Der Blick auf die Mitarbeiterzahlen der grössten Banken bestätigt es: Der Rückschlag der letzten Jahre war weniger stark als befürchtet.

Die Stellensituation auf dem Finanzplatz Schweiz erweist sich tatsächlich als enorm solide. Was die jüngsten Daten des Staatssekretariats für International Finanzfragen soeben andeuteten, lässt sich auch aus den Geschäftsberichten der grossen Banken ablesen: Nichts da von Verkleinerungswelle. Natürlich, Credit Suisse und UBS zogen seit 2007 grosse Abbau-Prozesse durch. Doch zusammengefasst kürzten sie in diesen fünf Jahren rund 7'000 Stellen – weit weniger, als zu Beginn befürchtet wurde.

Auf der anderen Seite stockten andere grösseren Häuser eher auf – wozu natürlich beitrug, dass sie auch andere Institute übernahmen. Allen voran Julius Bär, die beispielsweise ING Schweiz schluckte.

Personalentwicklung der grossen Banken in der Schweiz

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Dennoch: Dem Konzentrationsprozess stand auf der anderen Seite ein organisches Wachstum bei Kantonal-, Regional- und Raiffeisenbanken gegenüber.

Wie schon gemeldet, zeigte soeben ein Kennzahlen-Bericht des Staatssekretariats für Internationale Finanzfragen, dass die Bedeutung des Finanzsektors in der Schweiz heute genau gleich gross ist wie vor zehn Jahren – und dass die Branche sogar mehr Personen beschäftigt denn je.

Klar wurde dabei allerdings auch, dass ein erheblicher Konzentrationsprozess stattgefunden hat: Es gibt weniger Banken, weniger Versicherer, weniger Pensionskassen in der Schweiz als noch 2002. Und das Wachstum bei den Arbeitsstellen ist stark getragen von branchen-nahen Unternehmen – also beispielsweise vom Parabanking, von Hedge Funds, von unabhängigen Beratern.

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Doch der entscheidende Punkt lautet: Fünf Jahre nach Lehman, Subprime und dem Fall UBS wird klar, dass viele Niedergangs-Propheten falsch lagen. Gerade weil die Schweiz doppelt getroffen schien – sowohl durch die Finanzkrise als auch durch den schärferen Kampf gegen die Steuerhinterziehung –, wurde hier ein besonders drastischer Abstieg prognostiziert. Erinnern Sie sich noch, wer alles einen Verlust von 20'000 bis 30'000 Arbeitsplätzen vorhersagte?

Aber das ist noch nicht alles. Ins freundlichere Bild passt der gestern veröffentlichte Global Financial Centres Index, das meistbeachtete Ranking der Finanzplätze dieser Welt: Da landete Zürich auf dem respektablen fünften Platz, hinter den Giganten London, New York, Hong Kong und Singapur; Genf konnte sogar vom neunten auf den siebten Platz vorrücken.

Merke: Finanzplätze sind unerschütterlich

Was ist geschehen? Vielleicht gar nicht so viel. Vielleicht waren die Erwartungen einfach zu pessimistisch: Angesichts der Alarmmeldungen in den Medien entsteht Unsicherheit, viele Beteiligte malen schwarz – und dabei übersehen sie die fundamentale Entwicklung.

Eine fundamentale Regel besagt offenbar: Finanzplätze sind ziemlich unerschütterlich. Daran erinnerte jetzt eine prominente Figur: Richard Florida, Ökonom an der Columbia University in New York, Berater diverser Regierungen und einer der bekanntesten Analytiker in Sachen Stadt-Entwicklung (→ Wikipedia).

In «The Atlantic» griff er den neuen Global Financial Centres Index ebenfalls auf. Dabei sichtete er interessantes Phänomen: London, die Nummer eins, war bereits vor 200 Jahren das wichtigste Finanzzentrum der Welt – und New York ist seit 100 Jahren eine Weltmacht im Banking. Überhaupt zeige sich, so Florida, dass die «Kraftzentren des Kapitalismus» sich fast «geologisch langsam» bewegen.

Interessanterweise verlagern sich die Industriezentren viel dramatischer. Und selbst wenn sich die geopolitischen Kräfte verschieben, folgen die Finanzzentren nur sehr verspätet hinterher. So ersetzten die USA zwar schon vor dem Jahr 1900 Grossbritannien als grösste Volkswirtschaft der Welt – aber bis New York zu London aufschliessen konnte, dauerte es noch ein halbes Jahrhundert. Und der Aufstieg von Asien, so Richard Florida, habe zwar Tokio, Hong Kong und Singapur zu wichtigen Finanzzentren gemacht – aber die sind noch lange nicht auf vergleichbarem Format wie London und New York.

Die Schwarzmaler lagen falsch

Was das mit Zürich und Genf zu tun hat? Sie scheinen die These zu bestätigen. Die Schweizer Städte halten ihre Position seit Jahrzehnten (Genf ist seit dem 18. Jahrhundert eines der wichtigsten Finanzzentren Europas). Auch die Position von Zürich auf all diesen Finanzplatz-Rankings ist jahrein, jahraus recht stabil.

Das lässt hoffen: Seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 wird hier ein Bedeutungs- und Arbeitsplatz-Verlust in grösserem Stil prognostiziert – bis heute ist er nicht eingetreten. Glaubt man Richard Floridas These, so kann man auch noch lange darauf warten.

Der Wirtschaftshistoriker Youssef Cassis bietet übrigens eine Erklärung, weshalb starke Finanzzentren so eine lange Lebensdauer haben: Ein entscheidender Faktor sei der regelmässige Zufluss von neuen Talenten, welche die Energie und die Innovationskraft einer Region auffrischen. Und die meisten Finanzzentren in Asien oder Nahost seien eben noch nicht so attraktiv für internationale Profis wie New York oder London, so Richard Florida. 

Wie steht es da mit Zürich und Genf? Vielleicht wäre das ein wichtigeres Thema als die Debatte um die Regulierung.

• Richard Florida, «The Stability of the World's Leading Financial Capitals», in: «The Atlantic»

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