Werner Peyer gehört zu den wenigen Schweizern, die im Ausland eine Bank leiten. Der frühere UBS- und Credit-Suisse-Topmanager hat ein renommiertes Institut reorganisiert.

Wenn Werner Peyer in Zürich weilt, spürt man kaum, dass sein Lebensmittelpunkt seit sieben Jahren im Ausland ist. Zu sehr ist der langjährige Credit-Suisse- und spätere UBS-Banker noch immer mit der Limmatstadt verbunden; sei es als ehemaliger Vizepräsident der Zürcher Opernfreunde oder als Mitglied des Club Baur au Lac und der Zunft zur Schmiden – um nur einige Engagements zu nennen.

Peyers berufliches Betätigungsfeld befindet sich rund 500 Kilometer Luftlinie von Zürich entfernt, wie er im Gespräch mit finews.ch erklärt. In Monaco leitet er seit 2010 die Compagnie Monégasque de Banque (CMB). Dabei handelt es sich um ein 1976 gegründetes Finanzinstitut, das seit 1996 zum italienischen Mediobanca-Konzern gehört, und mit sechs anderen Banken das Privileg geniesst, einen bedeutenden Teil des Vermögens des Fürstenstaates zu verwalten.

Enorme intellektuelle Kapazitäten

Was wie ein Selbstläufer anmutet, ist in Tat und Wahrheit ein anspruchsvolles Unterfangen, wie Peyer selber feststellen musste, als er im März 2010 die Leitung dieses Finanzhauses übernahm. Denn damals setzte sich der Kundenkreis der CMB zu gut 80 Prozent aus Italienern zusammen. Weil in jener Zeit viele Regierungen dazu übergingen, die Steuerhinterziehung energisch zu bekämpfen und generell für mehr Transparenz in die Finanzwelt zu sorgen, musste Peyer notgedrungen das Geschäftsmodell der CMB grundlegend umbauen.

Dabei kam ihm seine Erfahrung, die er in dreissig Jahren als Schweizer Banker hatte sammeln können, sehr zugute, wie er versichert. «Grosse Institute, wie eine UBS oder eine Credit Suisse, verfügen über enorme intellektuelle und technologische Kapazitäten, von denen man extrem profitieren kann, sofern man bereit ist, sich damit auseinanderzusetzen», sagt Peyer.

Angebot aus Monaco

Die Kehrseite dieser Medaille sei indessen, dass in so grossen und mitunter schwerfälligen Institutionen viele wertvolle Initiativen oftmals auf der Strecke bleiben würden. Deshalb wechselten viele fähige Kaderleute zu kleineren Instituten, wie auch finews.ch unlängst feststellte.

Im Zuge einer von vielen Reorganisationen innerhalb der UBS war 2010 auch Peyers Job im Global Wealth Management überzählig, was ihn zwang, nach Alternativen zu suchen. Mit Peyers Abgang verlor die UBS enorm viel Management-Know-how, heisst es noch heute in Zürcher Finanzkreisen. Zog er zunächst eine Abkehr vom Banking zu Gunsten einer Karriere als Schulleiter in Betracht, verschlug es ihn schliesslich nach Monaco.

Vorbild Rainer E. Gut

Im Fürstentum am Mittelmeer konnte er sein Know-how von Grund auf in die dringend erforderliche Reorganisation der CMB einfliessen lassen, was Peyer auch ungemein motivierte. Dabei kamen ihm, wie er weiter erzählt, vor allem zwei Erfahrungen zugute – einerseits die Kundenorientierung, wie sie ihm Rainer E. Gut von der Credit Suisse seinerzeit vermittelt hatte, und andererseits die Kundensegmentierung, die er zwischen 1997 und 2002 bei seinem Abstecher zur britischen Coutts International initiiert hatte.

«Coutts segmentierte nicht nach der Höhe des Vermögens der Klientel, sondern nach der Lebenssituation des jeweiligen Kunden. Die Bank fokussierte sich beispielsweise auf Sportler und Künstler, auf Land- und Immobilienbesitzer, auf Unternehmer oder etwa Lotteriegewinner», erinnert sich Peyer und sieht darin einen wesentlichen Vorteil, um effektiv auf die Bedürfnisse eines jeden einzelnen Kunden eingehen zu können.

Akademie für Frauen

Ein vergleichbares Konzept führte Peyer bei der CMB ein. Dabei setzte er unter anderem auch einen Fokus auf Kundinnen, für die er sogar eine «Akademie» initiierte. Seither können sie sich dort das entsprechende Finanz-Know-how zulegen – ein Angebot, von dem viele Frauen rege Gebrauch machen. Mit einem Schmunzeln quittiert Peyer denn auch die kürzlich angekündigten Bemühungen seiner früheren Arbeitgeberin, der UBS, sich fortan verstärkt auf dieses Segment zu fokussieren, wie auch finews.ch berichtete.

Für Peyer war es aber auch eine Notwendigkeit, die Kundenbasis international zu verbreitern, wollte er von der Abhängigkeit der italienischen Klientel wegkommen, und darüber hinaus neue Geschäftsbereiche erschliessen.

Plattform für unabhängige Vermögensverwalter

Neben der Immobilienfinanzierung, die aufgrund des hoch entwickelten und pulsierenden Liegenschaftsmarktes in Monaco zentral ist, streckte Peyer, dank langjähriger Beziehungen in die Heimat, auch seine Fühler nach unabhängigen Vermögensverwaltern in Zürich, Genf und Lugano aus. Ihnen bot er eine verlässliche und erstklassige Bankpartnerin in Monaco an – und tatsächlich entsprach dies einem grossen Bedürfnis, so dass die CMB ihre Ertragszuflüsse weiter diversifizieren konnte.

Für die Neupositionierung der CMB genügte indessen nicht eine am Reissbrett entwickelte Strategie, sondern das Top-Management musste den Weg vorangehen, ihn sozusagen mit Werten pfaden, was Peyer ebenfalls tat. Dabei orientierte er sich an vier Grundsätzen: Kundenorientierung, kulturelle Vielfalt, Neudeutsch auch Diversity genannt, Kompetenz durch Aus- und Weiterbildung sowie Respekt der Regeln – einfache, nachvollziehbare Werte, wie Peyer einräumt, die aber vieles bewirken können, sofern sie glaubwürdig umgesetzt werden.

Substanziell gewachsen

Unter diesen Prämissen erstaunt es nicht, dass die CMB in den vergangenen Jahren substanziell gewachsen und profitabel ist. Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich von ursprünglich 150 Beschäftigten auf mittlerweile 209; das Institut weist mit einem Eigenkapital von rund 740 Millionen Euro, wobei der Regulator eigentlich nur 111 Millionen Euro fordert, eine überdurchschnittliche Solidität aus.

Das Institut mit einer Bilanzsumme von 4,34 Milliarden Franken, verwaltet mittlerweile mehr als 11 Milliarden Euro an Depots; dabei macht die italienische Klientel nur noch 20 Prozent aus, hinzu kamen Kunden aus Frankreich, Belgien, Grossbritannien, Deutschland und Übersee – allesamt versteuert.

Peyers Anstrengungen wurden im vergangenen Jahr gleich mit zwei Auszeichnungen von international renommierten Fachmagazinen gewürdigt: ‹Beste Privatbank in Monaco› durch «PWM/The Banker» und ‹Bester Kundenservice einer Privatbank in Monaco› durch «The European».

Absage von der Credit Suisse

Der Finanzplatz von Monaco hat in den vergangenen Jahren eine ähnliche Entwicklung durchgemacht wie die Schweiz: Die Transparenz geniesst oberste Priorität, während Steuerhinterziehung als Geschäftsmodell ausgedient hat.

Denjenigen, der insgesamt 32 Banken, die im Fürstentum tätig sind und die Zeichen der Zeit erkannt haben, eröffnen sich inzwischen sehr gute Geschäftsaussichten. Den anderen Instituten bleibt hingegen nichts anderes übrig, als die Segel zu streichen oder sich einem Konkurrenten anzudienen.

Im vergangenen Jahr wollte die CMB das Monaco-Geschäft der Credit Suisse (CS) übernehmen. Die Verträge standen vor Ostern unterschriftsreif bereit. Doch plötzlich vollzog die CS einen Rückzieher und verkaufte ihr Geschäft der brasilianischen J. Safra Sarasin – weil sich diese bereit erklärt hatte, auch das Geschäft in Gibraltar zu übernehmen. So scheiterte der ambitionierte Expansionsschritt CMB über Nacht.

Kandidaten für eine Neuorientierung

Der Rückzug der CS aus Monaco ist kein Einzelfall; bereits hat sich der britische HSBC-Konzern verabschiedet und der Crédit Agricole trennte sich teilweise von Kunden, wobei die CMB gewisse Kundenvermögen und neun Mitarbeiter übernehmen konnte.

Vor dem Hintergrund, dass noch einige andere Institute in Monaco ähnliche Schritte unternehmen dürften, erhofft sich Peyer weitere Übernahmemöglichkeiten. In Finanzkreisen gelten vor allem die luxemburgische KBL-Gruppe, die Banque Havilland sowie verschiedene französische Häuser als nächste Kandidaten für eine Neuorientierung.

In Kontakt mit Prinz Albert

So eröffnen sich dem 62-jährigen Peyer in den nächsten drei Jahren noch interessante Wachstums- und Entwicklungsmöglichkeiten, wie sie sich anderen Schweizer Bankern im Ausland eher selten bieten. Die CMB ist zwar im Vollbesitz des Mediobanca-Konzerns, geniesst aber als Referenzinstitut für das Private Banking der Gruppe eine weitgehende Autonomie, wie Peyer unterstreicht.

Und obschon die CMB einen einstelligen Milliardenbetrag des Vermögens des Fürstenstaates verwaltet, sitzt kein Vertreter der Familie im Verwaltungsrat oder ist geschäftlich involviert. Trotzdem besteht ein enger Kontakt namentlich zu Prinz Albert, wie Peyer verrät und schmunzelt, als er erzählt, dass er immer wieder gefragt werde, wie gut er den Prinzen kenne. Als Antwort erwidert er jeweils: «Viel wichtiger ist, dass er Sie kennt.»

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