Die meisten Goldkäufer haben keinen Einfluss auf die Preisentwicklung des gelben Edelmetalls. Es sind ganz besondere Investoren, die das Zünglein an der Waage spielen.

Der viktorianische Bankier Nathan Mayer Rotschild (1777-1836) sagte einmal: «Ich kenne nur zwei Menschen, die den Wert von Gold richtig verstehen, und das ist ein obskurer Angestellter im Tresor der Banque de France und einer der Direktoren der Bank of England. Aber leider sind beide unterschiedlicher Meinung.»

Ziemlich daneben

Heutzutage ignorieren die Analysten Rothschilds Scherz und verdienen sich ihren Lebensunterhalt damit, dass sie die Richtung vorhersagen, die ihrer Meinung nach Gold einschlagen wird.

Allerdings lagen sie in diesem Jahr mit ihren Prognosen ziemlich daneben, indem sie nach dem Preisrückgang von 2013 weitere Crashs vorhersagten. Tatsächlich stellte Gold in den vergangenen Monaten sämtliche anderen Vermögensklassen in den Schatten.

Die im Edelmetallhandel tätige Londoner Firma BullionVault hat die sieben Faktoren eruiert, die allgemein als ausschlaggebend für den Goldpreis betrachtet werden. Daraus lässt sich dann auch folgern, welche Investoren es für eine neuerliche Goldpreis-Hausse braucht.

1. Inflation
Die Goldpreise stiegen um das 18-fache in den Siebzigern, als die Inflation ihren höchsten Stand in Friedenszeiten erreichte. Doch obwohl die Inflation in den folgenden 20 Jahren zurückging, wirkte sie sich weiterhin auf die Kaufkraft des Geldes aus, so dass im Jahr 2000 der reale Wert des Dollars nur noch die Hälfte betrug.

Aber gleichzeitig ist der Goldpreis ebenfalls um mehr als die Hälfte zurückgegangen und verlor zuweilen real rund 80 Prozent seines Wertes. Seitdem verzeichnete die USA offiziell die langsamste Teuerungsrate der vergangenen 50 Jahre, doch Gold stieg um rund 350 Prozent.

2. Zinsen
Da Gold keine Zinsen abwirft, verliert jeder Käufer das Geld, das er für sein Bargeld in Form von Zinsen erhalten hätte. Diese entgangenen Erlöse werden auch als Opportunitätskosten bezeichnet. Bei Gold sind diese Verluste umso grösser, je höher die Zinsen stehen.

Doch obwohl hohe Zinsen den Goldbesitz weniger attraktiv erscheinen lassen, so gibt es dennoch keine konstante Beziehung zwischen den Zinsen und den Goldpreisen. Tatsache ist, dass sich die Zinsen und die Goldpreise seit 1969 sogar nur zur Hälfte der Zeit in unterschiedliche Richtungen bewegten. In der übrigen Zeit stiegen oder fielen sie zusammen.

3. Aktienmärkte
Ebenso wie bei den Zinsen weicht auch die Richtung der Aktienmärkte nur in weniger als 50 Prozent der Zeit von Gold ab. Wenn man die 12-Monats-Zeiträume seit 1969 betrachtet, so sind es genau 48 Prozent. Es ist sogar so, dass wenn man sich auf die 12-monatigen Zusammenhänge zwischen Gold und dem S&P 500 Index konzentriert, sich in den vergangenen 45 Jahren keinerlei Korrelation erkennen lässt.

In Wahrheit korreliert Gold fast überhaupt nicht mit den Aktienmärkten, so dass es Eigenkapitalgebern die Möglichkeit bietet, ihr investiertes Kapital bestmöglich zu diversifizieren. Daraus ergibt sich der Wert von Gold als Bestandteil eines ausgewogenen Portfolios, mit dem sich vermeiden lässt, dass die gesamten investierten Vermögenswerte gemeinsam steigen oder fallen.

4. Geopolitik
Gold erreichte in 1980 sein damaliges Rekordhoch, als die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte, was zeitlich ausserdem mit der Geiselnahme von Teheran zusammenfiel, bei der im Laufe der Islamischen Revolution zahlreiche US-Diplomaten von iranischen Studenten als Geiseln festgehalten wurden.

Der Anstieg auf das Allzeithoch von 1'920 Dollar je Feinunze im Jahr 2011 erfolgte zu der Zeit, als einige der im Rahmen des Arabischen Frühlings stattfindenden Revolutionen in der arabischen Welt zu Bürgerkriegen ausarteten, Griechenland aufgrund eines Generalstreiks gegen die von der EU auferlegten Sparmassnahmen zum Stillstand kam und England schlimme soziale Ausschreitungen erlebte.

Doch auch wenn Spekulanten, die mit Gold-Derivaten wie Futures oder Optionen handeln, oftmals den Preis beeinflussen, indem sie bei solchen aktuellen Nachrichten oftmals ihre Wetten auf einen steigenden Goldpreis erhöhen, sind solche Kursbewegungen meist nur von kurzer Dauer.

