Die digitale Welle kommt und die Banken sind nicht darauf vorbereitet. Das ist der Tenor in Fintech-Kreisen, Bankstudien und von Fintech-Evangelisten. Aber was ist der Nutzen dieser Erkenntnis?

Es ist, als ob auf der Schallplatte der Experten- und Beraterstimmen die Nadel in einer Rille feststeckt – eine Metapher aus der analogen Welt für ein digitales Zukunftsthema, das da lautet: Sind die Banken auf die digitale Welle vorbereitet? Jedes Beratungsunternehmen hat seine Studie dazu verfasst, jeder Bankenberater sich dazu geäussert – mehr oder weniger fundiert und mit Daten unterlegt.

Die Konklusion in der Ewigschlaufe lautet: Nein, die Banken sind es nicht. Sie haben es verschlafen, früh in digitale Anwendungen zu investieren, digitale Dienstleistungen anzubieten, ein digitale Kultur zu schaffen, den drohenden Wettbewerb aus der Fintech-Welt zu erkennen, ja den drohenden Wegfall von angestammten Geschäft zu antizipieren.

Der Kunde ist längst angekommen

Ganz anders aber der Bankkunde, wie nun auch eine Studie des weltweit führenden Beratungsunternehmens PwC zeigt. Die Erkenntnisse sind nicht neu: Der typische Private-Banking-Kunde sei in der digitalen Welt längst angekommen, während die Wealth Manager in ihrer Selbstgefälligkeit die bestehenden und möglicherweise in der Zukunft entstehenden Wünsche ihrer Kunden mehrheitlich noch ignorieren.

Dass dem so ist, wird mit Umfrageergebnisse belegt: Dass der Bankkunde von heute sowohl täglich im Internet surft als auch mobile Kommunikationskanäle nutzt.

Methodik ist meist dieselbe

Dass er die Investmentberichte seiner Bank gerne in digitaler Form liest. Dass eine Minderheit bereits Roboadvisor nutzt und eine grössere Minderheit sich vorstellen kann, in Zukunft Roboadvisor zu nutzen.

Die Methodik ähnelt sich in diesen Studien frappant: Immer wird das bestehende oder möglicherweise in einer nahen oder ferneren Zukunft entstehende Bedürfnis von Kunden in Bezug auf digitale Bankdienstleistungen herangezogen, um den Banken die absolute Notwendigkeit einer Digitalisierung einzuschärfen.

Die Drohung als Konklusion

Immer wird die Kluft zwischen der Kundennachfrage und dem Bankenangebot hingewiesen, mit dem Drohhinweis auf die Mobilität der Kunden, die gepaart ist mit Illoyalität.

Der Kunde mit seinen digitalen Wünschen wird so als Schreckgespenst der Banken gezeichnet, die diesen nicht oder viel zu langsam nachkommen.

Was ist der Neuwert einer Studienerkenntnis, dass 98 Prozent der typischen Private-Banking-Kunden täglich im Internet surfen und 85 Prozent mindestens drei «digitale» Geräte nutzen? Was sagt die Information aus und wie stichhaltig ist sie, dass 14 Prozent der Wealth-Management-Kunden weltweit Roboadvisor nutzen?

Wo sind die Erfolge der Roboadvisor?

Notabene müssten demnach mehrere hundert Milliarden, wenn nicht einige Billionen von Franken bereits von Roboadvisors verwaltet werden. Die digitale Wealth-Management-Branche hat zwar einige Leuchttürme wie Betterment oder Nutmeg.

Aber deren Bäume wachsen keineswegs in den Himmel – sie verwalten, wenn überhaupt, gerade mal tiefe einstellige Milliardenbeträge.

Wo liegt der Nutzen für Banken, wenn ihnen gebetsmühlenartig nahegelegt wird, sie müssen in neue Kommunikationswege investieren, in digitales Reporting und in «Big Data», um Kundenbedürfnisse besser zu erraten?

Angebote einer davoneilenden Nachfrage anpassen

Denn es ist so: Ihren digitalen Rückstand werden Banken nicht aufholen können, wenn sie nur damit beschäftigt sind, ihre Angebote einer davoneilenden Nachfrage anzupassen. Jedes erfolgreiche digitale Geschäftsmodell – sei es Google, Amazon oder Uber – funktioniert umgekehrt: Die Innovation kreiert die Nachfrage.

Manche Banken haben dies realisiert. So hat John Shannon Hogue, Fintech-Chef der US-Bank Citigroup, die Kultur in seinem Innovation Lab gegenüber finews.asia beschrieben, die Bank sei es, welche den Nutzen von «digital» dem Kunden bringe, nicht andersherum.

Das Gerede vom Uber-Moment

Ferratum, die finnische und erfolgreiche Mobile-Bank, hat bereits 2005 übers Handy Kredite vertrieben, bevor es überhaupt Smartphones gab. Sie war quasi mit einer technologischen Idee schon auf dem Markt, bevor die Lösung existierte.

Wenn in Bankkreisen vom sogenannten Uber-Moment gesprochen wird, ist dies gemeint: Eine Innovation, die erst Nachfrage auslöst oder bestehende Nachfrage so viel besser abholt, dass traditionelle Geschäftsbeziehungen aufgebrochen werden.

Vermeintliche Gefahr Fintech-Welle

Angesichts der vielfach und mit grosser Dringlichkeit geäusserten Empfehlungen an Banken, digitaler zu werden, um gegen die heranrollende Fintech-Welle gewappnet zu sein, stellt sich auch die Frage: Wie gefährlich ist diese Fintech-Welle für Banken tatsächlich? Und wie disruptiv wird sie sein?

Die Antwort ist: Bislang hat sich diese Gefahr nicht manifestiert. Von keiner Bank ist bekannt, dass sie wegen digitaler Unterlassenschaften ins Wanken geraten ist. Dass dies in Zukunft passieren kann, sei dahingestellt.

Kein Kratzen an der Oberfläche

Es kann lohnend sein, dazu Matthias Kröner zu konsultieren, der 2003 die Online-Bank Fidor gegründet hat. Fintech, sagt er unter anderem, sei weder relevant noch disruptiv. Relevant sei hingegen tatsächlich eine digitale Positionierung einer Bank, um noch eine Zukunft zu haben.

Der Weg dahin führt laut Kröner aber auch nicht in dem Bestreben, dem Kunden nur das zu geben, was er verlangt. Dies sei ein blosses Kratzen an der Oberfläche (im Video).

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.66%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.5%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.25%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.15%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.44%
pixel