Die Bank Reyl wurde in Frankreich mehrmals als diskretes Offshore-Vehikel für Frankreichs Reiche dargestellt. Nun wehrt sich der Leiter des Unternehmens.

Der grosse Politskanal in Frankreich zieht auch eine kleine Genfer Bank in Mitleidenschaft: Frankreichs Budgetminister Jérôme Cahuzac habe via die Bank Reyl 600'000 Euro in der Schweiz versteckt. Er habe das Geld mit Reyls Hilfe nach Singapur transferiert. Er habe sogar 15 Millione Euro bei Reyl gelagert. Reyl habe Cahuzcas Gelder in einem «Omnibus-Konto» diskret bei der UBS angelegt…: All das Meldungen, welche die Presse (insbesondere in Frankreich) in den letzten Tagen und Wochen verbreitete; auch finews.ch berichtete über diese Andeutungen, die teils von französischen Ermittlern, teils von einem Insider aus Genf herrühren dürften.

Die Genfer Privatbank nahm bislang dazu nicht Stellung. Jetzt aber meldet sich François Reyl, der Verwaltungsratsdelegierte, erstmals zu Wort (Bild). In einem Interview mit «L'Agefi» bestreitet er die kursierenden Darstellungen. Angesichts der vielen Falschmeldungen habe er am Montag das Gespräch mit dem Genfer Generalstaatsanwalt gesucht. Die Aufzeichnungen dieses Gesprächs können mit Reyls Einwilligung an die französischen Behörden weitergeleitet werden.

«Wir wissen nichts von ihrer Existenz»

Von den 15 Millionen, welche Ex-Minister Cahuzac bei Reyl angelegt haben soll, sei in seinem Haus nichts bekannt. «Wir wissen nichts von ihrer Existenz, und falls es sie gibt, wurden sie der Bank Reyl niemals präsentiert.»

Auch die in den Medien kursierenden Andeutungen über Omnibus-Konti entsprächen keiner Realität. Die Geschichten zeigten wenig Verständnis für die Regulierungs-Situation, in der Reyl arbeitet. In jedem Fall sei die Identität der Kunden stehts klar deklariert – ganz gleich, ob die Konten in den eigenen Büchern seien oder ob die Gelder im Rahmen eines Vermögensverwaltungs-Mandats bei anderen Banken angelegt seien.

Das starke Wachstum der Reyl-Gruppe in den letzten Jahren erkläre sich keineswegs durch Offshore-Anlagen französischer Kunden. Vielmehr gründe es auf einer stetigen Diversifikation der Anlagemöglichkeiten und der Märkte, in denen Reyl tätig sei – aber auch auf der Betreuung von Kunden in Frankreich oder Grossbritannien durch die dortigen Reyl-Gesellschaften.

Krawall vor der Niederlassung

Erst am Wochenende hatte «Le Monde» die Bank Reyl als «boîte de Pandore» geschildert, als diskrete Offshore-Anlaufstelle für «des dizaines» von französischen VIPs aus allen Bereichen; auch «Médiapart», die inzwischen berühmte Enthüllungs-Website, zeichnete ähnliche Bilder.

Der Frage, weshalb er nicht früher auf die Cahuzac-Reyl-Berichte reagiert habe, wich François Reyl allerdings aus. Insgesamt zeigte der Reyl-CEO im «L'Agefi»-Interview entsetzt über die Geschehnisse. Er sei zum Beispiel darüber soeben informiert worden, dass vor der Reyl-Niederlassung in Paris einzelne Chaoten («certains casseurs») verhaftet werden mussten.