Die Finma erlaubt neu die digitale Kunden-Identifikation. Direktor Mark Branson spricht mit finews.ch über den Fintech-Standort Schweiz, und warum er bei einem Streit im Sandkasten nicht eingreifen würde.


Herr Branson, ist das Rundschreiben zur Video- und Online-Identifizierung das schnellste Regelwerk, dass Sie bei der Finma je auf den Weg gebracht haben?

(Lacht) Das kann durchaus sein. Aber es handelt sich um ein Geschäftsfeld, das sich rasch bewegt, deswegen wollten wir auch schnell sein. Allerdings werden sich die Angebote im Fintech-Bereich rasend weiterentwickeln. Deshalb sollte das jetzige Rundschreiben nicht als abschliessend verstanden werden, sondern eher als eine Momentaufnahme.

Letzten Dezember begann die Vernehmlassungsfrist, am 18. März tritt das Rundschreiben bereits in Kraft. Können Sie die Kritik der Branche verstehen, die sich von der Finma überrumpelt fühlte?

Wenn wir als Behörde kritisiert werden, zu dynamisch zu sein, dann kann ich damit gut leben.

Das Rundschreiben erlaubt es Finanzintermediären erstmals, per Video- und Online-Identifizierung Geschäftsbeziehungen mit Kunden aufzunehmen – die Grundvoraussetzung für viele Fintech-Geschäftsmodelle. Trotzdem unterscheiden Sie zwischen Video und Online. Weshalb?

Es war uns ein Anliegen, die technologischen Details nicht zu eng festzulegen, sondern bloss die Leitplanken zu setzen. Wir sehen jedoch die visuelle Identifizierung per Video momentan als sicherer an als jene über den reinen Online-Kanal.

Wir werden wohl einige Player enttäuschen.

Deshalb ist die Aufnahme von reinen Online-Geschäftsbeziehungen nur möglich, wenn schon eine Erstbeziehung zu einer Schweizer Bank besteht. Eine Ersteröffnung eines Kontos in der Schweiz ist mit reiner Online-Identifikation noch nicht möglich.

Damit erschweren Sie jedoch grenzüberschreitende digitale Finanzdienstleistungen, oder?

Tatsächlich werden wir wohl mit dieser Eingrenzung einige Finanzplayer enttäuschen. Wir wissen jedoch zum jetzigen Zeitpunkt zu wenig über die Risiken einer reinen Online-Identifizierung, und wie sich die entsprechende Technologie weiterentwickeln wird. Es braucht aus unserer Sicht vorerst das menschliche, also das visuelle Element bei der Kontrolle.

Als Einschränkung wurde auch die Auflage der Finma empfunden, dass beim digitalen Onboarding die Echtheit der Ausweisdokumente noch mit technischen Mitteln überprüft werden muss – was sonst bei Eröffnung einer Bankbeziehung nicht nötig ist. Sind Sie da über die Bücher gegangen?

Wir haben diese Zusatzanforderungen im definitiven Rundschreiben etwas gelockert. Die technischen Mittel sind offensichtlich noch nicht soweit, dass sie ohne weiteres in der grossen Masse einsetzbar wären.

Viele Vorschriften werden für die Risiken von gestern erlassen.

Begrüsst wird von der Finanzbranche sicherlich die vorgeschlagene Lockerung der Bewilligung für Finanzinnovatoren und Jungfirmen – in der eingegrenzten Sandbox sollen Start-ups gar ganz ohne Finma-Regeln operieren können. Doch reicht das aus, um die Schweiz als florierenden Fintech-Hub zu etablieren?

Ob in der Schweiz ein solcher Hub entsteht, müssen der Markt und die Kunden entscheiden. Es ist nicht unserer Rolle, in den freien Markt einzugreifen. Es geht vielmehr darum, aus Sicht der Regulierung unnötige Hindernisse für die Innovation aus dem Weg zu räumen.

Oftmals wird die Regulierung an sich als Hindernis verstanden, oder?

Viele der heutigen Vorschriften wurden für die Risiken und Geschäftsmodelle von gestern erlassen. Wir sehen jedoch durchaus, dass im Fintech-Bereich tätige Firmen sich regulieren lassen wollen – aber mit Vorschriften, die zu ihnen passen.

Es ergibt keinen Sinn, Innovatoren wie eine klassische Bank zu behandeln.

Genau deshalb haben wir die erleichterte Bewilligungspflicht vorgeschlagen. Es ergibt aus unserer Sicht keinen Sinn, Finanzinnovatoren wie eine klassische Bank zu behandeln, wenn diese keine sind und auch keine sein wollen.

In der so genannten Sandbox sollen gar keine Regeln gelten – da greift die Finma nicht ein, wenn jemand Sand in die Augen kriegt, richtig?

Der Finma-Vorschlag für eine Sandbox mit einem maximalen Geschäftsvolumen von 200'000 Franken Einlagen würde einen relativ engen Rahmen bieten. Zudem wäre transparent, dass es hier keine Aufsicht gibt. Diese Kategorie soll vor allem dazu dienen, dass Jungfirmen mit relativ wenig Startkapital Geschäftsideen ausprobieren können. Aus unserer Sicht wäre das ungefährlich für das Finanzsystem und auch nicht lebensbedrohlich für den Kunden.

Unser Mandat lässt gezielte Förderung nicht zu.

Mit dem Rundschreiben wollen Sie Hindernisse für Fintech-Innovationen aus dem Weg räumen. Ausländische Aufsichtsbehörden betreiben aber gleich noch aktive Förderung. Ist die reine Wachhund-Rolle der Finma da nicht überholt?

Die Finma ist sehr daran interessiert, günstige Rahmenbedingung für die Innovation zu schaffen, damit der Finanzplatz wettbewerbsfähig bleibt. Wir haben das Mandat, Einleger und Versicherte zu schützen und dabei die Wettbewerbsfähigkeit der Finanzbranche als Ganzes zu unterstützen. Dieses Mandat lässt die gezielte Selektion und Förderung von einzelnen Projekten nicht zu. Letztlich wäre es wohl eher eine ordnungspolitische Frage, ob der Staat anderswo neue Geschäftsideen aktiv fördern will.

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