Im Asset Management zielt Lombard Odier auf Rentabilität und nicht auf das Volumen, erklärt Patrick Odier, im Interview mit finews.ch. Zudem äussert er sich zum hohen Kosten-Ertrags-Verhältnis.


Herr Odier, Sie verzeichneten im ersten Semester 2017 Nettoneugeldzuflüsse von zwei Milliarden Franken. Sind Sie damit zufrieden?

Grundsätzlich schon. Unser Ziel ist es, auf lange Sicht im Gleichschritt mit der Branche zu wachsen. Wir gehen davon aus, dass auch im zweiten Halbjahr die Zuflüsse anhalten werden. Lombard Odier hat in der Vergangenheit zusätzliche Ressourcen im Private Banking aufgebaut. Diese Investitionen in organisches Wachstum beginnen sich nun auszuzahlen.

Die Neugelder stammen in etwa zu je einem Drittel aus unseren Schlüsselregionen Schweiz, Europa und den Schwellenländern. Eine solche Balance wollen wir auch in Zukunft halten.

Das grösste Wachstumspotenzial liegt aber in Asien.

Wir verfolgen seit rund fünf Jahren in den Schwellenländern eine ganz andere Strategie als unsere Konkurrenten, und zwar eine sogenannte «Rainy-Weather-Fund-Strategie». Will heissen: Wir konzentrieren uns auf die fünf bis zehn Prozent der Gelder, die Kunden risikosicher angelegt haben wollen, und die auch eine Rezession oder Börsencrash überstehen würden. In diesem Bereich des Mandatsmanagements zielen wir auf die Marktführerschaft oder mindestens auf die Nummer zwei oder drei.

Im Asset Management läuft es aber eher schleppend oder täuscht der Eindruck?

Wir sind noch nicht dort, wo wir gerne wären. Aber es gilt zu bedenken, dass Lombard Odier das Geschäft erst vor rund zehn Jahren neu aufgebaut hatte. Es braucht folglich Zeit, bis wir einen Track Rekord aufweisen. Bislang haben die Anlagestrategien positive Renditen erwirtschaftet. In gewissen Bereichen sind wir sogar schon ein wichtiger Marktplayer geworden, zum Beispiel bei den Wandelanleihen.

«Wir erwarten einen grossen Betrag an Custody-Geldern»

Wir zielen im Asset Management auf Rentabilität und nicht primär auf Volumen und haben in diesem Kontext auch Mandate, die nicht rentabel genug waren oder durch zusätzliche Regulationen unattraktiv geworden sind, abgestossen. Dazu gehörte zum Beispiel das holländische Fiduciarymanagementgeschäft.

Im dritten Standbein, dem Technologiebereich, bietet Lombard Odier Finanzinstituten zentrale Informatik- und Bankoperationsdienstleistungen an. Wie sieht hier die künftige Geschäftsentwicklung aus?

Im Technologiebereich erwarten wir stärkeres Wachstum aufgrund der Migration der luxemburgischen KBL-Finanzgruppe auf unsere Bankenplattform. Die Migration wurde formell per Anfang Juli abgeschlossen. Hier erwarten wir in den kommenden Monaten einen sehr grossen Betrag an Custody-Geldern.

Die Nachfrage von Finanzinstituten, die auf unsere Plattform wollen, ist sehr stark. Da es sich aber um unsere eigene Plattform handelt, sind wir sehr selektiv in der Auswahl unserer Partner. Die Warteliste ist lang. Mit etwa 300 Milliarden auf unserer Plattform, haben wir in Europa mittlerweile einen Marktanteil von 15 Prozent erreicht – UBS und Credit Suisse ausgenommen. 

Im Bankentechnologiebereich hat Lombard Odier im letzten Jahr den Personalstock erhöht. Geht es in diesem Takt weiter?

Nein, auf der Technologieseite haben wir den Höhepunkt überschritten. Lombard Odier hat letztes Jahr fast 45 Millionen Franken in die Plattform gesteckt, um sie europafähig zu machen. Dazu mussten wir diverse Spezialisten engagieren.

«Im Vertrieb und Asset Management haben wir aufgestockt»

Im Vertrieb, im Asset Management und im Private Banking werden wir hingegen Personal aufstocken. Unter dem Strich bleibt somit unser Personalbestand bei rund 2'300 Mitarbeitenden konstant.

Mit 82 Prozent ist das Aufwand-Ertrags-Verhältnis im branchenvergleich eher hoch. Was unternehmen Sie dagegen?

Das Aufwand-Ertrags-Verhältnis ist mit 82 Prozent etwas besser als letztes Jahr, und wir sind daran, es weiter zu verbessern. Es reflektiert aber auch unsere Investitionen. Wir haben letztes Jahr grosse Beträge in den Bereich Bankentechnologie investiert. In diesem Jahr flossen zusätzliche finanzielle Mittel in den Vertrieb und ins Asset Management. Unser Ziel ist, den Wert auf den brancheüblichen Wert in Richtung 70 Prozent zu bekommen. Im Private Banking ist es bereits geschafft.

«Uns ist organisches Wachstum lieber als Übernahmen»

In diesem Kontext gilt es folgende Eigenheit zu berücksichtigen. Würden wir unsere IT-Investitionen aktivieren, etwas das andere Banken üblicherweise tun, dann würde unser Aufwand-Ertrags-Verhältnis deutlich tiefer ausfallen. Die Grossbanken schieben Investitionen in IT-Entwicklungen in drei bis vierstellige Millionenbeträgen vor sich her.
Lombard Odier schreibt IT-Investitionen aber nahezu vollständig ab.

Lombard Odier ist in ihrer 221-jährigen Geschichte nur organisch gewachsen – die Fusion mit Darier Hentsch ausgeschlossen. Wann kommt die erste Akquisition?

Uns ist organisches Wachstum lieber als Übernahmen. Dennoch verfolgen wir den Markt sehr genau.

Ist denn was Konkretes auf dem Radar?

Uns werden laufend Verkaufskandidaten vorgestellt. Essentiell ist aber, dass die Einheit kulturell zu uns passt und sich auch in die Struktur integrieren lässt. Wir haben sehr viel Zeit, Energie und Geld in den Aufbau unseres neuen Geschäftsmodells gesteckt.

Ihre Bankenplattform könnte durchaus als Konsolidierungsinstrument fungieren.

Derzeit konsolidieren wir die Backoffice-Prozesse von ausgewählten Partner-Banken auf unserer Plattform. Es gibt neben der Vollübernahme, die mit diversen Risiken und Problemen belastet sind, viele andere Wege zu wachsen.


Patrick Odier (1955) ist seit 2014 Präsident des Verwaltungsrats der Bank Lombard Odier und seit dem 1. Juli 2008 Seniorpartner und geschäftsführender Teilhaber der Lombard Odier Gruppe. Odier trat 1982 in die Lombard Odier Gruppe ein, bevor er 1986 Teilhaber wurde. Der Ökonom und Inhaber eines MBA in Finanzwissenschaften ist seit 2009 im Vorstand des Schweizer Wirtschaftsdachverband economisuisse und präsidierte die Schweizerische Bankiervereinigung während sieben Jahren bis September 2016. 

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