Mit Gilles Stuck als Schweiz-Chef will Julius Bär die Marktstrategie vereinheitlichen. Die Lesart der Ernennung könnte auch sein: Ein Schweiz-Chef ist notwendig, um das Geschäft hierzulande auf Vordermann zu bringen. Ist da was dran?

Mit Gilles Stuck hat Julius Bär wieder einen Chef für den gesamten Schweizer Markt. Das war zuletzt nicht der Fall gewesen: Die Privatbank hatte ihren Heimatmarkt seit Ende 2019 in drei Subregionen aufgeteilt: Andreas Feller leitete die Deutschschweiz, Emmanuel Debon die Romandie und Ettore Bonsignore die italienische Schweiz.

Diese bisherige Organisationsstruktur für die Schweiz wird am kommenden 1. November keine zwei Jahre in Kraft gewesen sein. Nun ist wieder alles anders: Stuck, der für Bär bislang den Bereich Structured Finance leitete, solle für den Schweizer Markt eine einheitliche Strategie umsetzen, so Julius Bär am Dienstag.

Wenig Bekanntes zum Schweizer Geschäft

Man ist überrascht: Existierte für den Heimmarkt bisher keine kohärente und abgestimmte Strategie? Julius Bär hat sich in den letzten Jahren darin hervorgetan, die Führungsstrukturen immer wieder neu anzupassen. Die Leitungsposition des Schweizer Marktes schien dabei nicht etwas zu sein, was die Privatbank in den letzten Jahren besonders viel Beachtung geschenkt hatte.

Wie es um das Schweizer Geschäft bei Julius Bär steht, ist eine grosse Unbekannte. Die Bank selber macht nur qualitative Angaben. Zum Halbjahresresultat hatte es im vergangenen Juli geheissen, die Kundenvermögen hätten vom Marktumfeld profitiert und einen sich verbessernden Trend bei den Zuflüssen gezeigt. Die Erträge seien gestiegen und die «Profitabilität blieb gut gestützt».

Wenig Schweizer Gewicht im Gesamtgeschäft

Auf Nachfrage bei Julius Bär hiess es erneut, das Schweizer Geschäft sei profitabel und der Managementwechsel erfolge nicht etwa, weil Wachstumsziele in der Schweiz verfehlt worden seien. Etwas mehr Aufschluss zum Bär-Heimmarkt liefert eine bei der Halbjahres-Präsentation gezeigte Aufteilung der verwalteten Vermögen nach Regionen: Schweizer Kunden machten demnach 14 Prozent der gesamten verwalteten Vermögen aus, die per Ende Juni 2021 68 Milliarden Franken betrugen.

Ein Jahr zuvor hatte Julius Bär diese Aufteilung auch gezeigt: Auch Mitte 2020 hatte der Schweizer Anteil an den verwalteten Vermögen rund 14 Prozent betragen. Das waren damals noch 56,3 Milliarden Franken gewesen. Demnach lief es in der Schweiz in den vergangenen zwölf Monaten recht gut, der Markt wuchs im Gleichschritt mit der Gesamtbank.

Das Zwischenspiel von Barend Fruithof

Für etwas substanziellere Aussagen zum Schweiz Geschäft von Julius Bär muss man zurückblättern bis ins Jahr 2015. Damals hatte CEO Boris Collardi relativ überraschend Barend Fruithof zu Bär geholt und ihm die Verantwortung für den Schweizer Markt übertragen. Fruithof, der zuvor das Schweizer Firmengeschäft bei der Credit Suisse geleitet hatte, ist keiner, der ein Blatt vor den Mund nimmt.

Er trat an, um am Gefüge des sehr heterogenen Schweizer Marktes etwas zu verändern und die arrivierten Bär-Berater auf einen Wachstumskurs zu trimmen. Das ist Fruithof bekanntermassen nicht gelungen. Bereits ein gutes Jahr später schied er wieder aus. Sein fordernder Umgang war den Kundenberatern zu viel geworden. Der umgänglichere Gian Rossi übernahm im Herbst 2016 – und wurde unter dem neuen CEO Philipp Rickenbacher plötzlich auch überzählig.

Kein Schweiz-Chef in der Geschäftsleitung

Dies, angesichts des stetigen Wachstums in der Schweiz – zu Fruithofs Zeiten verwaltete Bär rund 40 Milliarden Franken von Schweizer Kunden – auf mögliche Probleme zurückzuführen, wäre wohl falsch. Die Schweiz spielt einfach keine allzu gewichtige Rolle im Regionen-Mix von Bär.

Rickenbachers Handschrift und die Schrumpfung einer zuvor aufgeblasenen Geschäftsleitung auf ein schlankeres Executive Board im Herbst 2019 spricht in Bezug auf die Bedeutung des Schweizer Marktes die deutlichste Sprache: Ein Schweiz-Chef ist dort seit drei Jahren nicht mehr vertreten. Die Verantwortung für die Schweiz teilt Yves Robert-Charrue mit jener für die Märkte Europa sowie Naher Osten und Afrika. Auch der neue Mann Stuck erhält keinen Sitz in der Geschäftsleitung: Er berichtet an Robert-Charrue.

Die hierarchische Organisation scheint nicht nur die Grössenanteile, sondern auch die Ambitionen und Wachstumsvorhaben von Rickenbacher und Julius Bär zu spiegeln: Die Regionen Asien-Pazifik und Lateinamerika sind einzeln mit Jimmy Lee und Beatriz Sanchez in der Geschäftsleitung vertreten – der Schweizer Markt nicht.

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