Die Generalversammlungen sind vorbei. Die neu konstituierten Verwaltungsräte stehen fest. Wer hat das bessere Aufsichtsgremium – die UBS oder die Credit Suisse?

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Im Vorfeld der Generalversammlung war es tendenziell eher die UBS gewesen, die mit ihrem neuen Kandidaten, Peter Francioni, für Aufsehen gesorgt hatte. Francioni ist Chef der Deutschen Börse, wo auch die UBS eine wichtige Kundin ist, so dass Fragen bezüglich allfälliger Interessenskonflikte des neuen Mannes im insgesamt zwölfköpfigen Verwaltungsrat der UBS durchaus angebracht waren.

Doch offenbar störten sich die Aktionäre an dieser Konstellation nicht und wählten Francioni problemlos in den Verwaltungsrat. Mit Blick auf die ganze Debatte über die «Amerikanisierung der Schweizer Bankenbranche», wie sie in einigen Online-Medien geradezu penetrant heraufbeschworen wird, ist die Zuwahl von Francioni regelrecht ein Lichtblick, ist er doch Schweizer und mit den hiesigen Verhältnissen – auch in der Branche – durchaus vertraut.

Ehemaliger Top-Verdiener

Bei der Credit Suisse (CS) wurde neu Kai S. Nargowala zugewählt. Der Staatsbürger von Singapur war von 2008 bis 2010 Mitglied der Geschäftsleitung der Credit Suisse und CEO der Region Asia Pacific sowie von 2010 bis 2011 Non-Executive Chairman der Region Asia Pacific der Credit Suisse. Offenbar waren ihm diese Aufgaben – obwohl er eine Zeit lang sogar der bestverdienende CS-Mitarbeiter war – aber zu viel, so dass er sich Ende 2011 zurückzog.

In Singapur blieb er mit diversen Mandaten aber ein wichtiger Opinion Leader und offenbar auch gut in Kontakt mit der CS, so dass man ihn nun mit einem Mandat im insgesamt 13-köpfigen Verwaltungsrat locken konnte. Die CS hat mit seiner Zuwahl zweifelsohne einen geschickten Schritt getan, um ihr Know-how sowie das Beziehungsnetz in Asien weiter auszubauen.

Asiatische Stärken

Notabene: Nargowala ist Verwaltungsrat der Singapore Telecommunications. Weiter ist er Verwaltungsrat von PSA International, einem der weltweit grössten Hafenbetreiber. Zudem ist er seit 2012 Chairman von Clifford Capital, einer von Singapurs Regierung unterstützten Gesellschaft zur Finanzierung von Auslandsprojekten von Unternehmen in Singapur.

Ihre Asien-Connections kann die UBS mit ihrem Verwaltungsrat Joseph Yam ausspielen, der bereits seit 2011 im Aufsichtsgremium der grössten Schweizer Bank sitzt. Neben seinem UBS-Mandat ist er Executive Vice President der China Society for Finance and Banking und in dieser Funktion seit 2009 als Berater der People's Bank of China tätig. Er war federführend bei der Schaffung der Hong Kong Monetary Authority und stand dieser Instanz als Chief Executive von 1993 bis zu seinem Ruhestand 2009 vor.

Eloquenter Präsident

Mit Blick auf den Präsidenten hat der UBS-Verwaltungsrat nach der schwachen Persönlichkeit von Kaspar Villiger nun mit Axel Weber einen omnipräsenten Präsidenten, der sein Amt derart grosszügig auslegt, dass manche CEOs sich in ihrem Aktionsradius eingeengt fühlen könnten. Doch offenbar ist das bei Konzernchef Sergio Ermotti nicht der Fall. Ihm fällt es offenbar leicht, dass Weber soviel Platz in der Öffentlichkeit für sich beansprucht – und Weber macht seinen Job ziemlich gut.

Selten hat die UBS in der Vergangenheit einen so intelligenten und gleichzeitig so eloquenten Präsidenten gehabt.

Veteranen haben das Sagen

Anders präsentiert sich die Situation bei der CS: Der seit 2011 amtierende Präsident Urs Rohner konnte sich bislang nie wirklich in Position bringen. Noch immer haftet ihm der Makel an, dass er letztlich kein Banker ist, sondern ein Jurist. Immerhin schaffte es Rohner, den zeitweilig arg angezählten CEO Brady Dougan zu stützen, was letztlich doch ein guter Entscheid war. Denn mittlerweile steht die CS vergleichsweise gut da, was nicht zuletzt auf Dougans Initiativen zurückzuführen ist – selbst wenn der CS-Aktienkurs bisweilen tief tauchte.

