Beim Debakel rund um die gesperrten Greensill-Fonds der Credit Suisse wurden Warnsignale zuhauf missachtet. Der langjährige Risikochef der insolventen Finanzfirma Greensill Capital zeigt nun ebenfalls mit dem Finger.

Der frühere Risikochef von Greensill Capital ist ein gefragter Mann. Eben hat das Londoner Startup Finverity Brett Downes (Bild unten) in der gleichen Position angeheuert, die er zuvor bei der Pleite gegangenen australisch-britischen Finanzfirma innehatte. Das wie Greensill in der Debitorenfinanzierung tätige Unternehmen erhofft sich von Downes eine Erweiterung der Risikofähigkeit der eigenen Plattform, wie einer Mitteilung von Anfang Woche zu entnehmen war.

Finverity zählt dabei auf «die enorme Erfahrung», die der neue Manager mitbringt. Dieser wiederum nimmt zu Greensill Capital kein Blatt vor den Mund.

Rote Flaggen zuhauf

Tatsächlich nimmt sich Downes einstige Arbeitgeberin wie der Traum oder aber der Alptraum jedes Risikomanagers aus – je nach Blickwinkel. Nachdem die Grossbank Credit Suisse (CS) letzten April ihre Greensill-Fonds mit anfänglich mehr als 10 Milliarden Dollar an Vermögen geschlossen hatte, fehlte es der Finanzfirma an ihrer wichtigsten Finanzierungsquelle; sie musste Insolvenz anmelden. Der CS ist es bis heute nicht zur Gänze gelungen, die Gelder der Greensill-Investoren zurückzuzahlen.

Hingegen finden sich in dem weltumspannenden Debakel immer mehr Warnsignale, die teils früh auf den drohenden Kollaps hinwiesen, aber zuwenig beachtete wurden. Auch finews.ch hat verschiedentlich über diese «red flags» berichtet.

brett downes 500

(Bild: Linkedin)

Jahrzehntelange Erfahrung

In der Schweiz hat dazu die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) Ermittlungen bei der CS gestartet; in Grossbritannien beugt sich die für die Verfolgung von schweren Betrugsdelikten zuständige Behörde SFO über den Fall Greensill, was dem Komplex auch eine strafrechtliche Dimension verleiht. Der Greensill-Gründer Lex Greensill hat jüngst wieder sämtliche Verantwortung fürs Debakel von sich gewiesen. Doch der britische TV-Sender «BBC» recherchierte, dass man bei Greensill schon Anfang 2020 wusste, dass die Hauptschuldnerin GFG Alliance in finanziellen Schwierigkeiten steckte.

Auch Downes sass in berufener Warte, um die drohende Gefahr für die Firma Greensill und deren Sponsoren zu erkennen. Der Australier, der seine Karriere in den 1990er-Jahren bei der National Bank of Australia begann und im Anschluss für grosse internationale Häuser wie Barclays, Commerzbank und Citi tätig war, sah sich deshalb bei seinem Antritt bei Finverity zu einen Statement genötigt. Wie konnte ein Banking-Veteran mit mehr als drei Dekaden Erfahrung all diese Signale nur übersehen?

Kaltgestellt?

Eine Rechtfertigung, die Downes nun auch geflissentlich anführt, ist seine Relegation aufs Nebengleis. Seit 2015 bei Greensill Capital, hatte ihn der Verwaltungsrat von Greensill Capital im Mai 2020 gebeten, eine ausgedehnte berufliche Auszeit bis ins Jahr 2021 zu nehmen. In dieser Zeit wurde er zum Vize-Präsidenten der Risikoüberwachung ernannt, eine klassische «Frühstücksdirektoren»-Rolle.

«Das Richtige zu tun und auf Gefahrensignale hinzuweisen, kann manchmal dazu führen, dass man zur Seite gedrängt wird», heisst es dazu nun vielsagend in der Mitteilung von Finverity.

Technologische Mängel

Hatte der Greensill-Verwaltungsrat Anfang 2020 einen unbequemen Mahner zum Schweigen gebracht? Jedenfalls hält Downes im nachhinein nicht mit Kritik hinter dem Berg. Der Mangel einer robusten, in «real-time» funktionierenden Technologie-Plattform sei ein Faktor, der beim Untergang von Greensill noch viel zu wenig Beachtung finde, gibt der einstige Risikochef zu bedenken. «Wenn Greensill so gut ausgerüstet gewesen wäre wie nun Finverity, hätte die Geschichte ganz anders ausgehen können», liess er sich weiter zitieren.

Allerdings muss der Experte sich die Frage gefallen lassen, warum es ihm in fünf Jahren bei Greensill nicht gelungen ist, als Mitglied des Managements Verbesserungen bei der Plattform durchzudrücken. Auf seine Dienste zurückgekommen ist am Ende der Konkursverwalter Grant Thornton: Dieser hat Downes vom vergangenen März an bis zu dessen Sprung zur Konkurrenz eingespannt, um für Investoren wie die CS Gelder aus dem weit verzweigten Finanzierungsnetz zurückzuholen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.57%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.88%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel