Seit langem eilt der Bank Julius Bär der Ruf voraus, in der IT eher rückständig zu sein. Das soll sich ab nächstem Jahr ändern, sagt CEO Boris Collardi. Er prüft sogar den Kauf von innovativen Fintech-Jungunternehmen.

Bereits im vergangenen Oktober räumte Julius-Bär-Chef Boris Collardi (Bild unten auf dem Cover) in einem Interview mit der britischen Zeitung «Financial Times» ein, dass seine Bank im Bereich neuer Technologien gewiss nicht zu den Vorreitern zähle. Man sei eher ein «late adopter», also ein später Anwender.

Cover Gulf BusinessDoch das soll sich nun ändern, wie Collardi in einem neuen Interview mit dem dem Magazin «Gulf Business» erstmals erklärt. So habe die Bank nun eine Arbeitsgruppe gebildet, die ab Anfang 2015 die gesamte Informatik auf Vordermann bringen werde. Da soll über die nächsten drei bis vier Jahre geschehen.

Dabei sollen nicht nur die Buchungsplattform und die übrige Banken-IT erneuert werden, sondern auch das kundenseitige e-banking. Collardi hegt sogar noch höhere Erwartungen, wie er in dem Interview einräumt.

Disurptive Technologie

Ihn interessieren vor allem auch die so genannten disruptiven Technologien, also neuartige und umwälzende IT-Entwicklungen im Bereich der Vermögensverwaltung und -allokation. Über solche Trends hat finews.ch auch schon berichtet, wie hier etwa.

Wie Collardi weiter erzählt, schauten sich unlängst auch Vertreter von Julius Bär im Silicon Valley um, wo sie Start-up-Firmen im Fintech-Bereich besuchten und neue Ideen sammelten. Der Bank-Chef schliesst auch nicht aus, einzelne Start-up oder deren Dienstleistungen gleich zu übernehmen.

«Any time, any time», gibt sich Collardi im Gespräch überaus offen. Wenn man berücksichtigt, wie akquisitionsfreudig seine Bank in den vergangenen paar Jahren schon war, erstaunt es kaum, wenn Julius Bär nun auch im Fintech-Bereich die Fühler ausstreckt.

Kein Interesse am allgemeinen Bieterprozess

Bezüglich Coutts International erklärt Collardi, dass er kein Interesse an dem nun laufenden Bieterprozess habe (Lesen Sie dazu auch diesen Beitrag). Gäbe es Einzelgespräche oder -verhandlungen, würde Julius Bär das Angebot durchaus prüfen. Aber nicht unter den gegebenen Umstanden, wie der Julius-Bär-CEO betont.

Collardi legt auch Wert darauf, dass es nicht primär um den Preis gehe, selbst wenn dieser sehr tief wäre, sondern vor allem um die Frage, wie man die Geschäftsbereiche zweier Banken und die unterschiedlichen Firmenkulturen zusammenbringen kann. Das sei in erster Linie zu prüfen, und das lasse sich nicht in fünf Minuten bewerkstelligen.

Collardis Warnung

In Bezug auf die Integration des internationalen Geschäfts von Merrill Lynch will man bei Julius Bär im nächsten Februar im Rahmen des Jahresabschluss im Detail über die Transaktion respektive den Transfer der Vermögen informieren. Collardi warnt davor, jetzt voreilige Schlüsse zu ziehen, weil die übertragenen Gelder bislang eher am unter Ende der Erwartungen ausgefallen sind.

Collardi stellt einen «guten Report» für Februar 2015 in Aussicht, basierend auf den erfreulichen Zahlen in der ersten Jahreshälfte 2014. Das Geschäft von Merrill Lynch sei inzwischen zum allergrössten Teil integriert. Es fehle nur noch der indische Markt. Dieses Geschäft werde Anfang 2015 transferiert.

Massive Steigerung

Seit Collardi nach dem Tod des vormaligen CEO Alex Widmer Ende 2008 die Leitung der Julius-Bär-Gruppe übernahm, haben sich die verwalteten Vermögen um 85 Prozent erhöht und beliefen sich Ende Oktober 2014 auf 285 Milliarden Franken. Bei seinem Amtsantritt als CEO der damals 119-jährigen Bank Julius Bär war er gerade einmal 35 Jahre alt.

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