Tausende Bankangestellte stehen vor einer ungewissen Zukunft. Viele Stellensuchende wenden sich an einen Personalberater. Coaching-Spezialist Peter Näf gibt Tipps.

Peter_Naf_1

Peter Näf ist selbständiger Karrierecoach im Unternehmen karrierecoaching, Zürich

Herr Näf, die Schweizer Bankbranche ist nicht erst seit den UBS-News in Bewegung. Die Redimensionierung des Bankenplatzes stellt Hunderte von Angestellten vor die Frage, wie weiter? Was empfehlen Sie als Outplacement-Spezialist den Stellensuchenden?

Sie sollen eine gründliche Standortbestimmung durchführen, um trotz des Drucks, möglichst schnell eine neue Stelle zu finden. Die Bewusstheit der eigenen Fähigkeiten und Stärken wirkt sich positiv auf das Selbstwertgefühl aus. Zudem ermöglicht eine genaue Kenntnis des eigenen Profils, sich auf Stellen zu bewerben, für die man optimal geeignet ist und damit die grössten Chancen hat.

Den meisten Stellensuchenden muss ich raten, sich tendenziell auf weniger Stellen, aber auf diese gezielter und sorgfältiger zu bewerben. Auch sollte das Telefon tendenziell mehr für die Stellensuche eingesetzt werden.


«Lohnerwartungen der neuen Realität anpassen»


Wo sehen Sie die grössten Schwierigkeiten von stellensuchenden Bankangestellten? Ist es das Alter, die fehlende Ausbildung, die mangelnde Erfahrung, zu hohe Lohnvorstellungen? Was raten Sie, um solche «Handicaps» zu entschärfen?

Diese Frage kann nicht generell für alle Berufsgruppen innerhalb des Banking beantwortet werden. Alle genannten Punkte können Gründe für Schwierigkeiten bei der Stellensuche sein. Viele davon lassen sich auch nicht kurzfristig beheben, zum Beispiel wenig Berufserfahrung oder fehlende Ausbildung. Was das Salär anbetrifft, kann die Situation insofern entschärft werden, wenn Mitarbeitende ihre Erwartungen rasch der neuen Realität anpassen.

Also bescheidener werden in den Ansprüchen?

Gehälter, wie sie zu Zeiten eines ausgetrockneten Arbeitsmarktes bezahlt wurden, sind heute nicht mehr realistisch.  Auf der anderen Seite dürfte die Schwierigkeit im Markt zur Zeit ganz einfach darin bestehen, dass vorhandene Überkapazitäten gewisser Berufsgruppen abgebaut werden, zum Beispiel Supportfunktionen in der Informatik, wie das bei der UBS der Fall ist. Angehörige dieser nicht-bankspezifischen Berufsgruppen sollten unbedingt die Möglichkeit ins Auge fassen, notfalls in eine andere Branche zu wechseln.


«Profil auf Xing und LinkedIn aufschalten»


Wie sollen stellensuchende Bankangestellte am besten vorgehen auf ihrer Stellensuche? Gibt es quasi ein Rezept, das «erfolgsversprechender» ist als andere?

In einem schwierigen Arbeitsmarkt ist es wichtig, bei Bewerbungen mehrgleisig zu fahren. Neben Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen empfehle ich, Direktbewerbungen zu machen und das persönliche Netzwerk für die Stellensuche zu aktivieren. Unternehmen rekrutieren vermehrt auf direktem Weg, also ohne die Stellen offiziell auszuschreiben; dies erspart ihnen das administrative Handling von grossen Mengen an Bewerbungen und ist sehr kostengünstig.

Empfehlen Sie, auch die Möglichkeiten von SocialMedia einzusetzen?

Selbstverständlich, auch soziale Medien gehören heute in eine professionelle Bewerbungskampagne. Ich empfehle die Aufschaltung eines aussagekräftigen Profils auf Xing und allenfalls LinkedIn. Damit werden Bewerbende für Headhunter und Unternehmen, die selber über soziale Netzwerke Mitarbeitende suchen, ansprechbar.


«Weiterbildung wird oft überschätzt»


Wie stark verbessert Weiterbildung die Chance, eine neue Stelle zu finden?

Laufende Weiterbildung ist ein entscheidender Faktor für den Erhalt der Arbeitsmarktfähigkeit. Dies ist allerdings eine langfristige Investition. Bei Stellenlosigkeit noch schnell eine Weiterbildung zu machen, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt kurzfristig zu verbessern, ist meistens nicht erfolgsversprechend, da anspruchsvolle Weiterbildungen in der Regel mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Zudem wird die Weiterbildung im Vergleich zur Berufserfahrung oft überschätzt. Eine ausgewiesene Fach- oder Führungskraft wird in erster Linie wegen ihrer Erfahrung rekrutiert und die Ausbildung dient lediglich als Hygienefaktor.

