Für Steuerflüchtlinge wird es immer enger. Der deutsche Steuerexperte Hans-Lothar Merten beurteilt die jüngsten Vorkehrungen der verschiedenen Behörden.

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Herr Merten, viele Länder haben ihren Kampf gegen die Steuerhinterziehung massiv verschärft und machen Druck auf die Schweiz. Sind diese Massnahmen auch wirksam?

Absolut. Einst hofiert, stehen die Steuersünder bei den Schweizer Banken heute im Regen. Man will sie nicht mehr. Als Folge davon haben bereits mehr als 50'000 Deutsche bei den Finanzbehörden eine Selbstanzeige erstattet.

Das Scheitern der Abgeltungssteuer verstärkt diesen Trend noch zusätzlich. Denn die Entdeckungsgefahr ist auf Grund der vielen gestohlenen Daten-CDs, die mittlerweile im Umlauf sind, enorm.

Wie wird man sein Schwarzgeld am schnellsten los?

Illegale Geldtransfers ins Ausland werden immer heikler und Bargeldtransporte auf Grund der zunehmenden Grenzkontrollen auch. Luxusgüter wie Uhren und Schmuck profitieren davon, weil deren Erwerb in der Regel bar abgewickelt wird. Gleiches gilt für Kunst.

Wie sieht's mit Luxusreisen aus?

Schwierig. Stossen die Betriebsprüfer bei deutschen Reisebüros auf solche Buchungen, werden die Heimatfinanzämter der Kunden informiert und die Verhältnismässigkeit mit den Steuerdaten überprüft.


«Das erledigte der Kundenberater an der Bahnhofstrasse»


Wer dann nicht entsprechende Einkommen deklariert hat, muss bei einer Weltreise für 50'000 Euro mit Nachfragen vom Fiskus rechnen. Luxusreisen sollten nur übers Ausland gebucht werden.

Trotzdem wählen nicht alle Kunden den Weg in die Steuerehrlichkeit. Was gibt es noch für Alternativen?

Merten: Als die Schweizer Banken das Versteckspiel mit unversteuerten Geldern noch mitspielten, war Singapur ein Ziel. Man brauchte zur Kontoeröffnung nicht einmal selbst hin. Das erledigte der Bankberater an der Bahnhofstrasse mit einigen Klicks an seinem PC. Im Zuge der Weissgeldstrategie haben die Banken dieses Schlupfloch nun aber gestopft.


«Die Einstiegsbeträge liegen im Millionenbereich»


Zypern ist angesichts der jüngsten Ereignisse inzwischen auch «out». Die Zukunft der Banken dort ist ungewiss. Was bleibt, sind Dubai, Hongkong, Panama und die Länder in der Karibik, wobei es in der Natur der Sache liegt, dass die Einstiegsbeträge an diesen Destinationen im Millionenbereich liegen.

Manche Deutsche verlagern ihr Geld nach Miami, zumal sie dort gern Ferien machen oder Immobilien besitzen. Wie interessant ist dieser Finanzplatz?

Merten: Miami ist und bleibt als Drehscheibe für nicht-deklarierte Gelder attraktiv. Den Steuersündern dort kommt zugute, dass die amerikanischen Banken bis heute nicht nach der Herkunft der Gelder fragen.


«Es herrscht eine unglaubliche Doppelmoral»


Ehe die USA also weiteren Druck auf die Schweiz machen, sollten sie erst einmal die Praktiken ihrer Steueroasen Miami, Delaware und dergleichen hinterfragen. Doch da herrscht eine unglaubliche Doppelmoral.

Den Steuerflüchtlingen kann das nur recht sein. Welche juristischen Konstrukte sind am beliebtesten?

Merten: Viele Aktivitäten in Miami werden über Treuhänder und Offshore-Gesellschaften in der Karibik gesteuert, während das Geld selber im «sicheren» Miami liegt. Allerdings werden diese Konstrukte immer komplexer und darum auch teurer.


«Neue Vehikel kosten bis zu 100'000 Dollar»


Einschlägige Berater empfehlen heute Offshore-Vehikel in der Karibik, Panama, in Fernost sowie in der Südsee. Auf den britischen Jungferninseln beispielsweise dauert die Gründung drei Tage, in Hongkong gar nur wenige Minuten, dafür kostet sie bis zu 100'000 Dollar.

Wie gut sind solche Vehikel?

Merten: Je weiter das Geld vom Besitzer entfernt geparkt ist, desto schwieriger wird es, damit vernünftig zu handeln. Der direkte Kontakt zum Bankberater vor Ort fehlt in der Regel.


«Das war das grosse Plus der Schweizer Banken»


Das war ja genau das grosse Plus der Schweizer Banken für Steuersünder aus Europa: Kurze Wege, gleiche Sprache. Wurde es brenzlig, konnte man schnell nach dem Rechten sehen. Für Deutsche, die in Florida eine Immobilie besitzen oder sich öfters dort aufhalten, ist Miami sicherlich sehr geeignet.

Wie bringt man heute sein Schwarzgeld ins Ausland?

Merten: Mit Bargeld braucht man den Bankern heute nicht mehr zu kommen. Alle haben einen Riesenhorror vor Geldwäscherei. Was bleibt, ist eine Banküberweisung.


«Geldtransfers sind heute extrem risikobehaftet»


Der Nachteil: Die elektronischen Spuren bleiben zehn Jahre lang archiviert – im Verdachtsfall auch für ausländische Finanzbehörden nachvollziehbar. Ein Geldtransfer ist heute also extrem risikobehaftet.

Was raten Sie den Steuersündern?

Merten: Wer heute über grössere Schwarzgeldbeträge verfügt, sollte sich ernsthaft überlegen, seinen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen. Bringt man dann grössere Geldbeträge im Banktransfer mit, fragt die Bank im Zuzugsland meist nicht nach der Herkunft.


«Perspektiven für die Erben»


Das eröffnet vor allem für die Erben eine Perspektive. Die studieren heute gern im Ausland und haben dort auch ihren Freundeskreis. Schnell kann man da mit einem Wohnsitz-Wechsel Verjährungsfristen und Steuerforderungen in der alten Heimat vergessen machen.


Der frühere Bankkaufmann und Unternehmensberater für Krisenmanagement, Hans-Lothar Merten, ist in den letzten zwanzig Jahren zu einem international führenden Steuerexperten avanciert. Der 71-jährige Merten arbeitet heute als freier Publizist und lebt in München.

Sein jährlich publiziertes Nachschlagewerk «Steueroasen»erscheint bereits im 18. Jahrgang und gilt auf diesem Gebiet als das Referenzwerk im deutschsprachigen Raum. Der Erwerb des Buches im Walhalla Fachverlag umfasst auch einen kostenlosen Download des E-Books.

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