Banken sehen sich als Partner ihrer Kunden und meinen sie gut zu kennen. Doch da liegen die Institute vielfach falsch, sagt der Digitalchef des IT-Spezialisten Inventx, Peter Schnürer, im Gespräch mit finews.ch.

«Banken drohen ihre Alleinstellungsmerkmale zu verlieren», warnt Peter Schnürer, seit Anfang Juli Digitalchef beim Banken-IT-Spezialisten Inventx, im Gespräch mit finews.ch. 

Kundenberater verstehen sich oft als Banker des Vertrauens – insbesondere gegenüber der wohlhabenden Kundschaft. Sie sehen sich als Hüter der Informationen, sei es privat oder geschäftlich.

Blockchain als Vertauensersatz

Doch das zwischenmenschliche Vertrauen bekommt Konkurrenz von einer vielversprechenden Technologie, der Blockchain. «Vertrauen ist quasi das Abfallprodukt der Blockchain», erklärt Schnürer, der seit 2015 in der Geschäftsleitung des Churer IT-Unternehmens sitzt. Erst seit kurzem ist er dort Digitalchef, zuvor hatte der Bereich Professional Services Banking geleitet.

Die Blockchain-Technologie generiert ein fälschungssicheres Transaktionsprotokoll und funktioniert wie ein Kontobuch. Mit dem Unterschied, dass die Richtigkeit nicht durch eine zentrale Instanz – also eine Bank – gewährleistet wird, sondern durch ein neutrales, unabhängiges Netzwerk aus Tausenden von Rechnern, die sich gegenseitig überwachen.

Das Bahnbrechende an der neuen Technologie ist, dass sie Vertrauen zwischen Akteuren schafft, ohne dass diese sich kennen müssen. Bankkunden können Gelder und andere Vermögenswerte sicher über sogenannte Smart Contracts austauschen, verleihen oder investieren, ohne dabei ihren Banker des Vertrauens miteinzubeziehen.

Enormes Einsparpotenzial

Erste erfolgreiche Anwendungen der Blockchain im Banking gibt es laut Schnürer bereits und zwar im internationalen Zahlungsverkehr mit der Firma Ripple. Hierbei handelt es sich zwar auch um eine virtuelle Währung, es kann aber auch mit Real-Währungen gehandelt werden. Das Prinzip von Ripple besteht aus der Verifizierung von Schuldscheinen.

Die Kontostände sowie Schuldner-Gläubiger-Verhältnisse sind innerhalb des Netzwerkes für jeden offen einsehbar. Damit soll sichergestellt werden, dass Geld, das bei einer Bank liegt, auch tatsächlich wieder ausbezahlt werden kann.

Weitere Anwendungsfälle sind im Compliance denkbar: Heute betreibt eine Bank viel Aufwand, um die Einhaltung der regulatorischen Auflagen sicherzustellen und für den Regulator zu dokumentieren. 

Auf der Blockchain könnte der Regulator künftig selbstständig in Echtzeit die erforderlichen Auswertungen durchführen, während die Bank über manipulationssichere Smart Contracts bereits im Vorfeld sicherstellt, dass es gar nicht erst zu Regelverstössen kommen kann. In dieser sogenannten Upfront-Compliance liege enormes Einsparpotenzial, so Schnürer. 

Big Data und Kundennähe

Ein weiteres entscheidendes Merkmal für den künftigen Erfolg einer Bank oder eines unabhängigen Vermögensverwalters ist die Kundennähe. Je besser das Finanzinstitut die Bedürfnisse die Kundschaft begreift, umso individuellere Dienstleistungen können produziert werden.

Hier haben die Banken laut Schnürer noch Aufholbedarf. «Viele Institute glauben, ihre Klientel zu kennen. Doch de facto stochern sie oft im Nebel».

Wenn die Banken dazu übergehen, eine umfassende Datenanalyse der zur Verfügung stehenden Informationen über ihre Kunden zu erstellen und zu verwerten, könnten sie ihre Kunden viel proaktiver und individueller bedienen, so Schnürer weiter.

Banken bewegen sich

In den Jahren zuvor war die Mehrheit der Schweizer Privatbanken mit der Abarbeitung von rechtlichen Altlasten beschäftigt. Investitionen in die Optimierung der Kundenbeziehung durch technologische Mittel wurden keine Priorität eingeräumt.

Nun haben sie aber die Hände frei und einzelne Banken nehmen sich diesem Thema an, wie beispielsweise die Zürcher Privatbank Maerki Bauman, wie auch finews.ch berichtete. 

Unlängst hat auch der COO der UBS, Axel Lehmann, in einem Interview gesagt, dass Roboter und Künstlicher Intelligenz das Bankgeschäft in den kommenden vier bis acht Jahren fundamental verändern werden. 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.02%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel