Es knarzt im Gebälk des Blockchain-Konsortiums R3, dem auch die UBS und die Credit Suisse angehören. Beobachter werten das als Zeichen, dass die Banken das Interesse an der Technologie verlieren.

R3 war der Nenner, auf den sich selbst die ewigen Rivalen Credit Suisse (CS) und UBS einigen konnten. Wie auch finews.ch berichtete, stiessen beide Schweizer Grossbanken schon früh zum Finanz-Konsortium in New York. Das Ziel: über die Plattform die Möglichkeiten der als bahnbrechend geltenden Blockchain-Technologie auszuloten und gleichzeitig die Daten und Ideen der etablierten Player zusammenzufassen.

Als Speerspitze des Blockchain-Hypes im Finanzwesen schritt R3 von Erfolg zu Erfolg. Wichtige Patente konnten angemeldet werden, mittlerweile reihen sich nicht weniger als 70 Banken in das Konsortium ein.

Goldman Sachs & Co verabschieden sich

Doch letztens knarzte es im Gebälk des Gemeinschaftswerks: Ende November wurde bekannt, dass die überaus einflussreichen Banken Goldman Sachs, Morgan Stanley sowie Santander R3 verlassen haben.

Anlass für die Austritte war offenbar eine neuerliche Finanzierungsrunde, mit der R3 rund 150 Millionen Dollar von den Mitgliedern lösen wollte.

«Peanuts» eigentlich, wenn die Chancen der Blockchain für die Geldhäuser in Betracht gezogen werden – und die Gefahren. Denn die dezentrale Technologie macht es möglich, dass Finanzakteure ohne Mittler miteinander ins Geschäft kommen können. Und damit eigentlich auch ohne Banken.

Ende des Hype?

Der Austritt von Goldman Sachs & Co wird von einigen Beobachtern daher bereits als Ende des Blockchain-Hype im Banking gewertet. Bei den Mitgliedern des verschwiegenen Konsortiums sei Ernüchterung eingekehrt, glauben sie.

Ein Bericht des Branchenmagazins «Euromoney» legt nun aber nahe, dass bei den Banken vielmehr die alten Gewohnheiten Überhand genommen haben. Gerade Investmentbanken – und zu diesen zählen die amerikanischen Häuser Goldman Sachs und Morgan Stanley – konkurrieren sich für gewöhnlich bis aufs Blut. Ein friedliches Konsortium wie R3 ist diesbezüglich die seltene Ausnahme. Jetzt bestätigt sich die Regel: Angesichts von rund 70 Mitgliedern war den ausgetretenen Instituten das Gedränge einfach zu gross, berichten Insider.

Kommt hinzu, dass keiner gerne Geld investiert, das dann der halben Branche zugute kommt.

Der Coup mit Corda

Die Leiter von R3 gingen dieser Tage nun in die Offensive. Sie machten den im Konsortium entwickelten Blockchain-Code «Corda» öffentlich. Dies mit der klaren Absicht, den Kreis der Mitglieder und Nutzer noch stark zu vergrössern.

Corda eignet sich dabei besonders gut für die Nutzung im breiten Finanzmarkt, weil es von einem partnerschaftlichen Handel ausgeht und auf das Zustandekommen von digitalen Verträgen, so genannten Smart Contracts, fokussiert. Laut R3 ist Corda der nächste Schritt hin zu einer breit genutzten Plattform, über die digitale Wertschriften wie bei einer Börse verschoben werden können.

Code gegen Code

Mit einem Wort: Es geht um eine neue Infrastruktur für die Finanzbranche. So arbeitete R3 bereits am Projekt «Concord». An die Plattform können Banken dereinst ihre rückwärtigen Dienste auslagern und viel Geld sparen, so die Vision. Die geheimen Tüfteleinen im Blockchain-Labor weichen immer mehr einer gemeinsamen Grossbaustelle.

Auch der Konkurrenzgedanken verlagert sich. Nun stehen nicht mehr Bank gegen Bank, sondern Code gegen Code und Plattform gegen Plattform. Im Rennen um die Gunst der Nutzer befindet sich etwa das Blockchain-Projekt Hyperledger, das offenbar auch in der Schweiz Sympathisanten findet.

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