Noch beobachtet Efi Pylarinou in der Blockchain-Finanz viele verrückte Experimente. Doch innert zwei Jahren werden sich Finanzkonzerne um die Startups reissen, sagt die Fintech-Expertin zu finews.com.


Frau Pylarinou, Sie haben einen Bericht zur Bedeutung der Blockchain-Technologie in der Vermögensverwaltung verfasst. Was ist Ihnen am meisten ins Auge gesprungen?

Blockchain-Startups sind sozusagen die Avantgarde der Fintech-Szene und haben die klare Absicht, das Finanzwesen zu disruptieren. Natürlich steckt vieles in den Kinderschuhen und ist wenig bis gar nicht reguliert – das gilt gerade für dezentrale Lösungen. Es wird viel experimentiert, und die verrücktesten Dinge gehen vor sich.

Gibt es denn schon Greifbares?

Die Firma Codefi finde ich interessant. Sie nutzt die Technologie der Firma Consensys und arbeitet mit traditionellen Vermögensverwaltern zusammen. Ficas wiederum lancierte das erste aktiv gehandelte Zertifikat auf Kryptowährungen, das an der Schweizer Börse SIX gelistet ist.

«Wir müssen sicherlich geduldig sein»

Beide Firmen schlagen auf diese Weise eine Brücke von der Alten zur Neuen Welt.

Das gelingt nicht allen Startups. Wie viele von diesen Firmen kommen dereinst im Mainstream an?

Es ist, als würde man Puzzle-Teile bauen, um sie dann zu einem Ganzen zusammenzusetzen. Das geht anfangs langsam – und zuweilen dann sehr schnell.

Gibt es Anzeichen, wann es soweit ist?

Schwer zu sagen. In einigen Bereichen wie etwa der Aufbewahrung von Kryptoanlagen hat es eine solche Beschleunigung gegeben. Wir finden dort nun eine Reihe grossartiger Angebote.

Finden das auch die traditionellen Finanzdienstleister?

Namhafte Finanzfirmen wie etwa Fidelity haben schon gehandelt – das amerikanische Fondshaus hat selber Aufbewahrungsdienste aufgebaut. Der Broker TD Ameritrade wiederum bietet nun auch Digitalportefeuilles für Kryptowährungen an.

Von diesem «buy-in» spüren allerdings die Bankkunden noch wenig.

Wir müssen sicherlich geduldig sein. Die alten Kernbanken-Systeme sind noch nicht mal zu 50 Prozent an die Anforderungen der heutigen Fintech-Welt angepasst worden.

«Die richtigen Leute sind nicht einfach zu finden»

Da kann man sich vorstellen, was es heisst, Blockchain als Finanz-Infrastruktur zu nutzen.

Aber das Interesse des traditionellen Häuser geht ja gerade in Richtung Infrastruktur, und höchstens noch in Richtung Tokenisierung.

Fintechs wie der Krypto-Broker Lykke oder die Blockchain-Konto-Bauerin Crescofin tüfteln an einer interessanten Infrastruktur. Diese Innovationen werden dereinst eine grösseren Wandel in der Branche anstossen. Umso wichtiger ist es, dass sich Vermögensverwalter jetzt schon damit vertraut machen.

Und, machen sie’s?

Ich glaube, die beiden Seiten haben sich einige Male zu einem Date getroffen, aber nur im Geheimen. Die richtigen Leute und die vielversprechenden Angebote sind nicht einfach zu finden. Das Krypto-Geschäft findet weitgehend abseits der Börsen statt, da braucht es Netzwerke – nicht unähnlich dem traditionellen Anleihenhandel.

Also bräuchte es mehr regulierte Börsen?

Wir haben nicht genug Handelsvolumen bei den regulierten Börsen, weil es zuwenig Token-Börsen hat. Regulatoren finden es zudem schwierig, exotische Ideen mit viel Potenzial zu kategorisieren.

Das schwingt auch die Furcht vor Geldwäsche mit, oder?

Es gibt in allen Märkten kriminelle Aktivitäten – das ist bei Kryptowährungen nicht anders. Die meisten Akteure im Bereich der digitalen Anlagen wären aber froh, wenn der Regulator ihnen einen Rahmen stecken würde, nachdem sie ihre Geschäfte überprüfen können.

«Das grösste Risiko ist die Besteuerung»

Das ist mit ein Grund, warum viel Handel im eigentlich dezentralen Blockchain-Business über zentrale, regulierte Börsen abläuft.

Wie lange geht es noch, bis Schwergewichte wie die UBS auf die Tokenisierung aufspringen?

Ich denke, in weniger als zwei Jahren werden wir mehrere Akteure sehen, die eine Lizenz dafür beantragen. Es wird auch mehr Partnerschaften in dem Bereich geben, wenn nicht gar Übernahmen.

Wir der gegenwärtige Bullenmarkt für Krypto-Investments wie Bitcoin diese Entwicklung beschleunigen?

Leider kämpft derzeit der ganze Sektor mit dem Rückgang von Finanzierungen. Das kann negative Auswirkungen auf die Weiterentwicklung haben.

Sind das ausbleibenden Geld oder die Regulation die grösste Gefahr für digitale Anlagen?

Das grösste Risiko ist meiner Meinung nach die Besteuerung. Wenn ein Regierung entscheidet, das Wachstum von Krypto-Startups zu bremsen, indem sie die Firmen stärker besteuert, hat das schwerwiegende Folgen. In den USA führte die Diskussion darüber, ob Krypto-Assets Wertschriften sind und wie diese reguliert und besteuert werden müssen, schon zur Abwanderung zahlreicher Firmen.


Efi Pylarinou ist eine unabhängige Fintech- und Blockchain-«Influencerin», die ihre Finanzkarriere 1993 bei Salomon Brothers im Bereich von Fixed-Income-Derivaten startete.  Zusammen mit Simon Ramery hat sie kürzlich einen Report über die Anwendung der Blockchain im Wealth- und im Asset Management geschrieben.  Pylarinou lebt in Fribourg und hat einen Doktortitel in Finance der Universiät von Tennessee-Knoxville.  

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