Angesichts immer düsterer Szenarien für ausländische Banken auf dem Schweizer Finanzplatz taucht zwangsläufig die Frage auf: Was haben solche Institute hierzulande überhaupt noch zu bieten?

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Doch man könnte die Frage auch anders stellen: Was haben generell Banken in der veränderten Schweizer Private-Banking-Welt ihren Kunden noch zu bieten?

«Seit sich die Banken in der Schweiz die Strategie der steuerkonformen Kunden auferlegt haben, sind die Herausforderungen des damit abgeschwächten Schweizer Bankgeheimnisses sowohl für schweizerische als auch für ausländisch beherrschte Banken dieselben», sagt der Politiker Hans-Peter Portmann. Der Banker sitzt seit Mai 2014 für die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP) auch im Nationalrat.

Verhältnismässig klein

Dass Auslandsbanken naturgemäss auch einen grösseren Anteil an ausländischen Kunden haben, und somit die Vermögensabgänge auf Grund von Selbstdeklarationen prozentual mehr ins Gewicht fallen, versteht sich laut Portmann von selbst.

Offensichtlich leiden aber viele der auswärtigen Geldhäuser mehr als einheimische Anbieter unter dem schwieriger gewordenen Umfeld. Der Grund: Sie sind verhältnismässig klein. So erstaunt es auch nicht, dass einige der grössten Auslandsbanken auf dem helvetischen Finanzplatz wenig von einem Rückzug aus der Schweiz wissen wollen.

Verschobener Fokus

Da ist zum Beispiel die Deutsche Bank Schweiz. Sie zählt hierzulande zu den grössten Auslandsinstituten. «Die Deutsche Bank bekennt sich sehr zur Schweiz. Der hiesige Standort ist deren Hauptzentrum für die internationale Vermögensverwaltung für sehr vermögende Kunden», sagt Tanja Kocher, die Sprecherin der Deutschen Bank in der Schweiz.

Sie hat denn auch ihr Betriebssystem umfassend erneuert, was wenig auf einen Rückzug hindeutet. Wie viele ausländische Finanzinstitute hat aber auch die Deutsche Bank ihren Fokus verschoben. Im Zentrum stehen nicht mehr wohlhabende Anleger mit einigen hunderttausend Franken an Vermögen, sondern sehr wohlhabende Familien und Privatpersonen, etwa Unternehmer, mit internationaler Ausrichtung, die oft aus Schwellenländern stammen.

Mehr als 5 Millionen Franken

Zudem hat die Deutsche Bank kürzlich die Schweiz zum Kompetenzzentrum für das internationale Geschäft mit Family Offices gemacht. Und nicht zuletzt stärkt die Fusion zwischen der «Deutsche Asset Management Schweiz» und der «Deutsche Bank (Schweiz)» die Marke in der Schweiz.

Auch für Franco Morra, CEO der HSBC Private Bank (Suisse) und Regional Head Global Private Banking EMEA ist klar: «Die Schweiz wird noch lange das weltweit grösste internationale Private-Banking-Zentrum bleiben.» Dabei soll der Fokus der Bank künftig bei Kunden mit Vermögen von mehr als 5 Millionen Franken liegen, die – neben der Schweiz – vor allem aus den Schwellenländern stammen.

Stärke der Bilanz

«Als HSBC können wir hier die traditionellen Schweizer Stärken wie Kunden- und Serviceorientierung, ein umfassendes Produktangebot, politische Stabilität und Sicherheit mit unseren ‹hauseigenen› Stärken verbinden», so der CEO der HSBC Private Bank (Schweiz).

Dazu gehören laut Morra: sehr gute lokale Vernetzung in den Regionen Asien, Naher Osten und Lateinamerika, das grosse Produktangebot im Bereich alternativer Anlagen mit Direktmandaten für Immobilien, Hedge Funds und Private Equity sowie die Stärke der Bilanz als Grundlage für die Kreditvergabe.

«Zudem investieren wir gezielt in Mitarbeiter, und zwar sowohl in ihre fachlichen Fähigkeiten in der Anlageberatung, im Risiko- und Compliance Management, als auch in ihre soziale Kompetenz», betont Morra weiter.

