Caroline.Vils_2Der Bundesrat hat sich mit dem gegenwärtigen System der 2. Säule und den Herausforderungen beschäftigt. Eine Analyse von Caroline Vils, von der Firma B+B Vorsorge.

Caroline Vils, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiterin der Rechtsberatung der B+B Vorsorge, fasst in einer dreiteiligen Serie zusammen, was vom knapp 170 Seiten umfassenden Bericht zu halten ist.

Den Beginn der Serie machte letzten Monat ein Artikel zu den positiven Aspekten des Berichts, gefolgt von einer «neutralen» Einschätzung. Den Abschluss bildet der nun vorliegende, kritische Beitrag.


Exakt 72,7 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung lehnten am 7. März 2010 die Vorlage zur Anpassung des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge ab. Der Bundesrat sah sich durch dieses katastrophale Ergebnis veranlasst, zu den Herausforderungen der beruflichen Vorsorge Stellung zu nehmen.

Seine Sicht der Dinge legte der Bundesrat mit dem Bericht über die Zukunft 2. Säule dar. Gemäss eigener Aussage besteht das Ziel des Berichts darin, diese Herausforderungen zu lokalisieren und ihnen mögliche Lösungsansätze gegenüber zu stellen.

Unnötige Kosten

Der Bundesrat warnt dabei vor Effizienzverlust sowie unnötigen Kosten und übersieht hierbei, dass solches schon längst Realität ist. Beim historisch gewachsenen BVG und seinen verwandten Rechtsgebieten handelt es sich lange nicht mehr um Mindestvorschriften.

Die bestehenden umfassenden Regelungswerke bevormunden die Vorsorgeeinrichtungen und generieren eben solche unnötige Kosten, vor denen der Bundesrat warnt. Der Bericht schafft hier keine Abhilfe.

Bloss keine Einheitskasse

Anstatt zu prüfen, ob die Ziele des Gesetzgebers erreicht wurden und weiter erstrebenswert sind, beschränkt sich der Bericht auf die willkürliche Aneinanderreihung mehr oder weniger interessierender Themen, gefolgt von teilweise banalen und oberflächlichen Lösungsansätzen. Diese führen in der Regel zu weiterer Überregulierung oder schleichender Entmündigung der Verantwortlichen.

So stellt sich die B+B Vorsorge entschieden gegen den Vorschlag einer Einheitskasse oder einer Mindestgrösse der Vorsorgeeinrichtung. Beide Vorschläge beschränken die Entscheidungsfreiheit der Verantwortlichen. Eine Mindestgrösse ist denn auch nichts anderes als die Einführung einer Einheitskasse durch die Hintertür.

Einiges zu verhindern

Schliesslich werden sich nur noch mittelgrosse und grosse Einrichtungen behaupten können und deren Struktur sowie Leistungsniveau sich stetig (ins Negative) angleichen. Der Bundesrat verkennt des Weiteren, dass eine Mindestgrösse kein Garant für effiziente und kostengünstige Bewirtschaftung ist.

Ebenso ist zu verhindern, dass die Führungsorgane ihrer Kompetenzen weiter beraubt werden. Die Bestimmung des technischen Zinssatzes, allfälliger Sanierungsmassnahmen, der zweckmässigen Auslegung des Begriffs Leistungsverbesserungen ja sogar des Mindestzinssatzes sollte nicht Sache des Gesetzgebers, sondern des obersten Führungsorgans der Vorsorgeeinrichtung sein.

Ein Blick zurück

Dieses ist verantwortlich für die finanziellen Belange seiner Vorsorgeeinrichtung und muss dem-entsprechend über die Handhabe verfügen, die notwendigen Parameter zu beeinflussen. Andernfalls verkommen Stiftungsräte zu Marionetten des Regulativs, deren Entscheidungsspielräume sich auf repräsentative Zwecke und den Gang zur Guillotine beschränken. Wieso sich Stiftungsräte vor diesem Hintergrund nur noch schwer finden lassen, ist nachvollziehbar.

Schauen wir zurück zu den Ursprüngen der beruflichen Vorsorge. Soziale Industrielle sahen sich vor über 100 Jahren verpflichtet, ihren Fabrikarbeitern eine gewisse soziale Absicherung für die Wechselfälle des Lebens zu bieten.

Nur noch Pflichten

Welcher Chef ist heute noch interessiert an einer guten Vorsorge seiner Mitarbeiter, nachdem er nur noch Pflichten hat aber keine Rechte? Das Ergebnis liegt auf der Hand: tiefere Leistungen für die Versicherten. Dieser Aspekt ist im Bericht leider keine Silbe wert.

Es geht weiter mit verschiedenen Themenbereichen, die wir ebenso vermissen. Hier eine Auswahl:

  • die Koordination mit den anderen Sozialversicherungen (zum Beispiel gleiche Leistungen bei Unfall und Krankheit);
  • die Flexibilität des Systems im Hinblick auf die zunehmend mobile Arbeitswelt;
  • eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Zweckentfremdung von Vorsorgemitteln mittels Barauszahlung oder Wohneigentumsförderung (die aktuellen Zahlen zu den Ergänzungsleistungen lassen grüssen);
  • eine einheitliche Aufsicht über alle Vorsorgeeinrichtungen;
  • die Rolle der Lebensversicherer.

Unzutreffende Berechnungen

Unverständlich ist schliesslich, auf welche Weise die Debatte um den Umwandlungssatz geführt wird. Der Umwandlungssatz ist kein Produkt politischer Diskussionen sondern eine finanzmathematische Grösse, die in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Lage und Struktur jeder Vorsorgeeinrichtung vom obersten Organ festzusetzen ist.

Der Bundesrat sieht aber auf der Grundlage stark vereinfachter und unzutreffender Berechnungen die Notwendigkeit, den Umwandlungssatz zu senken. Indessen ist schleierhaft, wie ein angeblich fehlende 600 Millionen Franken die Senkung des Umwandlungssatzes notwendig machen sollen? Die Schwankungen des gesamten Vorsorgevermögens an der Börse übertreffen diesen Betrag täglich.

Auf dem harten Boden der Tatsachen

Der Bericht will aufzeigen, in welche Richtung sich die berufliche Vorsorge in den nächsten Jahren entwickeln soll. Leider ist zu befürchten, dass die Betroffenen unter dem Druck der zunehmenden Regulierung gänzlich zu Marionetten verkommen.

In diesem Fall darf man sich nicht wundern, wenn diese an den Strippen zögen und die Puppenspieler auf den harten Boden der Tatsachen fielen.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.19%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.76%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.94%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.46%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.66%
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