Nach Rainer E. Gut, Marcel Ospel und Josef Ackermann hat auch Walter Kielholz seine Autobiographie publiziert. Was taugt ein solches Werk?

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Gemäss Einschätzung auf der Buchklappe ist Walter Kielholz «die wohl bedeutendste Persönlichkeit der Schweizer Finanzindustrie». Tatsächlich ist er Präsident der Swiss Re und Verwaltungsrat der Credit Suisse. Und es war auch schon umgekehrt, was die Rolle dieses Mannes innerhalb der hiesigen Branche durchaus unterstreicht. So besehen liesse sich auch sagen, Walter Kielholz ist einer der mächtigsten Persönlichkeiten in diesem Umfeld.

Der Journalist René Lüchinger, der mit Biographien etwa über Rainer E. Gut, Stephan Schmidheiny oder Klaus Jacobs, bereits eine lange und ausgewiesene Erfahrung auf diesem Gebiet besitzt, hat nun den Aufstieg des Zürcher Handwerkersohnes an die Spitze des Zürcher Wirtschaftsestablishments nachgezeichnet. Zudem widmet er einen beträchtlichen Teil des Buches auch den politischen und kulturellen Engagements von Walter Kielholz.

Marginale Selbstkritik

Walter_Kielholz_Cover_55Vor diesem Hintergrund entsteht sicherlich ein stimmiges Bild über einen der wichtigsten Manager in der hiesigen Finanzbranche – zumindest so, wie es Walter Kielholz gerne selber sieht. Und hier liegt wohl das Problem all dieser «autorisierten», Biographien. Sie vermitteln zwar einen tiefen Einblick in das Wirken einzelner Manager, können indessen nicht den Eindruck verhindern, dass hier einer Person sozusagen ein Denkmal gesetzt wird – denn wie immer in solchen Werken kommt die Selbstkritik bestenfalls marginal vor.

Zweifelsohne ist Kielholz einer der wichtigsten Schweizer «Finanz-Manager» der letzten zwanzig Jahre, was allerdings noch nichts über seine Leistungen aussagt. Da gehen die Meinungen in der Öffentlichkeit weit auseinander. Kielholz stand in seinen diversen Führungs- und Aufsichtsfunktionen stets auch in der Verantwortung, als ebendiese Firmen ihre grössten Krisen durchmachten. Krisen, in diese sie wohl nicht ganz zufällig, sondern letztlich aus strategischen Gründen geschlittert sind.

Enttäuschte Aktionäre

Erinnert sei hier nur an die wechselvolle Geschichte der Credit Suisse in den letzten paar Jahren – eine Zeit, in der es zu den bekannten Lohnexzessen mancher Banker kam, die Fusion der CS-Privatbankentöchter zur Clariden Leu kläglich scheiterte, die Credit Suisse durch den aggressiven Verkauf von Finanzprodukten der US-Investmentbank Lehman Brothers enorme Probleme bekundete und last but not least der Aktienkurs nicht das einhielt, was sich die Eigentümer vorgestellt hatten.

Während die Credit Suisse bekanntlich die Finanzkrise selber bemerkenswert souverän meisterte, geriet die Swiss Re umso mehr in diese globalen Verwerfungen. Auch hier stellt sich die Frage, inwieweit Walter Kielholz den offensiven Kurs des Schweizer Rückversicherers, der zeitweilig fast zu einer Investmentbank mutierte, propagiert oder eben unterstützt hat. Ebenso in diesemFall gerieten die Aktionäre zeitweilig arg unter die Räder.

Alles Zufall?

Es kann wohl kaum erstaunen, dass Walter Kielholz in dem vorliegenden Buch eher als Retter und Problemlöser in schwierigen Situationen erscheint und nicht als Verursacher. Der erfahrene und versierte Publizist René Lüchinger hat hier hervorragende Arbeit geleistet, um das Wirken von Walter Kielholz in bestem Licht darzustellen. Allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass dieser Manager in der hiesigen Branche höchst umstritten ist. Aber das kann nicht Teil eines solchen Werkes sein.

Wie auch im Gespräch mit Walter Kielholz immer wieder zum Ausdruck kommt, scheint der Manager – zumindest aus seiner Sicht – oftmals zufällig oder gar ungewollt in diverse Führungsrollen geraten zu sein – weil niemand anders diesen Job übernehmen wollte, wie Kielholz gerne behauptet.

Auch ein Machtmensch

Angesichts der steilen und vielschichtigen Karriere dieses Mannes fällt es Aussenstehenden jedoch eher etwas schwer, dieser These vollumfänglich zu glauben. Vielmehr ist Kielholz auch ein Machtmensch, der es sogar sehr gut verstanden hat, seine Position stetig auszubauen und zu festigen, was bis heute zum Ausdruck kommt – nicht zuletzt in den vielen Ämtern, die er weltweit bekleidet.

Im Gegensatz zu vielen anderen Top-Managern der heutigen Zeit hat sich der gebürtige Zürcher immer auch noch für Politik und Kunst interessiert, was in dieser Autobiographie ebenfalls zum Ausdruck kommt und Kielholz durchaus zugute gehalten werden kann. Allerdings haben diese Passagen im Buch eher etwas Feuilletonistisches, was letztlich weiter dazu beiträgt, das Denkmal für Walter Kielholz zu meisseln.

Ewiges Malaise

So fragt sich, wer dieses Buch lesen soll. Die Mitarbeiter von Swiss Re und Credit Suisse? Politiker oder Kunstliebhaber? Gerade bei Biographien von noch lebenden Persönlichkeiten macht sich immer auch ein gewisses Malaise bemerkbar, denn die Leistung dieser Leute ist noch lange nicht abgeschlossen.

Erinnert sei nur an Marcel Ospel, der in Büchern bereits als der grösste Schweizer Banker beschrieben wurde und nur kurze Zeit später das grösste Fiasko in der Schweizer Finanzgeschichte erleben musste.


«Walter Kielholz - Swiss Re und Credit Suisse Der Freisinn und die Kunst»
Verlag Stämpfli Verlag AG, Bern
Seiten 248
ISBN 978-3-7272-1141-6

 

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