Die Zürcher Vermögensberaterin wächst rasant – und im Jahr 2023 erstmals über die Landesgrenzen hinaus. Nächstes Jahr will CEO Patrick Müller bereits ein Büro in Singapur eröffnen, sagt er zu finews.ch.

Investieren, zwei Jahre wirken lassen, wieder investieren: In diesem Takt hat CEO Patrick Müller den Zürcher Vermögensberater Zwei Wealth zu beachtlicher Grösse geführt. 2022 erfolgte der Umzug in eine bekannte Villa im Zürcher Finanzviertel – aber vor allem der Start der Wealth-Office-Plattform, über den finews.ch exklusiv berichtete. 2023 wird nun ein weiteres Investitionsjahr, sagt Müller im Gespräch.

Und wie: die nächsten Monate werden bei der vom bekannten ehemaligen UBS-Chefökonomen Klaus Wellershoff mitbegründeten Wealth-Firma den Sprung ins Ausland bringen. So laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren für die Eröffnung eines Büros in London, die im kommenden Herbst erfolgen soll. Das Office an der Themse ist als dritter Hub neben Zürich und Genf geplant; als Botschafter von Zwei Wealth soll dort unter anderem Andrew Hall wirken, der bereits als Berater des Jungunternehmens tätig ist.

In Deutschland mit Franchisen

«London verfügt über eine sehr bedeutende Vermögensverwaltung- und Family-Office-Szene», erklärt Müller die Gründe für die Expansion. Der Standort soll mit einem kleinen Team für Beratung und die operationelle Belange starten. Das ist allerdings noch längst nicht alles.

Bereits im vierten Jahresquartal wird der Startschuss in Deutschland fallen. Weil die Strategen von Zwei Wealth keine eindeutigen Zentren der Vermögensverwaltung-Industrie erkennen, wollen sie im nördlichen Nachbarland mit Franchisen an Beraterteams arbeiten. Diese Teams sollen dann jeweils selber einen Standort aufbauen. Infrage kommen dazu etwa Hamburg, Düsseldorf und München, sagt Müller. Wie in Grossbritannien und in der Schweiz setzen die Vermögensberater auch in Deutschland auf die Bedürfnisse einer breiten Mittel- und Oberschicht, welche seit Generationen über Vermögen verfügt.

Selber nicht der Aufsicht unterstellt

Eher neues Geld überwiegt demgegenüber in Asien – aber auch dort wollen die Schweizer hin. Laut Müller wird in den kommenden Monaten auch der Sprung nach Singapur vorbereitet. Im Jahr 2024 soll dann die Eröffnung eines Büros im südostasiatischen Stadtstaat erfolgen. Obwohl der CEO grosse Chancen sieht, gebe es keine Erfolgsgarantie, gibt er zu bedenken. «Unsere Hypothese muss sich erst noch bewahrheiten.»

Das Problem ist dabei weniger die Komplexität der jeweiligen Rechtsräume, erklärt Müller. Zwei Wealth operiert als Vermittler zwischen der hoch regulierten Vermögensverwaltung-Branche und den Kunden, ist in dieser Position selber aber nicht der Aufsicht unterstellt. Das erleichtert den Sprung in neue Jurisdiktionen, zumal jeweils an die Technologie-Plattform in der Schweiz angedockt werden kann.

In London vielversprechend

Hingegen muss das Unternehmen im Ausland jeweils vor Ort taugliche Beraterinnen und Berater finden – und auf der Gegenseite die «Provider» von Finanzdienstleistungen, also Vermögensverwalter und Banken. «Dort liegt für uns der grösste Aufwand», weiss Müller. Ebenfalls ist nicht klar, ob Briten, Deutsche und Asiaten einem Schweizer Vermögensberater in Scharen zulaufen werden, oder ob die Skepsis gegenüber dem ausländischen Player überwiegt. Die Rückmeldungen von Banken und Vermögensverwaltern in London seien vielversprechend, berichtet der Zwei-Wealth-Chef. «Diese sehen uns als interessanten Vertriebskanal an.»

Zuhause wartet allerdings auch noch einige Arbeit auf Müller. So soll in der Schweiz das Portfolio der Provider ausgedehnt werden. Neu will Zwei Wealth der Kundschaft nicht nur Dienste bei der Vermögensverwaltung vermitteln, sondern auch etwa beim Kauf und Verkauf von Immobilien oder in der Rechts- und Treuhandberatung.

Nicht à la Silicon Valley

Des Weiteren will das Unternehmen in Technologie und Personal investieren. Müller zufolge sind weiterhin signifikante Ausgaben für den Ausbau der Systeme budgetiert, damit der Kundschaft noch mehr Dienste digital zugänglich sind. «Eine Kundin soll auch am Sonntag Abend auf dem Sofa eine neue Lösung für die dritte Säule auswählen können», erklärt er. Weiter sollen dieses Jahr rund 20 weitere Vermögensberater engagiert werden. Mit drei Neueinstellungen in diesem Januar ist der Auftakt dazu bereits gemacht.

Darin unterscheidet sich das Wealth-Business von den digitalen Geschäftsmodellen à la Silicon Valley: Weil vermögende Menschen weiterhin von Beratern aus Fleisch und Blut betreute werden wollen, sind der Skalierung Grenzen gesetzt, und damit auch den Margen. «Wir bewegen uns in einer Nische», sagt der Manager. Aber genau das sei ja eine Schweizer Spezialität: in kleinen Bereichen Weltmarktführer zu sein. Genau das schwebt auch Müller für Zwei Wealth vor.

Beim M in KMU angelangt

Dennoch ist Zwei Wealth in den vergangenen Jahren so stark gewachsen, dass es neue Strukturen brauchte: Vergangenen Dezember wurde mit Andrea Schlapbach erstmals ein operationeller Leiter (COO) engagiert. Für die Marktentwicklung wie auch für die Vernetzung mit Providern wurden extra Kaderstellen geschaffen.

Inzwischen sind über 40 Beraterinnen und Berater für das Unternehmen tätig; auf der Plattform sind nach eigenen Angaben knapp 500 Banken und Vermögensverwalter sowie über 6 Milliarden Franken an Vermögenswerten vertreten. «Wir haben das K in KMU hinter uns gelassen», resümiert Müller das Wachstum.