Über kaum ein anderes Branchenthema ist in den vergangenen Monaten mehr diskutiert worden als über die Neuausrichtung der Credit Suisse. Heute Mittwoch ist alles klar: Es kommt zu einigen Überraschungen.

In den vergangenen Monaten sickerte einiges durch, wie sich die Credit Suisse (CS) künftig ausrichten könnte. Doch einige Überraschungen behielt die Bank bis am Mittwochmorgen unter Verschluss.

1. Börsengang der Schweizer Bank

Die Credit Suisse will ihre Schweizer Bank(-Einheit) bis Ende 2017 «partiell» (20 bis 30 Prozent) an die Börse bringen. Das ist ein mutiger, aber durchaus sinnvoller Schritt, da sich so für Anleger die Möglichkeit bietet, in ein Finanzinstitut zu investieren, das nicht den Unwägbarkeiten im globalen Investmentbanking ausgesetzt ist. Mit anderen Worten: Eine attraktive Aktien-Story, beruhend auf den Stärken der CS im Heimmarkt, die sich erst noch ausbauen lassen. Überraschend ebenfalls: Thomas Gottstein als neuer Leiter der Schweizer Bank.

2. Aufspaltung der Investmentbank

CEO Tidjane Thiam baut die Investmentbank nicht etwa ab, aber er trimmt sie fit. Dazu gehört der Plan, diese Einheit aufzuteilen, in die Bereiche Global Markets sowie Investment Banking & Capital Markets. Damit einher gehen Einsparungen in London, oder wie es im Communiqué heisst: «Right-sizing the bank’s footprint in London.»

3. Umbau der Konzernleitung

Worauf alle Welt gewartet hatte, war die neue Zusammensetzung der Konzernleitung. Erwartet hat man die Abgänge von Pamela Thomas-Graham sowie von Robert Shafir; als eigentliche Bombe gilt die Tatsache, dass der bisherige Schweiz- und Co-Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister gänzlich aus der obersten Leitung verschwindet. Mit Gaël de Boissard verschwindet zudem ein Investmentbanker aus der Geschäftsleitung.

Umgekehrt wird Thomas Gottstein, der zuletzt den Bereich der sehr vermögenden Privatkunden verantwortete, die Leitung der Schweizer Bank übernehmen – ein Job, den man Meister zugetraut hätte. Dass Helman Sitohang als Asien-Chef in die Konzernleitung aufsteigt, hatte finews.ch bereits früher antizipiert. Und dass Iqbal Khan zum Chef der neuen Division International Wealth Management wird, hat ein anderes Finanzportal auf dem Platz Zürich bereits am Montag geradezu visionär vorweg genommen.

4. Neue Funktionalitäten

Neu ist die Funktion eines Chief Operating Officers auf Konzernleitungsebene bei der Credit Suisse. Diese übernimmt der Thiam-Getreue Franzose Pierre-Olivier Bouée. Nicht ganz überraschend, aber kühn ist die Zusammenfassung der Vermögensverwaltungs-Einheiten unter dem Titel International Wealth Management, hier dürfte das schlummernde Potenzial der Credit Suisse in den nächsten Jahren liegen.

Nach Pamela Thomas-Graham zieht nun eine andere Frau in die oberste Teppich-Etage: Es ist Lara Warner, welche die neue Funktion als Chief Compliance and Regulatory Affairs Officer übernimmt.

5. Weitere Restrukturierungen in Westeuropa

Überraschend auch, dass die Redimensionierung, die Hans-Ulrich Meister in den vergangenen Jahren in Europa durchgepaukt hat, offenbar nicht ausreichend ist. Denn wie die CS am Mittwoch weiter ankündigte, soll es in Westeuropa zu weiteren Reorganisationen und Einsparungen kommen. Das Geschäft müsse noch effizienter werden, und man wolle sich ausschliesslich auf Märkte mit einem «profitablen Wachstum» konzentrieren.

6. Zweiteilige Kapitalerhöhung

Viel war im Vorfeld der heutigen Präsentation von der zwingenden Kapitalerhöhung bei der Credit Suisse die Rede. Nun ist sie da und zweiteilig. Zur Stärkung der Bilanz kommt es einerseits zu einer Bezugsrechtsemission im Umfang von 4,7 Milliarden Franken sowie zu einer Privatplatzierung von rund 1,35 Milliarden Franken. Damit bleibt die Mittelauffrischung deutlich unter der Marke von 10-Milliarden-Franken.

7. Indikatoren in den Quartalszahlen

Für eine weitere Überraschung sorgte die CS am Mittwoch schliesslich mit ihren Zahlen zum dritten Quartal 2015. Dabei fallen vor allem zwei Dinge auf: Erstens erzielte die Bank einen Gewinn von 779 Millionen Franken. Das ist weit mehr, als manchen Finanzanalysten prognostiziert hatten.

Und der Neugeld-Zufluss, der bereits im zweiten Quartal 2015 höchst erfreulich war, hält in überdurchschnittlichem Masse an. Damit zeigt sich, dass die Bank besonders im Wachstumsmarkt Asien erfolgreich unterwegs ist. Einziger Wermutstropfen: Die verwalteten Vermögen gingen zurück, nicht zuletzt auf Grund der chinesischen Börsenschwäche im vergangenen Spätsommer.

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