den Radarschirm der US-Steuerbehörden geraten. Hat Ihr Institut so etwas wie eine Task Force gebildet, um einigermassen schadlos aus einem solchen Verfahren herauszukommen?

Der US-Steuerstreit erfordert innerhalb der Bank die höchste Aufmerksamkeit des Managements. Die entsprechenden Task Forces setzen sich aus verschiedenen Bereichen zusammen.


«Mit den US-Behörden stehen wir im Dialog»


Wäre die ZKB für einen Ablasshandel zu haben, um den Steuerstreit mit den USA so rasch als möglich ad acta zu legen?

Die Bank kooperiert mit den amerikanischen Untersuchungsbehörden und steht in einem konstruktiven Dialog. Ziel der Verhandlungen ist es, für diese Auseinandersetzung so bald als möglich eine einvernehmliche Lösung zu finden.

Wenn Sie gefragt würden: Wie würde Ihre Bank in der Frage der Abgeltungssteuer mit Deutschland vorgehen? Hart bleiben im Sinne von «es gibt nur eine, die auf dem Tisch liegende Lösung», Kompromissverhandlungen aufnehmen oder in Neuverhandlungen einwilligen?

Die Verhandlungen über die Einführung der Abgeltungssteuer obliegen dem Bundesrat. Dieser hat ein Vertragswerk ausgearbeitet, das nach wie vor die beste Lösung ist, um die Vergangenheit zu regularisieren und die Zukunft unter Wahrung der finanziellen Privatsphäre steuerkonform zu gestalten.


«Deutschland würde eine grosse Lösung verpassen»


Was würde ein Scheitern der Abgeltungssteuer für die ZKB bedeuten?

Das Abkommen befindet sich nun im Vermittlungsausschuss. Solange kein definitiver Entscheid gefällt ist, bleiben wir optimistisch. Würde das Abkommen vom Vermittlungsausschuss definitiv abgelehnt, hätte Deutschland aus unserer Sicht eine grosse Chance für eine faire und nachhaltige Lösung der vorhandenen Steuerproblematik verpasst. Die Zürcher Kantonalbank hält unabhängig davon an der Strategie fest, nur noch steuerkonforme Vermögen zu verwalten.


Martin_Scholl_qDer 51-jährige Martin Scholl ist seit 1. Juni 2007 Vorsitzender der Generaldirektion. Er gilt als «Vollblut-ZKB'ler». Nach Abschluss der Banklehre in der Zürcher Staatsbank hielt er verschiedene Funktionen inne: Von 1996 bis 2001 leitete er den Vertrieb Geschäfts- und Firmenkunden, ab 2001 war er als Leiter Kreditmanagement tätig.

Seit 2002 gehört er der Generaldirektion der ZKB an. Bis 2005 war er für die Firmenkunden zuständig. Ein Jahr später übernahm er die Leitung der Geschäftseinheit Privatkunden.

 

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