Die Konsequenzen aus dem Debakel im Vorjahr hat Leonteq-Präsident Pierin Vincenz gezogen. Darum sitzt CEO Jan Schoch beim Derivate-Spezialisten nun wieder fest im Sattel und verströmt neue Zuversicht.  

Vor der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen des Derivate-Spezialisten Leonteq diesen Donnerstag schien vieles möglich: Eine Entmachtung des CEO und Mitgründers Jan Schoch, ein neues Management, weitere, einschneidende Massnahmen zur Restrukturierung des angeschlagenen Fintech-Überfliegers, Änderungen in der Strategie.

Doch die grosse Veränderung bei Leonteq geschah – nach einem knapp erreichten Halbjahresgewinn – nicht im operativen Bereich, sondern im Verwaltungsrat.

Eine unglückliche Figur

Dort nehmen demnächst sowohl der Präsident Pierin Vincenz als auch der CEO von Raiffeisen, Patrik Gisel, den Hut – sobald entsprechende Nachfolger gefunden sind.

Vincenz Abtritt kommt unvermittelt und erst 18 Monate nach seiner Wahl ins Präsidium. Doch die Demission kommt nicht ganz überraschend: Der Leonteq-Präsident hatte vergangenes Jahr eine unglückliche Figur gemacht, als das Unternehmen mitten in der sich anbahnenden Krise an einer Investorenkonferenz den Geschäftsverlauf noch in bestem Licht dargestellt hatte, um dann wenige Zeit später einen Jahresverlust anzukündigen.

Stricke zerrissen

Zudem war Vincenz insgesamt fast sechs Jahre im Verwaltungsrat von Leonteq und massgeblich für die Strategie – und damit auch für die begangenen Fehler – mitverantwortlich.

Zwischen Vincenz, der als Raiffeisen-Chef den Kauf der Leonteq-Beteiligung von 30 Prozent und die enge Kooperation mit dem jungen Unternehmen eingefädelt hatte, und Schoch waren die Stricke danach zerrissen. Intern war von Schuldzuweisungen und einem Machtkampf zu hören.

Keine Rede von einem Streit

Der Eintritt von Rainer-Marc Frey als neuer Aktionär befeuerte das Konfliktfeld noch. Denn es war klar, dass der Hedgefonds-Investor Frey nicht als stiller Teilhaber zu Leonteq gekommen war.

Mit Vincenz' Rückzug ist Schochs Position bei Leonteq offenbar wieder gefestigt. Von einem Streit mit seinem früher einmal engen Verbündeten Vincenz will der CEO aber dennoch nichts wissen. Auf eine entsprechende Frage der «Finanz und Wirtschaft» (Artikel bezahlpflichtig) antwortete Schoch relativ unwirsch: «Wieso fragen Sie das?».

Kontrovers diskutiert, aber immer konstruktiv

Es habe keinen Machtkampf gegeben, sagt Schoch weiter. Er räumt ein, dass Verwaltungsrat und Geschäftsleitung während der «schwierigen Restrukturierungsphase» zwar «kontrovers» diskutiert hätten. Doch sei dies wichtig gewesen, und er sei vom Verwaltungsrat intensiv unterstützt worden. «Das lief immer konstruktiv ab», versichert Schoch.

Zum Rücktritt Gisels fügte er bei, dass anstatt ihm ein anderes Geschäftsleitungsmitglied von Raiffeisen Einsitz in den Leonteq-Verwaltungsrat nehmen werde. Den Rücktritt Gisels will er nicht in die Richtung gedeutet haben, dass Raiffeisen die Bande zu Leonteq langsam kappen möchte.

Nothelferin Raiffeisen

Genau dies möchte Gisel allerdings schon länger tun. Der Raiffeisen-Chef macht kein Geheimnis daraus, dass er die 30-Prozent-Beteiligung der Genossenschaftsbank an Leonteq gerne abbauen möchte. Der massive Kurseinbruch der Leonteq-Aktie machte solchen Plänen allerdings vorläufig einen Strich durch die Rechnung.

Wie stark Leonteq vom Wohlwollen Raiffeisens abhängig ist, zeigt sich auch in der Präsentation des Halbjahresergebnisses. Dass Leonteq bereits wieder in den schwarzen Zahlen ist, verdankt der Dienstleister für Strukturierte Produkte vor allem der Genossenschaftsbank. Diese baute den Vertrieb von Produkten auf der Leonteq-Plattform deutlich aus; an neue Länder und Kundengruppen, wie es heisst.

Jan Schoch verströmt neue Zuversicht

Schoch sagt dazu, Raiffeisen habe die langfristige und strategische Zusammenarbeit mit Leonteq als Kooperationspartner wie auch die Finanzanlage in Leonteq deutlich bestätigt. «Damit bleibt die Bank auch für uns ein sehr wichtiger Partner.»

Zur Rolle des neuen Investors Frey im Zusammenhang mit den personellen Änderungen und gestellten Forderungen wollte sich Schoch, der selber an Leonteq noch 7,5 Prozent hält, nicht äussern. Doch habe Freys Engagement dem Markt Vertrauen signalisiert, «und das kam nicht nur bei den Aktionären, sondern auch bei unseren Kunden gut an».

Schochs Selbstvertrauen ist offensichtlich wieder gestärkt. Er schlägt optimistische Töne an, wenn er sagt. «Die Nachfrage nach Strukturierten Produkten wächst weiter, der Ertrag entwickelt sich positiv, die Kosten werden sinken.» Auch bezüglich neuer Partner gehe er davon aus, «dass sich hier in den nächsten sechs Monaten substanziell etwas tun wird.»

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