Trotz derzeit erfreulicher Profitabilität bleiben die Geschäftsmodelle vieler Banken anfällig, und die Unternehmensbewertungen sind enttäuschend. Das Übernahmekarussell dürfte darum noch eine ganze Weile stillstehen – auch mit Blick auf die Credit Suisse.

In der Bankenwelt hat die Kombination aus sich abschwächender Wirtschaft und geopolitischen Krisen in diesem Jahr viele Annahmen über den Haufen geworfen. Damit ist auch ein Jahrzehnt relativer Stabilität zu Ende gegangen.

Etwas hat allerdings weiterhin Bestand: Wie aus der neuen «Global Banking Annual Review» des Beratungsunternehmens McKinsey hervorgeht, sind die Bewertungen der Banken tief geblieben. Ein Grund dafür ist die bittere Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Banken weltweit auch im 2022 weniger als ihre Eigenkapitalkosten verdient.

Credit Suisse als Spielball

Demnach steht also die Credit Suisse (CS), die in den vergangenen Jahren ihre Kapitalkosten kaum je einspielen konnte, bei weitem nicht alleine da. Die Studienautoren raten deshalb den Banken, ihre eigenen Kosten in den Griff zu bekommen, die Bilanzen auszumisten und eine technologische Infrastruktur aufzubauen, die auch Cyberangriffen widerstehen kann.

Inmitten dieser schlechten Gesellschaft dürften sich darum Spekulationen um eine Übernahme der krisengeplagten CS relativieren. Solange viele Banken mit hausgemachten Schwächen zu kämpfen haben und nicht fit genug sind, dürften sie sich mit einer Akquisition lediglich zusätzliche Probleme einhandeln.

Trotzdem werden derzeit in einem munteren Namedropping etwa die französische BNP Paribas oder die Deutsche Bank herumgeboten, die sich die CS einverleiben könnten. In der Gerüchteküche hochgekocht wird auch eine Schweizer Lösung mit der Bank Julius Bär. Obschon sie wesentlich kleiner ist als die CS könnte sie die Grossbank in einem «Reverse Takeover» übernehmen. Das zumindest kolportierte die «Sonntagszeitung» (Artikel kostenpflichtig) am vergangenen Wochenende.

Fehlender Wachstumsglaube

Bei solchen Übernahmespielereien geht leicht vergessen, dass der Bankensektor mit sich selbst zu kämpfen hat und im Vergleich mit anderen Sektoren deutlich schlechter bewertet ist. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Banken bei 13, verglichen mit einem Durchschnitt von 20 für andere Sektoren.

Dieser Bewertungsabschlag ist gemäss der Analyse nur etwa zur Hälfte auf die geringe Rentabilität des Bankensektors zurückzuführen. Die andere Hälfte spiegelt den fehlenden Glauben an ein prosperierendes Wachstum in der Zukunft.

Das Jahr 2022 als ein Lichtblick

Ein Lichtblick ist jedoch, dass die Banken weltweit gemäss den Berechnungen so profitabel sind wie letztmals im 2007. McKinsey rechnet im laufenden Jahr trotz Konjunkturabschwächung sowohl mit insgesamt besseren Geschäften für die Branche, was auch für die Investoren im Moment höhere Kapitalerträge verspricht.

Bei einer langen Rezession könnten die Eigenkapitalrenditen der Banken allerdings weltweit bis 2026 auf sieben Prozent fallen – und auf unter sechs Prozent bei europäischen Banken.

Starke Kapitalpuffer

Für das laufenden Jahr prognostiziert die Beratungsgesellschaft im Schnitt noch eine Eigenkapitalrendite der Banken weltweit zwischen 11,5 Prozent und 12,5 Prozent. Dieses Niveau habe die Branche zuletzt vor der jüngsten Finanzkrise erreicht.

Äusserst komfortabel ausgestattet sind die Kapitalpolster der Banken. Derzeit liegt die Kernkapitalquote (Tier 1) des Bankensystems weltweit zwischen 14 und 15 Prozent – so hoch wie nie zuvor.

Europa im Hintertreffen

Das starke Abschneiden 2022 erklären die Autoren vor allem mit wesentlich höheren Gewinnspannen dank des Zinsanstiegs. Nach einer jahrelangen Null- und Negativzinspolitik haben zahlreiche Notenbanken die geldpolitischen Zügel gestrafft und damit die Wende zu höheren Zinsen eingeleitet.

Auch wenn die Branche 2022 in der Breite einen deutlichen Anstieg der Eigenkapitalrenditen verzeichnet, bleiben die europäischen Banken weiter deutlich hinter den Instituten in den USA und Asien zurück.

Zugkräftige Vermögensverwaltung

Mit Ausnahme des Kapitalmarkt- und Investmentbanking haben sich alle Segmente des Bankwesens verbessert. Am besten schneidet das Wealth Management ab, dessen durchschnittliches Wachstum sich auf 8 Prozent verdoppelt hat.

Insgesamt dürften die Erträge der Geldhäuser global um 345 Milliarden Dollar auf 6,5 Billionen Dollar steigen. Vom Ertragszuwachs gehen gemäss dem Bericht 60 Prozent auf die Verbesserung der Margen zurück.

Heterogene Entwicklungen

Die Rentabilität dürfte aufgrund höherer Margen bei steigenden Zinssätzen weiter zunehmen. Diesem vorübergehenden Effekt steht allerdings eine langfristige Wachstumsverlangsamung gegenüber, prognostizieren die Studienautoren.

Aufgrund dieses Drucks würden sich die Banken stark unterschiedlich entwickeln, wobei die Divergenzen je nach Finanzierungsprofil, geografischem Standort und Geschäftsmodell sehr unterschiedlich ausfallen. Das Wachstum werde sich wahrscheinlich weiter auf die asiatischen Schwellenländer, China, Lateinamerika und die Vereinigten Staaten konzentrieren.

Wirtschaftsumbau als Chance

Eine Ertragschance bietet sich beim nachhaltigen Investieren: Um die Klimaneutralität zu erreichen, kann sich gemäss den McKinsey-Analysten bis 2030 allein durch Direktfinanzierungen ein jährliches Finanzierungspotenzial von 820 Milliarden Dollar ergeben.

Hinzu kommen weitere Finanzierungen für Unternehmen in Höhe von insgesamt 1,5 Billionen Dollar im selben Zeitraum. Vor allem die europäischen Banken sind nach Ansicht der Autoren gut vorbereitet, um beim grossen Finanzierungsbedarf mitmischen zu können.

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