Noch selten zuvor hat sich Vontobel-Chef Zeno Staub so visionär gegeben wie diese Woche am Mittwoch.

Bank-Vontobel-CEO Zeno Staub konnte am Mittwoch ein ausserordentlich gutes Set an Zahlen für 2016 präsentieren, das sich auch im längerfristigen Vergleich zeigen lässt: Die verwalteten Kundengelder entwickelten sich in den vergangenen fünf Jahren nachhaltig nach oben, während das Kosten-/Ertrags-Verhältnis Jahr für Jahr zurückging.

Parallel dazu profitierten die Aktionäre: Belief sich der Gewinn pro Aktie im Jahr 2013 noch auf 1.90 Franken, betrug er im vergangenen Jahr 3.50 Franken, was einem Plus von 80 Prozent entspricht.

Trotz dieser Zahlen wirkte Staub alles andere als abgehoben. Im Gegenteil, angesichts des anhaltenden Margendrucks, des Tiefzinsumfelds und der unaufhaltsam steigenden Kosten in der gesamten Finanzbranche warnte er mit Blick nach vorn vor überhöhten Erwartungen. Kommt hinzu, dass mit der Wahl von Donald Trump zum 45. US-Präsidenten eine Sektorrotation in Anlegerkreisen eingesetzt hat, wie Staub mehrmals betonte.

Was Zeno Staub nerövs machte

Damit meint er, dass viele Investoren, die in den vergangenen Jahren vor allem auf Wachstumswerte etwa aus dem Technologie-Sektor spekulierten, sich nun, angesichts der eher protektionistisch ausgerichteten Politik Trumps, wieder vermehrt auf Substanzwerte (rück-)besinnen.

Das hat im Ergebnis von Vontobel im vierten Quartal 2016 bereits Spuren hinterlassen, indem mindestens drei Milliarden Franken an Kundengeldern entweder abflossen oder performance-mässsig verschwanden.

Staub macht sich kaum Hoffnung, dass diese Situation in absehbarer Zeit ändern wird. Die Sektorrotation sei nun eine Realität und müsse ausgesessen werden. Bereits 1999 und vor allem 2009 kam es zu ähnlichen Veränderungen, die Staub seinerzeit (2009) noch als Asset-Management-Chef doch etwas nervös gemacht hätten, wie er am Mittwoch eingestand.

Auf der Suche nach dem neuen Gleichgewicht

Doch heute, sieben Jahre reicher an Erfahrung, nimmt der Vontobel-Chef die Lage gelassener – nicht nur, weil er auf Langfristigkeit setzt und vom Geschäftsmodell «seiner» Bank überzeugt ist, sondern weil er einige fundamentale Veränderungen, sozusagen Strukturbrüche, in der (Finanz-)Welt sieht – oder zumindest zu erkennen glaubt.

Für Staub steht fest, dass alte Gläubigkeiten, wie «freie Märkte sind der Planwirtschaft überlegen», «Demokratie schlägt Autokratie» oder «Diversität ist der Homogenität überlegen» mittlerweile ernsthaft in Frage gestellt sind. Zum einen vor dem Hintergrund einer Welt, die sich immer uneinheitlicher entwickelt und letztlich auf der Suche nach einem neuen Gleichgewicht ist.

Neue Konflikte

Trotz dieser verhaltenen Prognose sieht Staub aber gerade für Institute wie Vontobel enorme Chancen, denn die alten Gläubigkeiten werden recht eigentlich durch «neue Wahrheiten» abgelöst, wie der Bankfachmann ausführte.

«Wir müssen uns auf eine wieder verstärkt regionale, multipolare Welt ausrichten, in der Konflikte entstehen können, weil sich die Politik zum Teil in eine Zeit vor der jüngsten Globalisierung zurückbewegt», sagte Staub.

Unter diesen Prämissen sieht Staub die Vorteile einer Bank wie Vontobel in ihrer «Beweglichkeit statt in der Grösse», in ihrer intellektuellen «Geschicktheit statt in purer Stärke» und in ihrer «Authentizität statt im Vorgaukeln von Tatsachen».

Verbunden mit den weiteren Fortschritten der Digitalisierung, der Industrie 4.0 und den Vorteilen des Schweizer Finanzplatzes sieht der Vontobel-Chef für seine Bank signifikante Wachstumschancen.

Gedrosseltes Gewinnwachstum

Bis Staub auch diese Früchte wird ernten können, dürften aber doch einige Jahre ins Land ziehen. Da machte sich der Vontobel-Chef am Mittwoch auch keine Illusionen. «Wir halten an unserem mittelfristigen Investmentabsichten fest, selbst wenn das Gewinnwachstum im laufenden Jahr darunter leiden wird», erkärte Staub, der auch davon ausgeht, dass der Umbau und die damit verbundene Konsolidierung in der hiesigen Finanzbranche bestimmt noch zwei bis vier Jahre dauern wird.

«Es wird eine zunehmend stille Konsolidierung werden, in der manche Institute ganz einfach verschwinden werden und am Ende sich nur noch starke, überlebensfähige Banken gegenseitig messen», so Staub.

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