Kaum beachtet von der westlichen Welt hat sich in Singapur eine Umweltproblematik zusammengebraut. Sie schränkt nicht nur den Alltag der Bevölkerung ein, sondern wird auch für den Finanzplatz zu einer Belastung.

Auf dem Papier sieht alles noch gut aus: Im jüngsten Ranking der besten Finanzplätze der Welt rangiert Singapur stabil auf dem Platz vier, hinter London, New York und Hongkong, wie auch finews.ch berichtete. Damit konnte der asiatische Stadtstaat, der heuer das 50-jährige Bestehen feiert, seine Position gegenüber dem Vorjahr problemlos verteidigen. Und auch unter Expats steht die Metropole ganz hoch im Kurs, wie jüngste Umfragen ergaben.

Tatsächlich hat der Finanzplatz Singapur nach seinem rasanten Wachstum seit 2006 in den vergangenen Jahren auch regulatorisch viel unternommen, um keine unseriöse Geschäfte anzuziehen – selbst wenn manche Skandale, wie zuletzt die Korruptionsaffäre rund um den malaysischen Präsidenten Najib Razak, der Reputation nicht förderlich sind.

Ungemach von anderer Seite

Doch die Monetary Authority of Singapore (MAS), also die Finanzaufsichtsbehörde Singapurs, arbeitet hart daran, dem Finanzplatz das erforderliche regulatorische Korsett zu verpassen, so dass er den höchsten internationalen Standards gerecht wird. Selbst auf den Automatischen Informationsaustausch (AIA), der 2018 kommt, scheint sich der Stadtstaat bereits eingestellt zu haben. Und die Kundenberater in den Banken müssen sich regelmässig einem Eignungstest unterziehen.

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Doch nun droht dem Finanzplatz Ungemach von ganz anderer Seite. Grund dafür sind meteorologische Bedingungen, oder die Tatsache, dass seit mehr als einem Monat höchst schädliche Rauchemissionen von Indonesien die Luftqualität (auch) in Singapur massiv eintrüben. Dies ging Ende der vergangenen Woche sogar so weit, dass die Schulen geschlossen wurden, und die Regierung den Unternehmen nahelegte, die Mitarbeiter nach Möglichkeit keine Tätigkeiten im Freien ausüben zu lassen.

Sehr ungesund bis gesundheitsschädlich

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Immer wieder geraten die Schadstoff-Messungen in den «sehr ungesunden» (very unhealthy) oder gar gesundheitsschädigenden Bereich (hazardous). Das schlägt den Bewohnern Singapurs enorm aufs Gemüt und zwingt sie, draussen Atemschutz-Masken zu tragen. Der Alltag wie auch das Geschäftsleben werden so massiv beeinträchtigt.

Nicht zu unterschätzen sind auch die Auswirkungen auf den Tourismus. Gelang es Singapur in den vergangenen zehn Jahren, sich von einer klinisch sauberen, aber langweiligen Grossstadt zu einer hippen Lifestyle-Metropole zu wandeln, so könnte dieses Image sehr rasch verblassen, wenn das derzeitige Luftproblem nicht bald gelöst wird.

Profit aus Palmöl-Plantagen

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Unter den Touristen ist die Frustration riesig und nimmt inzwischen besorgniserregende Ausmasse an, zumal es heisst, heuer könnte der Dunst (Englisch: Haze) noch bis im November anhalten. Bislang beschränkte sich die problematische Periode auf rund vier Wochen. In diesem Jahr dauert sie bereits jetzt länger.

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Auslöser der Situation sind Waldrodungen in Indonesien, namentlich in Sumatra. Sie haben zum Zweck, Ackerland für Palmöl-Plantagen zu gewinnen. Dabei werden die im Sold von internationalen Konzernen stehenden Bauern angehalten, ganze Wälder anzuzünden.

Das führt zu den erwähnten Rauchemissionen, die je nach Windrichtung sowohl Indonesien und Singapur, inzwischen aber auch Malaysia belasten. Hinzu kommt, dass die Feuer unter dem Boden weiter schwelen, so dass die Bekämpfung sehr schwierig ist.

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Unbeachtete Umweltzerstörung

Erstaunlicherweise findet diese gigantische und absolut irre Umweltzerstörung in den Medien ausserhalb Südostasiens kaum Beachtung. Da dominiert die Flüchtlings-Problematik. Zudem entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass der VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte aufkocht, während in (Südost-)Asien die Luft kaum mehr zum Atmen taugt.

Problematisch ist die ganze Entwicklung zusätzlich, da viele der im Palmöl-Geschäft tätigen Unternehmen entweder in Singapur ihren Holding-Sitz haben oder sogar an der Singapurer Börse kotiert sind. Das wirft ein besonders schlechtes Licht auf den kleinen Stadtstaat, der sich als dynamisches Finanzzentrum in Südostasien profilieren möchte.

Politische Animositäten

Daraus resultieren ein politisches Hickhack respektive eine permanente Schuldzuweisung zwischen Jakarta und Singapur – natürlich ohne greifbare Verbesserung für die Bevölkerung beider Länder.

Offerierte die Regierung Singapurs in den vergangenen Wochen logistische wie auch praktische Unterstützung bei der Bekämpfung der Brände, lehnte die Regierung in Indonesien dieses Angebot umgehend ab – man sei diesbezüglich genügend ausgerüstet, hiess es selbstbewusst aus Jakarta. Inzwischen soll es – auf Grund der akuten Situation – doch zu einer Annäherung gekommen sein, wobei der Ton gehässig bleibt, was kaum als Basis für eine gute Zusammenarbeit taugt.

Weitreichende Konsequenzen für die Banken

Für die Finanzbranche in Singapur hat die Situation auch Konsequenzen: Meetings müssen verschoben werden, die Planbarkeit von Geschäftsprozessen ist schwieriger geworden, und die Reputation der «Gartenstadt» am Äquator leidet.

Hinzu kommt, dass sich Expats künftig wohl zweimal überlegen, ob sie – zum Teil mit Familie – wirklich nach Singapur umziehen wollen, solange die Stadt wochen-, wenn nicht monatelang eine gesundheitliche Gefahr darstellt. Das ist zusätzlich schlecht, weil in der Finanzbranche ohnhein schon ein riesiger Mangel an gut ausgebildeten und erfahrenen Bankangestellten herrscht.

Wetter spielt eine Rolle

Wie das Beispiel Singapur illustriert, können es nicht nur regulatorische Faktoren sein, die den Ruf eines Finanzplatzes beeinträchtigen, sondern auch meteorologische respektive politische. Insofern hat die Schweiz da gute Karten und kann sich so noch lange als Finanzplatz erster Güte empfehlen.

Bilder©Shutterstock/finews.ch

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