Nach Jahren des Erfolgs sieht sich das Zürcher Investmenthaus Vontobel ungünstig positioniert, um erfolgreich an den Finanzmärkten zu navigieren. Bedrohlich erscheint, dass die dringend nötige Kursänderung nicht erkennbar ist. Was nun?

Da nützt jegliches Schönreden nichts: Das Zürcher Investmenthaus Vontobel muss auch nach neun Monaten im laufenden Jahr erhebliche Kundengelder-Abflüsse hinnehmen, wie den am Dienstag publizierten Zahlen zu entnehmen ist. Die Vorzeigesparte Asset Management verzeichnete mit insgesamt 5,4 Milliarden Franken massive Rückgänge.

Damit wird klar, dass die Positionierung Vontobels als aktiver Investmentmanager mit dezidierten Anlagemeinungen (high-conviction) in jüngster Zeit nicht mehr gegriffen hat und wohl bis auf Weiteres nicht greifen wird. Denn ein Ende der Zurückhaltung unter den Anlegerinnen und Anlegern ist vorläufig nicht in Sicht.

Schwierige Entwicklung zur Unzeit

Dies bestätigte auch Vontobel-Finanzchef (CFO) Thomas Heinzl am Dienstag in einem Call mit einigen Medien. Die Risikoaversion der Investorinnen und Investoren werde so lange anhalten, bis sich eine Entspannung an der Zinsfront abzeichne, sprich: der Zinserhöhungs-Zyklus seinen Höhepunkt erreicht hat. Solange fliesse das Geld vor allem in passiv verwaltete Finanzprodukte, erklärte Heinzl weiter – und das wiederum ist nicht Vontobels Ausrichtung.

Diese Entwicklung kommt zu einer Unzeit, zumal mit Christel Rendu de Lint unlängst und als Nachfolgerin von Zeno Staub eine Co-CEO ernannt wurde, die gleichzeitig noch das gesamte Investment-Management des Unternehmens verantwortet. Aufgrund der bisherigen Kommunikation aus dem Hause Vontobel – bis hinauf zu den einflussreichen Familienaktionären – ist nicht anzunehmen, dass es unter der künftigen Doppelspitze in absehbarer Zeit zu einem Strategiewechsel kommen wird.

Schwierige Situation für Vontobel-Präsident

Vor diesem Hintergrund muss Vontobel eine längere Durststrecke im Asset Management in Kauf nehmen, denn ohne spürbare Anpassungen in dieser Sparte und weiterhin volatilen Finanzmärkten, wird sich an der schwierigen Situation des Unternehmens nichts ändern.

Man darf sich fragen, wie lange wohl der Verwaltungsratspräsident Andreas Utermann, seines Zeichens ein langjähriger und entsprechend erfahrender Asset Manager, noch zuwartet, bevor er direkt Einfluss nimmt. Tatenlos wird er sicherlich nicht zuschauen wollen, wie das Asset Management darbt. Gleichzeitig darf er seinen operativen Einfluss in seiner Funktion als Präsident nicht überstrapazieren.

Businesspläne auf drei Jahre ausgelegt

In Geduld wird sich auch der andere designierte Co-CEO üben müssen – Georg Schubiger. Seine Sparte, die Vermögensverwaltung für wohlhabende Privatpersonen, hat zwar im laufenden Jahr sukzessive zugelegt und bis heute 3 Milliarden Franken an Neugeld akquiriert. Allerdings taten dies die übrigen Privatbanken auf dem Platz ebenso, zum Teil sogar noch stärker.

Der Einfluss der Turbulenzen rund um die Credit Suisse (CS) darf in diesem Zusammenhang nicht überbewertet werden, selbst wenn in der Branche nun allerorts die Rede ist, wer von wo nach wo wechselt. Auch Vontobel wird bis Ende 2023 mehr als 50 neue Kundenberaterinnen und -berater zusätzlich engagiert haben.

Aber bis diese Leute unter dem Strich wirklich profitabel arbeiten, wird noch einige Zeit vergehen müssen, wie CFO Heinzl am Dienstagmorgen betonte. Auf drei Jahre sind die «Business Cases» der einzelnen Relationship Managers ausgelegt, die derzeit und auch im neuen Jahr zu Vontobel wechseln.

«Bonanza» stösst auf Ernüchterung

Von den rund 50 erwähnten Beraterinnen und Berater haben 22 bei Vontobel bereits zu arbeiten begonnen, wie weiter zu erfahren war. Die übrigen stossen erst in den kommenden Monaten hinzu. Bis diese ihre Kundengelder – oder zumindest einen Teil davon – zu ihrer neuen Arbeitgeberin transferiert haben, wird noch einige Zeit ins Land gehen. Insofern muss sich auch Co-CEO in spe, Georg Schubiger, noch auf eine längere Durststrecke einstellen.

Die ganze «Bonanza» im Zusammenhang mit der wilden Jagd auf CS-Kundenleute (und mittlerweile auch auf UBS-Leute) und deren Kundengelder erweist sich allmählich als eine ernüchternde Angelegenheit, die vor allem einen langen Atem voraussetzt. Diese Eigenschaft besitzen allerdings nicht alle Finanzinstitute in diesen momentan doch eher anspruchsvollen Zeiten.

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