Wir bringen Ihnen hier ein (etwas älteres) Gespräch mit Ray Dalio – aus drei Gründen.

Erstens zeigte sich letzte Woche wieder, dass der amerikanische Hedge-Fund-Manager wohl der Beste seines Fachs ist (mehr dazu hier).

Zweitens passen die Prognosen, die er im Gespräch mit «Foreign Affairs» abgab, perfekt zu den jüngsten Entwicklungen an den Börsen.

Und drittens wirken seine Warnungen zur Lage in Europa gerade jetzt als notwendige Erinnerung.

Die weltwirtschaftliche Lage in 11 Minuten: Letzten September nahm Ray Dalio gegenüber dem renommierten Diplomatie-Magazin «Foreign Affairs» Stellung zur ökonomischen Grosswetterlage.

Dabei äusserte sich der Gründer und Chef von Bridgewater äusserst skeptisch zur Lage in Europa: Der Kontinent stehe weiterhin vor einer «lost decade», denn bei offenen Rechnungen von über einer Billion Euro müsse der Schuldenabbau hier noch lange durchgezogen werden. Das war noch kein überraschender Standpunkt im September, aber angesichts der immer häufigeren Stimmen, die bereits das Licht am Ende des Tunnels sichten, kann es doch heute noch eine warnende Stimme sein.

Grundsätzlich, so Dalio weiter, steckten unsere Generationen in einer heiklen Lage. Wir haben es mit einer einheitlichen Weltwirtschaft zu tun – zugleich aber wachsen die einzelnen Wirtschaftsräume rund um den Globus immer langsamer. Und dies bei Zinsen, die bereits jetzt um den Nullpunkt herumgeistern.

Die grosse Frage lautet also: Wie kann man das drehen?

Inzwischen sei klar, dass die gewohnten wirtschaftspolitischen Mittel – etwa offene Geldschleusen und tiefe Zinsen – nicht recht greifen. Man benötige also einen subtilen Mix von fiskalischen und monetären Massnahmen, um die Situation zu drehen. 

Nur: Offenbar fehlt der Menschheit die historische Erfahrung, um mit diesem Zustand einer überschuldeten, weltweit verbundenen und gleichzeitig abbremsenden Wirtschaft umzugehen. Es bestehe also die Gefahr, dass hier durch unbedarfte Handgriffe eine selbstverstärkende Abwärtsspirale ausgelöst wird.

Alle Anlageklassen dümpeln vor sich hin

Eher positiv zeigt sich Dalio dabei gegenüber den Aktienmärkten: Die Börsen, so der Midas unserer Zeit, würden in den nächsten Jahren besser performen als die Obligationenmärkte. Aber auch das auf bescheidenerem Niveau.

Denn ganz grundsätzlich sei das Zeitalter der grossen Renditen vorbei. Und zwar ganz gleich, in welchen Anlageklassen – ob bei Bonds oder Aktien. Denn man habe es mit einem strukturellen Problem zu tun: Bei Zinsen, die konsequent und allenorts um Null tendieren, bleibe wenig übrig, um darüber hinaus etwas zu verdienen.

Dieser Zustand der mageren Erträge werde uns noch relativ lange beschäftigen.


«Guruwatch» von finews.ch:
Das denken die wichtigsten Propheten der Weltwirtschaft