Wie sollen sich Bankmitarbeiter verhalten, die zur Auskunft erhalten, sie seien für die ausgeschriebene Stelle «überqualifiziert»?

Dies ist ein häufiges Argument bei Absagen. Als erstes gilt es anzuerkennen, dass Überqualifizierung möglich ist und von Unternehmen sehr kritisch betrachtet wird. Ich stelle bei meinen Kunden immer wieder fest, dass sie die Möglichkeit einer Überqualifizierung gar nicht in Betracht ziehen.

Unternehmen sind sehr vorsichtig, da eine überqualifizierte Person allenfalls unter dem Druck der Stellenlosigkeit eine tiefer qualifizierte Stelle annimmt, aber sofort wieder wechseln dürfte, wenn ihr eine adäquate Stelle angeboten wird. Solche vermeidbaren Fluktuationen kommen Unternehmen teuer zu stehen.


«Auch Überqualifizierung birgt Gefahren»


Zudem besteht bei Überqualifizierung die Gefahr eines so genannten Bore-out, also psychischen Problemen durch Unterforderung. Wer sich also für eine tiefer qualifizierte Stelle bewerben will, muss glaubwürdig argumentieren können, warum er diesen «Karriere-Rückschritt» in Kauf nimmt.

Sehen Sie in der in Gang gekommenen Strukturbereinigung auch eine Neubesinnung in Bezug auf Löhne und Boni?

Auch bei den Löhnen können keine allgemein gültigen Aussagen gemacht werden. Key-Player unter den Mitarbeitenden, zum Beispiel gute Relationship Manager oder Sales-Leute, werden auch künftig und in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten sehr gut bezahlt werden, damit sie nicht mit den Kunden zur Konkurrenz abwandern. Bei vielen Mitarbeitenden dürfte eine gewisse Anpassung an die Realität bei den Löhnen stattfinden. Die Fixsaläre bei Neueinstellungen werden im Vergleich zu einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt etwas tiefer liegen.


«Grössere Veränderungen erwarte ich nur bei den Boni


Der Druck auf die Löhne wird somit massvoll sein?

Ich erwarte keine allzu grossen Veränderungen. Unternehmen achten darauf — im Sinne einer internen Lohngerechtigkeit — die Lohndifferenzen innerhalb der gleichen Funktion, also im Vergleich zu bestehenden Mitarbeitenden, in engen Grenzen zu halten.

Grössere Veränderungen erwarte ich allerdings bei den Boni, die für die meisten Mitarbeitenden tiefer ausfallen werden; dies im Ausmass, wie die  Erträge der Unternehmen zurückgehen.

Sie haben sich auf Coaching spezialisiert. Was können Sie einem Kunden bieten?

Mein Angebot im Bereich Karrierecoaching respektive Outplacement umfasst die Themen Standortbestimmung, Bewerbungscoaching und Job-Interview-Training. Ich beschäftige mich mit dem ganzen Spektrum an Fragen, was ein Kunde beruflich machen möchte, und wie er konkret eine Stelle in diesem Bereich finden kann.


«Eine Erfolgsbeteiligung ist für mich kein Thema»


Während ich früher als Headhunter für meine Kunden Stellen gesucht habe, coache ich sie heute darin, ihr eigener Headhunter zu sein. Der Grund dafür liegt darin, dass es auf dem Markt kein Angebot für die aktive Stellensuche der Fach- und Führungskräfte mit Direktansprache möglicher Arbeitgeber gibt. Die meisten Headhunter arbeiten ausschliesslich im Auftrag von Unternehmen.

Was kostet es, Ihre Dienste in Anspruch zu nehmen? Sind Sie «erfolgsbeteiligt»?

Für meine Coaching-Dienstleistung verrechne ich ein reines Beratungshonorar. Eine Erfolgsbeteiligung ist für mich kein Thema, da ich zur Vermeidung von Interessenkonflikten keine Stellenvermittlung anbiete. Diese Unabhängigkeit ist in meinem Beratungsbereich sehr wichtig. Kunden sollten bei der Zusammenarbeit mit Karrierecoachs unbedingt darauf achten, dass diese unabhängig sind und keine Stellenvermittlung anbieten.


Peter_Naf_qPeter Näf ist seit 2008 als selbständiger Karrierecoach im eigenen Unternehmen tätig. Er blickt zurück auf 11 Jahre Personalberater und Partner bei der a&u Kaderberatung. Der Ökonom besitzt das Diplon «Supervision & Coaching» vom Institut für angewandte Sozialwissenschaften in Bad Ragaz. Er wird sowohl vom Berufsverband für Coaching, Supervision und Organisationsberatung als «Coach bso» wie auch von der Schweizerischen Gesellschaft für Beratung als «Berater SGfB» anerkannt.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.19%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.78%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.93%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.45%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
pixel