5. Dollar
Wie bei den meisten natürlichen Ressourcen wird auch der Preis für Gold in der Regel in Dollar angegeben. Aber die These, dass ein schwacher Dollar unweigerlich auch den Goldpreis steigen lassen muss – und umgekehrt - trifft lediglich in 60 Prozent der Fälle zu. Über einen längeren Zeitpunkt betrachtet kann dies sogar über grössere Kursbewegungen bei nicht-amerikanischen Investoren hinwegtäuschen.

Betrachtet man beispielsweise die Goldpreise in Pfund, so ist der Anstieg seit 1968 um 40 Prozent grösser als wenn Gold in Dollar quotiert wird. Und in den vergangenen zehn Jahren ist Gold für britische Anleger um immerhin 273 Prozent gestiegen, wohingegen der Zugewinn für US-Investoren 255 Prozent betrug. Und der stärkste Anstieg dabei wurde zu einer Zeit verzeichnet, als der Dollar ebenfalls stieg.

6. Ölpreise
Auf Grund der weitverbreiteten Vorstellung, dass Gold mit geopolitischen Problemen korreliert, und diese oft in den Ländern mit den weltweit wichtigsten Erdölvorkommen stattfinden, werden diese beiden Rohstoffe oft miteinander assoziiert.

Es stimmt, dass sich Gold und Rohöl häufiger in dieselbe Richtung bewegen als dies bei Gold und den Aktienmärkten oder den Zinsen der Fall ist. Auf einer Jahresbasis seit 1986 entwickelten sie sich zu etwas mehr als 60 Prozent der Zeit parallel zueinander.

Dass sich Gold ab der Jahrtausendwende von seinem 30-Jahrestief erholte, fiel zeitlich auch mit dem langanhaltenden Aufschwung von Rohöl und weiteren natürlichen Ressourcen zusammen. Doch während viele Fondsmanager auf diesen Rohstoffboom aufsprangen, den zuvor nur der Goldmarkt erlebte, fand diese Steigerung beim Ausbruch der Finanzkrise ein jähes Ende. So verlor Rohöl in der zweiten Hälfte in 2008 rund 80 Prozent seines Wertes.

Im Gegensatz dazu fand Gold früher seinen Boden, bevor es seine Hausse fortsetzte. Über die vergangenen zehn Jahre bis Juli 2014 betrachtet, stieg Rohöl um 140 Prozent und Gold dagegen um 235 Prozent.

7. Asiatische Nachfrage
Im Jahr 2013 fielen die Goldpreise um rund 30 Prozent gegenüber allen wichtigen Währungen, dem chinesischen Yuan eingeschlossen. Chinesische Privatanleger waren in jenem Jahr die Gruppe der grössten Goldkäufer weltweit. Im ersten Semester 2014 schaffte es Gold, rund ein Drittel des zuvor verzeichneten Verlusts wieder wettzumachen, und das obwohl die chinesische Nachfrage um ein Fünftel gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs zurückging.

Kurz gesagt, die Nachfrage aus Asien richtet sich nach dem aktuellen Preis, hat aber kaum Einfluss darauf. Das bestätigt auch die Tatsache, dass der ehemals grösste Goldmarkt, Indien, Rekordmengen an Gold importierte, als der Crash im Frühjahr 2013 das Edelmetall auf ein 3-Jahrestief drückte.

Im Hochsommer kam es dann in Indien zu Einfuhrbeschränkungen für Gold. Die Preise befanden sich bereits in einer Talsohle und bewegten sich noch eine Zeit lang seitwärts, bevor sie wieder in die Höhe schossen – und dies trotz eines Rückgangs der indischen Goldimporte um 75 Prozent.

Auch dies lässt sich dadurch erklären, dass die Preise nicht so sehr von der Nachfrage bei Verbrauchern getrieben werden – zumindest nicht von denjenigen Verbrauchern, die Gold deswegen kaufen, weil es Gold ist (so absurd dies auch klingen mag). Denn diese neigen dazu, Ihre Bestände aufzustocken, wenn die Preise sinken und zu verkaufen, wenn Gold steigt.

Wer hat Einfluss auf den Goldpreis?

Diejenigen, die wirklich einen Einfluss auf die Preise haben, sind solche Investoren, die ihre anderen Vermögenswerte abbauen, um diese Mittel in Gold anzulegen. Diese kaufen Gold, weil sie momentan ihr Geld nicht in andere Anlageklassen stecken möchten. Somit fliesst also neues Kapital in den Goldmarkt, das ansonsten anderweitig investiert worden wäre.

Für einen neuerlichen Anstieg des Goldpreises braucht es genau jene professionellen Investoren, die auch die Bullenmärkte in den siebziger Jahren sowie Anfang des 21. Jahrhunderts ermöglicht haben.