Einzigartige Eigentümer

Bei einem anderen ausländischen Institut in der Schweiz, nämlich bei der in Vaduz ansässigen Bank LGT, findet man nicht, dass eine Auslandsbank in der Schweiz per se mehr bieten könne als lokale Finanzhäuser. «Entscheidend ist viel mehr, was das einzelne Institut qualitativ zu bieten hat», unterstreicht Christof Buri, Head Marketing & Communications. Und gerade in dieser Hinsicht könne die liechtensteinische LGT, die sich trotz Auslandsbanken-Status sehr stark als Schweizer Bank fühlt, sehr wohl punkten.

«Die Stabilität, Kontinuität und langfristige Ausrichtung die die LGT dank ihrer einzigartigen Eigentümerstruktur (Fürstenfamilie) den Kunden bieten kann, ist schwer zu übertreffen», findet Buri. Auch gebe es in der Schweiz kaum mehr echte Privatbanken, die einerseits eine starke lokale Verankerung und andererseits aber auch eine hohe internationale Präsenz und Erfahrung hätte, so Buri weiter. «Und nicht zuletzt sind wir ein weltweit führender Anbieter von Anlagelösungen im alternativen Asset Management – da müssen wir auch in der Schweiz die Konkurrenz nicht fürchten.»

Neue Normalität

Ebenfalls keine Anstalten, das Handtuch im Kerngeschäft Private Banking Schweiz zu werfen, macht ein viertes grosses Institut: die US-Bank J.P. Morgan. Nick Bossart, der Chef der Schweizer Tochter, bekräftigte im Sommer 2014 in einem Interview mit der «Handelszeitung», dass keinerlei Absichten bestünden, Geschäftsbereiche in der Schweiz zu schliessen oder zu verkaufen.

Die Stärke von J.P. Morgan Schweiz besteht laut Bossart darin, dass die Bank ihren Kunden Zugang zu den weltweiten Marktführern in den USA sowie zu den besten Private-Equity- und Hedge-Funds bieten kann. Dies ziehe viele Kunden an.
Übergang zur «neuen Normalität»

Vor einem Grundsatzentscheid

Künftig dürften aber doch einige kleinere und auch grössere Auslandsbanken vor dem Grundsatzentscheid stehen: Entweder investieren oder einen Schlussstrich unter das Kapitel Schweiz ziehen. Das hiesige Private-Banking-Geschäft hat allerdings bessere Karten, als es auf Anhieb scheinen könnte – auch nach der Einführung des Automatischen Informationsaustausches (AIA) in wenigen Jahren.

Das Swiss Private Banking muss dabei aber seine Trümpfe ausspielen. Für ausländische Geldhäuser sind das neben besserem Zugang zu weltweiten Märkten und Produkten vor allem Eigenschaften wie: langjährige Tradition und Erfahrung, qualitativ hochwertiger Service sowie stabile Verhältnisse.

Volkswirtschaftliche Bedeutung

Und nicht zu vergessen: Volkswirtschaftlich gesehen ist die Ansiedelung von ausländischen Finanzunternehmen in der Schweiz von grosser Bedeutung. «Die Banken profitieren gegenseitig von der Wettbewerbskonkurrenz», betont Hans-Peter Portmann. Denn die Schweiz für sich alleine wäre zu klein, um eine grössere Anzahl von Instituten aus eigener Kraft erhalten zu können, sagt der Politiker und Banker.

Laut Portmann halten auch viele Schweizer Kunden eine Geschäftsbeziehung mit einer Auslandsbank. Damit können sie von einer Anlagediversifikation und einem zusätzlichen globalen Netzwerk profitieren. «Gleichzeitig sind die ausländischen Kunden, welche oftmals bei ihrer Heimatbank hier in der Schweiz ebenfalls eine Kontobeziehung unterhalten, für unsere Bruttowertschöpfung von grosser Bedeutung», so der Bankfachmann und Nationalrat Portmann.


Eine längere Version dieses Artikels ist auch erschienen im «Private Banking Guide 2014».

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