Seit dem Ausbruch des Steuerstreits mit dem Ausland hat das Offshore-Geschäft einen schalen Beigeschmack. Dabei gibt es nach wie vor gute Argumente, sein Vermögen im Ausland zu parkieren.

«Offshore-Banking»: Wenn es in der Schweizer Bankenbranche heute ein Unwort gibt, dann ist es wohl dies. Steht es doch für den seit der Finanzkrise andauernden Steuerstreit mit dem Ausland, Schwarze Listen, das bröckelnde Bankgeheimnis – und nicht zuletzt für die Erinnerung an bessere Zeiten.

Lieber sprechen Banker und Behörden vom «grenzüberschreitenden Geschäft» – von «Crossborder»; um dann gleich im Folgesatz anzumerken, dass dieses mit zahlreichen Risiken behaftet sei.

Andere Perspektive

Interessanterweise scheint sich diese Sichtweise mehrheitlich auf die Schweiz zu beschränken – notabene immer noch der führende Standort für die Verwaltung von Offshore-Vermögen weltweit. Anderswo kommen Finanzexperten nämlich zum Schluss, dass es auch heute noch durchaus Vorteile hat, sein Geld im Ausland zu parkieren.

So findet etwa das britische Branchen-Portal «The Market Oracle» nicht weniger als zehn Gründe, die für ein (versteuertes) Offshore-Konto sprechen. Argumente genug eigentlich, um auch an die Zukunft des Offshore-Standorts Schweiz zu glauben.

1. Politische Risiken streuen 

Die Finanzbranche neigt dazu, die Politik als Gegenspielerin zu verstehen. Dennoch sind die Experten von «The Market Oracle» wohl kaum als paranoid zu bezeichnen, wenn sie damit rechnen, dass Staaten weiterhin die Investoren zur Kasse beten (Zypern), Spargelder mit Steuern belegen (Spanien) oder die Rentenvermögen verstaatlichen (Ungarn, Portugal). Da kann es beruhigend sein, einen Teil seines Vermögens ausser Landes zu wissen.

2. Stabilere Banken

Die Finanzkrise legte die globalen Abhängigkeiten der Finanzindustrie schonungslos offen. Somit greift es zu kurz, die «besseren» Banken stets im Ausland zu vermuten. Jedoch können sich Finanzplätze mit klaren Regeln und Stabilität unterscheiden. Die Schweiz hätte diesbezüglich gute Karten – wenn sie mit Augenmass reguliert.

3. Schutz vor Rechtsstreitigkeiten

In den USA etwa werden jährlich 15 Millionen Klagen eingereicht. In der Schweiz (oder in Singapur) dürften es bedeutend weniger sein.

4. Währungsrisiken diversifizieren

Für die Schweiz mehr Fluch als Segen: Der starke Franken gilt im Ausland als eines der Hauptargumente für ein Schweizer Bankkonto. Seit dem Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von vorletzter Woche erst recht.

5. Den Zinsvorteil suchen

Die höhere Verzinsung auf deren Bankkonti mag für gewisse Offshore-Zentren sprechen. Nachdem die SNB Negativzinsen installiert hat jedoch nicht mehr für die Schweiz.

6. Monetärer Notfallkoffer

Wenn es um Leben und Tod geht, findet sich der beste Arzt womöglich im Ausland. Umso wichtiger ist es dann, dass das Geld für die Behandlung nicht durch Kapitalkontrollen aufgehalten wird, sondern sich schon vor Ort befindet. Insbesondere die Genfersee-Region mit ihren zahlreichen Kliniken zeigt, wie nahe sich Medizin und Banking sind.

7. Handlungsspielraum bewahren

Reserven an verschiedenen Orten schützen nicht nur vor Klumpenrisiken, sondern ermöglichen auch eine schnelle Reaktion auf neue Gegebenheiten.

8. Privatsphäre bewahren

Das Schweizer Bankgeheimnis ist mehr oder weniger Makulatur. Mit der Einführung des automatischen Informationsaustauschs (AIA) mit ausländischen Behörden rückt auch die Schweiz dem Konzept des «gläsernen Bürgers» ein gutes Stück näher. Umso mehr müssen Banken darüber nachdenken, wie sie zumindest die Privatsphäre ihrer Kunden bewahren können.

9. Nerven schonen

Punkte 1 bis 8 sollten eigentlich für einen recht ruhigen Schlaf sorgen. Und das ist heutzutage schon viel.

10. Persönliche Freiheit

Die Reduktion von Klumpenrisiken sichert nicht nur Handlungsspielraum, sondern eben auch Handlungsfreiheit.

Das alles würde eigentlich für ein starkes Offshore-Geschäft in der Schweiz sprechen – wenn das hierzulande auch erkannt würde. Viel Zeit bleibt nicht mehr.

Position in Gefahr

Gemäss dem Global Financial Centres Index ist Zürich im vergangenen Jahr um zwei Ränge, Genf gar um vier Ränge im Ranking der Top-Finanzzentren abgestiegen. Und für die kommenden drei Jahren erwarten etwa die Berater der Boston Consulting Group ein weit grösseres Kundengeld-Wachstum in Singapur und Hongkong, aber auch in Grossbritannien und in den USA.

Wie sagte Julius-Bär-Chef Boris Collardi doch kürzlich an einer Konferenz: «Unsere Position ist nicht unanttastbar.»

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