Yves Mirabaud geht mit der Schweizerischen Nationalbank hart ins Gericht und warnt vor allzu viel Digitalisierung im Private Banking.

Es sind scharfe Voten, die Yves Mirabaud (Bild) in einem Interview mit dem Fachmagazin «Schweizer Bank» zum Besten gibt. Der seit Mitte April 2015 neu amtierende Präsident der Vereinigung Schweizerischer Privatbanken bezeichnet den Dialog mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) als «schwierig» und befürchtet, dass die Negativzinsen sogar noch erhöht werden.

Er sagt: «Wenn man sieht, wie sich der Euro wieder Richtung Parität bewegt hat, wird auch das Risiko deutlich, dass diese Politik nicht funktionieren wird, und dass die SNB die Negativzinsen sogar noch erhöhen muss. Das ist eine wirkliche Gefahr für unsere Mitglieder und für andere Banken, die eine sehr konservative Bilanz haben», erklärt der oberste Vertreter der gleichnamigen, 1819 gegründeten Genfer Privatbank Mirbaud.

Angst vor dem Abseits

Für Privatbanken seien die Konsequenzen Negativzinsen schwerwiegend. «Entweder, wir nehmen sie auf die eigene Rechnung, was signifikant auf das Nettoeinkommen durchschlagen würde, oder wir überwälzen sie auf die Kunden; dadurch würden wir uns im Wettbewerb ins Abseits stellen, denn die betroffenen Kunden würden ihr Geld zu anderen Banken bringen, die die Negativzinsen nicht weitergeben müssen, weil sie davon praktisch nicht tangiert werden», sagt Mirbaud.

Die dritte Möglichkeit wäre, eine aggressivere Bilanz zu fahren, indem die Risiken erhöhte werden. Aber davor hütet sich Mirabaud und sagt: «Wir wollen ein solides Geschäft und keine Interessenkonflikte mit unseren Kunden.»

Es braucht Zeit

Mirabaud will auch keine Politik machen, sondern Business, wie er weiter sagt. Doch dafür ist er auf den Schutz der finanziellen Privatsphäre angewiesen und beklagt daher den sukzessiven Niedergang des Schweizer Bankgeheimnisses.

«Es ist kein Vergnügen, die Kunden davon zu überzeugen, dass sich die Bankenwelt verändert hat und dass sie ihre unversteuerten Vermögen möglichst rasch regularisieren müssen. Die Banken haben diesbezüglich schon viel getan, aber es braucht Zeit, um die Kunden von der Notwendigkeit dieses Schrittes überzeugen zu können», sagt Mirbaud.

Das letzte Wort soll der Stimmbürger haben

Der Entscheid, dass Banken den Behörden Steuerdaten liefern, sollte auf keinen Fall ohne das Volk getroffen werden, sagt Mirabaud. Es sei deshalb gut, dass der Stimmbürger über die «Matter-Initiative» entscheiden könnten. Dabei handelt es sich um einen politischen Vorstoss des Schweizer Bankiers Thomas Matter. Dieser fordert, dass das Bankgeheimnis in die Verfassung verankert wird.

Bereits hat sich der Dachverband der Schweizer Banken, die Schweizerische Bankiervereinigung, explizit gegen die Initiative ausgesprochen, wie auch finews.ch berichtete. Aus den Äusserungen Mirabauds lässt sich allerdings eine gewisse Sympathie für die «Matter-Initiative» herauslesen.


Am 22. Mai 2015 hatte finews.ch eine Zusammenfassung eines Interviews des Fachmagazins «Schweizer Bank» mit Yves Mirabaud publiziert. Aus den Äusserungen des Genfer Privatbankiers schloss die Redaktion eine gewisse Sympathie Mirabauds für die «Matter-Initiative».

Diese Behauptung ist jedoch falsch, wie Yves Mirabaud gegenüber finews.ch verlauten liess. Dabei legt er Wert auf folgende Darstellung:

«Weder die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers (VSPB) noch ihr Präsident (derzeit Yves Mirabaud) unterstützen die «Matter-Initiative». Die VSPB vertritt die Meinung, dass diese Initiative eine Grundsatzfrage stellt, die zuerst geklärt werden muss, um zu wissen, welcher Weg eingeschlagen werden soll – Ausbau des Quellensteuermodells oder Modell der Übermittlung von Bankdaten an die Bundesbehörden. Die Privatsphäre muss geschützt werden, darüber besteht kein Zweifel. Die Bürger sollen jedoch wählen können, welche Lösung sie zur Gewährleistung ihrer Steuerpflichten bevorzugen.»


Eine altmodische Sicht auf die Digitalisierung

Mit einer Annahme dieses politischen Vorstosses hätte auch eine Einführung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) in der Schweiz – wie ihn verschiedene Kreise wünschen – erheblich weniger Chancen, was Mirabaud wohl insgeheim hofft.

Der Genfer Privatbankier nimmt auch bei einigen anderen Themen eine höchst streitbare Haltung ein. So relativiert er die derzeit vorherrschende Euphorie in Sachen Digitalisierung. Er sagt: «Meine Sicht ist vielleicht etwas altmodisch: Aber der Schlüssel zu unseren Kunden bleibt der direkte Kontakt. Über die Diskussion und den Dialog verstehen wir die Kundenbedürfnisse unmittelbar. Die Automatisierung scheint mir im Private Banking nicht so wichtig zu sein wie im Retailbanking oder im Handel. Es wäre wohl das Ende des Private Banking, wenn alles automatisiert würde.»

Grösser denn je

Yves Mirabaud ist überzeugt, dass die Schweizer Bankbranche noch mehr konsolidieren wird. Neue Regulierungen und die Implementierung des automatischen Informationsaustausches in den Jahren 2017/2018 würden diese Entwicklung noch verstärken. Man müsste aber auch bedenken, dass solche Entwicklungen gerade auch im Private Banking nicht zum ersten Mal auftreten würden, betont der Genfer.

Die Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers habe nach dem Zweiten Weltkrieg zwar noch 65 Mitglieder gezählt und heute seien gerade noch neun Privatbanken Mitglieder des Verbandes. «Aber die verbliebenen neun sind zusammen viel grösser als die 65 damals. Das zeigt auch den klaren Trend zur Grösse der Finanzinstitute», betont Mirbaud die heutige Bedeutung der Schweizer Privatbanken.


Yves Mirabaud, geboren 1966, ist Senior-Teilhaber von Mirabaud SCA und Verwaltungsratspräsident der Mirabaud & Cie, eine der ältesten Privatbanken der Schweiz, die 1819 in Genf gegründet wurde. Er verfügt über ein Diplom des Institut Universitaire des Hautes Etudes Internationales von Genf. Nach fünfjähriger Tätigkeit für verschiedene Bankinstitute in Genf, Zürich, Boston und New York trat er 1993 der Bank Mirabaud bei. Im Jahr 1996 wurde er zum Teilhaber des Bankhauses ernannt, wo er von 2000 bis 2011 im Exekutivausschuss als Mitglied mitwirkte. In den Jahren 2012 und 2013 war er als Senior-Teilhaber der Bank tätig. Seit dem 1. April 2014, im Anschluss an die Änderung der Rechtsform der Mirabaud-Gruppe, ist Yves Mirabaud Senior-Teilhaber von Mirabaud SCA und Verwaltungsratspräsident von Mirabaud & Cie SA.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.49%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.51%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.27%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.14%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel