Die in der Schweiz und in London ansässige Rothschild-Finanzgruppe expandiert in Südostasien. In der Vermögensverwaltung setzt sie dabei nun verstärkt auf persönliche Beziehungen.

henryho rothschild 160Nach einer langen Karriere im Bankwesen, mit mehreren überstandenen Finanzkrisen und Terroranschlägen sitzt Henry Ho (Chinesisch: Ho Hon Cheong) für das Gespräch mit finews.ch im Büro von Rothschild in Singapur. Der 62-jährige Malaysier (Bild links) ist eben aus Kuala Lumpur angereist, wo er seinen Lebensmittelpunkt hat; nun aber häufig im Stadtstaat anzutreffen ist, aber auch im übrigen Südostasien, seit er vor gut einem Jahr die Rolle eines nicht-exekutiven Verwaltungsrats beim ehrwürdigen Rothschild-Imperium übernommen hat.

Nachdem das Geldinstitut in Asien im Verlauf der 1980er-Jahre vor allem Investmentbanking expandierte, in der Folge aber wieder etwas an Bedeutung verlor, will die Gruppe nun neben ihrem bisherigen Ertragspfeiler vor allem im Wealth Management, also in der Vermögensverwaltung für sehr vermögende Privatkunden und Familien, wachsen. Genau in dieser Domäne soll Henry Ho seine Wirkung entfalten. Neben dem fachlichen Know-how braucht es dazu vor allem eins: erstklassige Beziehungen; und diese bringt Ho aufgrund seines Backgrounds mit.

Eigentlich in Rente

Dabei hätte der Malaysier nach seiner langen Berufskarriere eigentlich in Rente gehen wollen. Doch als ihn der Ruf der wohl nobelsten Familie im Banking erreichte, konnte er nicht Nein sagen. Bei Rothschild hatte man umgekehrt allen Grund dazu, Henry Ho anzuwerben. Denn seit den 1980er-Jahren zählt er zu den erfahrensten Bankern in Asien.

Zwar studierte er in den 1970er-Jahren zunächst Ingenieurswesen und arbeitete kurze Zeit auf diesem Beruf. Doch dann zog es ihn für ein Studium nach Kanada, wo er die Bedeutung der aufstrebenden Finanzbranche so richtig realisierte und in der Folge, zurück in Malaysia, 1981 bei der Citibank anheuerte. Das war der Grundstein für seine mittlerweile gut 35-jährige Karriere im Banking, die ihn nach Thailand, Indonesien, Singapur und auch nach Saudi Arabien führte, wo er 2002 aus purem Zufall sogar einem Terroranschlag entging – und was ihn alsbald bewog, das Land wieder zu verlassen.

Banker mit Zen-Attitüde

Als Chef der Citibank in Thailand erlebte er 1997 die Asienkrise unmittelbar, was ihm seinerzeit manch schlaflose Nacht bereitete, wie er im Gespräch einräumt. Obschon die Bank auf widrige Zeiten durchaus vorbereitet war, brach das Geschäft zeitweilig ganz zusammen, wie sich Ho erinnert. Doch auch in solchen Moment gilt es, Entscheide zu treffen, gerade mit dem Wissen, dass sich im Geschäftsleben früher oder später alles wieder einrenkt, ausbalanciert, «was nach oben geht, kommt wieder herunter und umgekehrt», sagt Ho, dem man in der Branche eine Art «Zen-Attitüde» nachsagt.

Gut möglich, dass es gerade diese Eigenschaft war, welche man beim Singapurer Staatsfonds Temasek bemerkte. Nicht lange nach seinem Abstecher nach Saudi Arabien erhielt Ho ein Jobangebot, so dass er einige Jahre die Bank Internasional Indonesia (BII) leitete, an der Temasek beteiligt war.

Im Sold des Staatsfonds

Im Jahr 2009 kehrte Ho nach Singapur zurück, wo er die ein Jahr zuvor ausgebrochene globale Finanzkrise unmittelbar erlebte. In diesem Umfeld scheiterte auch der Versuch, die Singapurer DBS Bank, an der Temasek bis heute beteiligt ist, mit der indonesischen Bank Danamon zu fusionieren. Allzu viele politische Befindlichkeiten vereitelten jedoch den Deal.

Ho wurde Managing Director bei Temasek, wo er im Sog der Finanzkrise eine Reihe von gestrauchelten Unternehmen aufspürte, in welche der Staatsfonds investierte, zumeist mit grossem Erfolg, wie sich bald herausstellen sollte. Parallel dazu übernahm er diverse Beratungsmandate, etwa bei den Singapurer Fullerton Financial Holdings und Temasek International sowie als Verwaltungsrat bei PT Chandra Asri in Indonesien, AIA Singapore und der Alliance Bank in Malaysia.

Dem Kapitalerhalt verpflichtet

Der Rest ist Geschichte. Kaum hatte Ho 2015 beschlossen, in Pension zu gehen, gelangte die Rothschild Bank an ihn, und eröffnete ihm den Plan, das Geschäft in Südostasien auszubauen. Wie er im Gespräch erklärt, gefällt ihm vor allem der Ansatz, als Bank zu agieren, die dem Kapitalerhalt zu verpflichtet ist.

«Wir sind nicht da, um Ihnen die nächsten 50 Millionen Dollar zu geben, sondern um Ihre 50 Millionen Dollar über die Zeit zu erhalten», erklärt Ho und sieht vor dem Hintergrund der zunehmenden Vermögensübertragung von der Unternehmensgründer-Generation in Asien an die nächste ein enormes Geschäftspotenzial, das die Bank mit ihrem Namen anzapfen kann.

Ab 25 Millionen Dollar

Rothschild verfügt in Asien nicht über eigene Buchungsplattform, sondern leitet das Geld weiter entweder nach London oder in die Schweiz. Für viele Asiaten stellt dies eine willkommene Diversifikation dar, gerade im Segment der sehr vermögenden Privatkunden (ab rund 25 Millionen Dollar), die Rothschild betreut.

Ho betont im Gespräch auch, dass es der Bank nicht darum gehe, Finanzprodukte der Klientel zu verkaufen, sondern umfassende Finanzplanung zu bieten, etwa auch mit Trusts oder Custody-Dienstleistungen. Langfristig sieht er ein enormes Wachstumspotenzial mit dem stetig wachsenden Wohlstand nicht nur in China, sondern auch in Ländern wie Indonesien, Vietnam und Malaysia. Vor diesem Hintergrund sei Singapur als Finanzdrehscheibe auch künftig ideal positioniert, selbst wenn sich die Wachstumskräfte in der Region in jüngster Zeit etwas verlangsamt hätten.

Dieses Jahr wird besser

«Aber schon dieses Jahr wird besser sein als 2016», sagt Ho. Viele Leute sind derzeit zu pessimistisch nach den Erfahrungen vom vergangenen Jahr mit dem Brexit, der Börsenschwäche in China und der Wahl von Donald Trump.» China habe bereits eine Vielzahl von Problemen adressiert, in Indien setzten sich die Reformen langsam durch, der Ölpreis habe sich stabilisiert und asiatische Schwellenländer würden in der Gunst der Investoren wieder steigen, findet Ho, was möglicherweise auch mit seiner Zen-Attitüde des Ausgleichs zusammenhängt.

Insofern sei nun eine gute Zeit, um Kunden zu treffen, sagt er, der ungefähr alle zwei Wochen von Kuala Lumpur nach Singapur einfliegt, um sein Mandat bei Rothschild wahrzunehmen.

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