Die Grossbank Credit Suisse will laut ihrer Führungsspitzen das System hinter den Boni umbauen. Doch bei der Lektüre der Vergütungsberichte fällt auf, dass die geplanten Anpassungen schon berücksichtigt sind.

«Wir werden die variable Vergütung so gestalten, dass kein Anreiz mehr besteht, überhöhte Risiken einzugehen.» Das erklärte der Verwaltungsrats-Präsident der Credit Suisse (CS), António Horta-Osório, unlängst der «NZZ am Sonntag» (Artikel bezahlpflichtig).

Sein Konzernchef, Thomas Gottstein, pflichtete ihm in dem Gespräch bei, dass die CS «die Vergütung insgesamt noch stärker mit den eingegangenen Risiken verknüpfen wolle».

Eingehen exzessiver Risiken

Aber hat man solche Formulierungen nicht schon mal von der CS gehört? «Risiko- und Kontroll-Aspekte sind integrierter Bestandteil der Leistungsbeurteilung und der Vergütungsprozesse», betonte die Grossbank in ihrem Vergütungsbericht fürs Jahr 2020.

Mit diesen Massnahmen solle sichergestellt werden, dass der Vergütungsansatz der Gruppe mit den Risiko- und Kontroll-Prozessen verknüpft ist und dem Eingehen exzessiver Risiken entgegenwirke.

Ähnliche Formulierungen sind praktisch in allen Vergütungsberichten der CS der jüngsten Vergangenheit angegeben, wie finews.ch beim Durchforsten des Materials festgestellt hat. Auffällig ist allerdings, dass die in früheren Jahren für die Zusatzentlohnung relevanten Finanzkennzahlen Goodwill-Abschreibungen, Immobilien-Transaktionen, den Verkauf von Geschäftsbereichen, Restrukturierungskosten sowie signifikante Aufwendungen für Rechtsstreitigkeiten explizit ausschliessen.

«Grossunfälle» berücksichtigt

Im Vergütungsbericht 2020 heisst es zumindest, dass in Bezug auf die Vergütung der Geschäftsleitung finanzielle Messgrössen festgelegt würden, welche die vollständigen Auswirkungen wesentlicher Positionen und der bedeutenden Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten einschliessen.

Demnach wären «Grossunfälle» und die Anreize dafür eigentlich ausgeschlossen.

Die Grossbank verheddert sich aber noch in einem weiteren Punkt bezüglich der Anpassung ihres Vergütungssystems. Im Interview mit der «NZZ am Sonntag» betonte das Management bezüglich der Archegos-Verluste von 5,5 Milliarden Dollar, «dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und 70 Millionen Dollar an Vergütung nicht ausbezahlt wurden». Boni-Streichungen beziehungsweise Rückforderungen sind also bereits explizit vorgesehen.

Im Vergütungsbericht 2020 heisst es, Rückforderungen seien bei «schwerem Versagen des Risikomanagements der Gruppe oder der betreffenden Geschäftseinheit» möglich.

Ausweichende Antwort

Die Grossbank antwortete — angesprochen auf die Widersprüchlichkeiten – gegenüber finews.ch, dass sie die Angaben zum neuen Vergütungssystem im ersten Halbjahr 2022 veröffentlichen möchte. Wichtig sei aber die Feststellung, dass eine stärkere Koppelung der Vergütung an die eingegangenen Risiken und den ökonomischen Gewinn erreicht werden solle. Also etwas, was die Vergütungsberichte der Vergangenheit eigentlich schon suggerieren, eingeführt zu haben.

In diesem Zusammenhang ist ohnehin auffällig, dass das zweitgrösste Schweizer Kreditinstitut gewisse Schwierigkeiten mit der Erfüllung seiner Firmenziele bekundet, die der Entlohnung des Managements zugrunde liegen. Für die Leistungsperiode 2018 bis 2020 galt unter anderem die durchschnittliche Rendite auf dem materiellen Eigenkapital (RoTE) als ein Beurteilungskriterium.

Ziel verfehlt oder verwässert

Der Ex-CEO der CS Vorgänger von Gottstein, Tidjane Thiam, hatte im Jahr 2017 ein Ziel von über 10 Prozent bei diesem Wert ausgelobt. Aber die Schweizer Bank erfüllte dies auf Jahresbasis nie. Allenfalls wurde das Unternehmensziel nur während einzelner Quartale erreicht.

Die Grossbank passte sogar dieses Ziel während der Umbauphase unter Thiam an und sprach 2019 lediglich von ungefähr 10 Prozent Rendite auf das materielle Eigenkapital. Eigentlich war ein Zielband von 11 bis 12 Prozent ausgelobt worden. Im vergangenen Jahr passte die CS das Ziel sogar inhaltlich weiter an. Die Grossbank UBS erreicht – zum Vergleich – derzeit einen RoTE-Wert von 15,5 Prozent.

Nun versprechen CS-VRP Horta-Osório sowie sein Konzernchef Gottstein bei diesem Zielwert, mehr als 10 Prozent spätestens im Jahr 2024 zu erreichen. Man darf also gespannt sein, wie sich die Widersprüche bei der Vergütung im Jahr 2022 auflösen.


 Mitarbeit: Katharina Bart

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