Die Enthüllungen über Offshore-Finanzplätze werfen auch Fragen zur Schweiz auf. Matthäus Den Otter von der SFA nimmt gegenüber finews.ch Stellung.

Herr Den Otter, mit Blick auf die jüngsten Enthüllungen über so genannte Steueroasen und vermuteter Steuerhinterziehung, stellt sich auch hierzulande die Frage: Tut die hiesige Politik genug, um die Stärken unseres Finanzplatzes zu bewahren, oder erwarten Sie mehr von der Regierung in Bundesbern?

Wie die im Dezember 2012 veröffentlichte Finanzmarktstrategie des Bundesrates zeigt, führen wir bislang einen fruchtbaren Dialog mit Bundesbern. Die «Offshore-Leaks-Affäre» scheint allerdings das Bewusstsein in der Politik dafür zu schärfen, dass wir als Vorreiter einer neuen Finanzplatzstrategie, die nur auf deklarierten Vermögen beruht, nicht nur einseitig Zugeständnisse an ausländische Konkurrenzplätze machen dürfen, wenn diese sich nicht auch an die gleichen Standards halten.


«Ausländische Kunden vergeben namhafte Mandate»


Wie beurteilen Sie das Image des Finanzplatzes Schweiz zurzeit?

Es gilt hier zwischen der Innen- und Aussenwahrnehmung zu unterscheiden. Oft wird uns mitgeteilt, und wir spüren dies auch aus Kontakten mit Kollegen aus dem Ausland, dass das Image des Finanzplatzes Schweiz im Ausland nach wie vor hervorragend ist. Es ist unbestritten, dass wir in gewissen Bereichen Nachholbedarf haben respektive die Vergangenheit mit pragmatischen Lösungen aufarbeiten müssen.

Jedoch sollten wir uns keinesfalls unnötig schlecht reden. Die Finanzindustrie ist weltweit mit Imagefragen und Kritik konfrontiert; in diesem herausfordernden Umfeld steht die Schweiz nach wie vor sehr gut da. Die Swissness zählt in unserer Branche nach wie vor. So stellen wir beispielsweise mit grosser Freude fest, dass auch ausländische Versicherungen und Pensionskassen namhafte Mandate an Schweizer Asset Manager vergeben.


«Fonds gehören zu den Profiteuren der Finanzkrise»


Wie beurteilt die SFA als Branchenorganisation der Schweizer Fonds- und Asset-Management-Wirtschaft die Entwicklung an den Finanzmärkten? 

Grundsätzlich: Die SFA gibt keine Marktmeinung ab. Auf Folgendes möchte ich aber hinweisen: Angesichts des derzeitigen Anlagenotstands bekommen immer mehr Anlegerinnen und Anleger Angst, den «Börsenzug» zu verpassen, und sehen sich quasi «gezwungen», wieder in Risikopapiere zu investieren. Hoffentlich haben sie dann genug Disziplin und Durchhaltevermögen, auch wieder einmal Kursrückschläge zu verkraften. 

Per Ende 2011 betrug das Totalvolumen der von Swiss Fund Data erfassten Anlagefonds 620,7 Milliarden Franken. Per Ende 2012 waren es 711,9 Milliarden. Wo stehen wir heute? 

Der Schweizer Fondsmarkt verzeichnet nach wie vor ein erfreuliches Wachstum, vor allem aufgrund der positiven Entwicklung an den Börsen und anhaltender Mittelzuflüsse. Per Ende Februar 2013 betrug das Fondsvolumen 737 Milliarden Franken. Generell lässt sich feststellen, dass das Produkt «Fonds» zu den Profiteuren der Finanzkrise gehört und als solides, diversifiziertes und streng reguliertes Produkt bei den Anlegerinnen und Anlegern beliebter ist denn je.


«Aktienfonds lösten Obligationenfonds an der Spitze ab»


Ist auch eine Verschiebung der Anleger-Präferenzen innerhalb der verschiedenen Asset-Klassen zu beobachten?

In den letzten Monaten war eine Verlagerung weg von den Geldmarktfonds und hin zu Obligationen- sowie Aktienfonds zu verzeichnen. Dies kann als Zeichen einer erhöhten Risikofreude der Anlegerinnen und Anleger interpretiert werden. Bei den Fondskategorien mit den höchsten Mittelzuflüssen lösten im Februar die Aktienfonds mit einem Marktanteil von 36 Prozent nach längerer Zeit die Obligationenfonds mit einem Marktanteil von 33 Prozent wieder von der Spitze ab.

Welche Fonds – Aktien, Anlagestrategie, Rohstoff, Edelmetall, Dach-Hedge-Fonds, Private,Equity-Fonds usw. –  stehen zurzeit oben in der Gunst der Anleger?

Die Top Five der Fondsklassifizierungen sind Obligationenfonds Schweizerfranken, Aktienfonds Global, Aktienfonds Schweiz, Aktienfonds USA und Geldmarktfonds Dollar.

Am Forum der SFA vom März wurde gesagt, man wolle die Implementation der Kollektivanlagegesetz-Teilrevision im Sinne der Fondsindustrie beeinflussen. Was heisst das konkret? Läuft hier aus Ihrer Sicht etwas in die falsche Richtung?

Nein, wir wollten damit zum Ausdruck bringen, dass derzeit eine Akzentverschiebung von der Gesetzgebung unter der Ägide von Parlament und Finanzdepartement hin zur «Rechtsanwendung» stattfindet, für welche die Finma zuständig ist. Wir suchen den Dialog mit der Aufsichtsbehörde, damit die Ziele der Teilrevision des KAG auch tatsächlich umgesetzt werden können. Zudem sind wir als SFA mit der Anpassung unserer Selbstregulierung gefordert, insbesondere im Bereich des Vertriebes.


«Handlungsoptionen bis Ende Jahr»


Die SFA will die Asset-Management-Strategie Schweiz weiterentwickeln. Was ist diesbezüglich geplant?

Die SFA hat zusammen mit der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) im Dezember 2012 ein Grundlagenpapier für eine Asset-Management-Initiative ‹Schweiz› publiziert. In diesem Grundlagenpapier wurden acht Handlungsfelder identifiziert, die nun alle mittels separaten Projekten umgesetzt werden sollen. Zurzeit führen wir Gespräche mit Spitzenvertretern aus Industrie und Behörden, um die Asset-Management-Initiative möglichst breit abzustützen. Wichtig ist dabei der Hinweis, dass es sich nicht um einen Strategie der Banken oder der SFA, sondern für das Asset Management in der Schweiz handelt.

Auch hat die Arbeitsgruppe «Asset Management» des Eidg. Finanzdepartements mittlerweile ihre Arbeit aufgenommen, wo SFA und SBVg mit je einem Experten vertreten sind. Ziel ist es, bis Ende Jahr einen Bericht mit konkreten Handlungsoptionen für den Bund zu erarbeiten. Dazu werden steuerliche, aufsichtsrechtliche und regulatorische Massnahmen zur Stärkung der Rahmenbedingungen für das Asset Management evaluiert und bewertet.


 «Es besteht eine Über- und Dreifachregulierung»


Schliesslich will sich Ihre Organisation auf das Lobbying auf kommende Gesetzgebungsprojekte, insbesondere mit Blick auf das Finanzdienstleistungsgesetz, fokussieren. Was steht hier im Vordergrund?

Wir begrüssen die wichtigste Stossrichtung, das heisst die Einführung eines produkte-übergreifenden Regulierungsansatzes am «Point-of-Sale», ausdrücklich. Wir haben jetzt die Chance, anders als heute endlich ein einheitliches, konsistentes und auf dem Prinzip «same business, same rules» beruhendes Aufsichtskonzept einzuführen.

Damit einhergehend sollte auch geprüft werden, ob die bestehende Über- und Dreifachregulierung im Fondsbereich von Produzent, Vertriebsträger und – jedem – Produkt nach Inkrafttreten des FIDLEG nicht etwas abgebaut werden könnte.


«Es braucht ein KMU-gerechtes Aufsichtsregime»


Teilen Sie die Kritik, die Finma übertreibe es mit dem Erlass neuer regulatorischer Massnahmen?

Das muss man differenziert betrachten; ich spreche hier nur «Finma und KAG» an. Wir als SFA haben – gemeinsam mit der Bankiervereinigung – Hand geboten zu gewissenVerbesserungen des Anlegerschutzes, wie insbesondere die Definition «qualifizierte Anleger» sowie die neuen Vertriebsvorschriften beim Vertrieb an institutionelle Anleger. Daneben wollte das Parlament aber auch unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken als Standort für Asset Manager kollektiver Kapitalanlagen – hier braucht es ein «KMU-gerechtes» und «risikobasiertes» Aufsichtsregime – sowie als Standort für Spezialfonds und sonstige Fondslösungen, bei denen der Market Access in die EU hinein nicht erforderlich ist.

Nun brauchen wir die Unterstützung der Finma, damit das während der Teilrevision Errungene auch wirklich zum Tragen kommt. Es stimmt immerhin zuversichtlich, dass die Finma uns gegenüber ihre Offenheit für neue Produkte und Innovationen kürzlich kommuniziert hat.

Last but not least: Unsere Mitglieder haben einstimmig beschlossen, den bisherigen «Anlagefondsverband» «SFA» in «Swiss Funds & Asset Management Association SFAMA» umzutaufen. Darin kommt zum  Ausdruck, dass das institutionelle Asset Management nunmehr fest als zweiter Pfeiler unserer Verbandstätigkeit verankert ist.


Matthäus Den Otter ist 61-jährig. Er studierte an der Universität Zürich und ist Absolvent des Executive Programm des Swiss Finance Institute. Er ist seit 1. April 2005 Geschäftsführer der Swiss Funds Association SFA. Zurzeit wird per Inserat ein Nachfolger gesucht.

Seit 1987 war er – unterbrochen durch einen zweijährigen Abstecher in die Fondswirtschaft 1994 bis 1996 – im Sekretariat der Eidg. Bankenkommission (EBK) tätig gewesen, zuletzt als stv. Abteilungsleiter der Abt. Bewilligungen/Anlagefonds.

Bis zum Ausscheiden aus der EBK war er auch an der Erarbeitung des Entwurfs zum neuen Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen («KAG») beteiligt. Matthäus Den Otter ist neben seinem Hauptamt auch Mitglied des Verwaltungsrats der European Funds & Asset Management Asscociation in Brüssel sowie der Swiss Fund Data in Zürich.

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