Rohners Handicap ist, dass mit Walter Kielholz und Peter Brabeck zwei Veteranen noch im Verwaltungsrat sitzen, die seinen Handlungsspielraum bisweilen einschränken. Hier muss sich nun zeigen, ob Rohner im Stande ist die Weichen für eine Zeit stellen kann, in der die erwähnten Veteranen nicht mehr an Bord sind.

Vormarsch der Verwaltungsrätinnen

Auffallend ist, dass beide Schweizer Grossbanken zunehmend auch Frauen im Verwaltungsrat haben. Bei der UBS sind dies die Ökonomin Beatrice Weder die Mauro, die Managerin Ann F. Godbehere sowie die Juristin Isabelle Romy. Bei der Credit Suisse sind es die Ökonomin Iris Bohnet sowie die irisch-amerikanische Doppelbürgerin Noreen Doyle, die eher weniger bekannt ist.

Einen Namen machte sich Noreen Doyle von 2001 bis 2005 als erste Vize-Präsidentin und Leiterin Banking der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Im Jahr 1997 wurde sie Deputy Vice President, Risk Management, nachdem sie 1994 zum Chief Credit Officer ernannt worden war. Ausserdem war Doyle während 18 Jahren bei Bankers Trust, wo sie in verschiedenen Funktionen in Houston, New York und London tätig war.

Stärken im Nahen Osten

Mit Jassim Bin Hamad J.J. Al Thani hat die CS zweifelsohne einen der am besten vernetzten Geschäftsmänner im Nahen Osten. Er präsidiert die Qatar Islamic Bank sowie die QInvest, die erste in Qatar gegründete islamische Investmentbank, und die QIB, eine von der Qatar Islamic Bank in London gegründete islamische Investmentbank in London. Ausserdem ist er Verwaltungsratspräsident der Damaan Islamic Insurance und der Q RE, einer Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaft.

Eine im Vergleich zu Al Thani ebenso gut vernetzte Person im Verwaltungsrat besitzt die UBS nicht. Dafür verfügt sie neben den bereits genannten Personen über vier weitere Vertreter, die mit der Finanzbranche bestens vertraut sind: David Sidwell (früher J.P. Morgan Chase, Morgan Stanley), Rainer-Marc Frey (früher Horizon21, RMF, Salomon Brother, Merrill Lynch) Ann F. Godbehere (früher Northern Rock, Swiss Re) sowie Axel P. Lehmann (Zurich Insurance Group).

Im Vergleich dazu weist die CS neben den bereits erwähnten Vertretern noch folgende Personen mit Know-how aus der Finanzbranche auf: Jean Lanier (früher Euler Hermes, Paribas, Swiss Re), Anton van Rossum (früher Fortis), Richard E. Thornburgh (früher Credit Suisse, First Boston) sowie John Tiner (früher britische Finanzaufsichtsbehörde FSA).

Prozess der Verjüngung

Insgesamt wirkt der Verwaltungsrat der UBS derzeit etwas jünger als das Gremium der Credit Suisse. Mit den Industrie- respektive Rechnungslegungsspezialisten Michel Demaré, Helmut Panke sowie William G. Parrett hat die grösste Schweizer Bank einen stärker internationalen Touch, während die Credit Suisse mit Jean-Daniel Gerber, der früher Bundesbeamter und Staatssekretär war, sowie mit dem Industriellen Andreas N. Koopmann eher schweizerische Aspekte abdeckt.

Alles in allem dürfte der Verwaltungsrats der CS im nächsten Jahr wesentliche und grundlegende Veränderungen erfahren, wenn sowohl Walter Kielholz als auch Peter Brabeck voraussichtlich nicht mehr antreten werden. Sie haben über viele Jahre das Aufsichtsgremium der Bank massgeblich geprägt – mit ihrem Ausscheiden wird man von einem Generationenwechsel sprechen können.

Wichtigster Wechsel schon vor einem Jahr

Zu derlei Veränderungen kommt es bei der UBS vorläufig nicht. Da vollzog sich die personelle Erneuerung in den Jahren nach der Finanzkrise bereits sukzessive. Mit der Ernennung von Axel Weber zum neuen Präsidenten vor gut einem Jahr hat sie ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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