Guy de Brabois leitet das Recruiting-Unternehmen Robert Walters in der Schweiz. ImInterview berichtet er über die Lohntrends und die zukunftsträchtigen Jobs.


Guy-de-BraboisGuy de Brabois ist Country Manager Switzerland beim Recruiting-Unternehmen Robert Walters. Die Gesellschaft ist auf Finanz-Personal spezialisiert und in zwei Dutzend Ländern aktiv.

De Brabois begann 2004 in der Pariser Niederlassung und wechselte 2009 in die Schweiz, um die hiesige Gesellschaft zu gründen. Zuvor arbeitete er für HSBC Framlington in London und Dexia Asset Management in Paris.


Herr de Brabois, laut Ihrem «Salary Survey» stagnierten die Gehälter auf dem Finanzplatz Schweiz letztes Jahr, und 2011 geschah dasselbe. Wie sieht es dieses Jahr aus? Wie in den nächsten Jahren?

Die Schweizer Finanzbranche macht nun mal eine Krise und eine Neuorientierung durch. Daher erwarten wir, dass nur in den wenigsten Funktionen Salärerhöhungen möglich sind. Am besten sind die Aussichten in einzelnen Support-Bereichen: Risk, Compliance, Auditing. Diesen Trend haben wir seit etwa drei Jahren, und er sollte sich fortsetzen.

Gibt es sonst «kommende Jobs» in der Finanzbranche? Wo könnte die Nachfrage noch steigen?

Es gibt solche Funktionen, beispielsweise im Financial Advisory oder in der Vermögensplanung. Hier könnte die Nachfrage nach Spezialisten wieder steigen – mit Folgen für die Entlöhnung. Allgemein benötigt der Private-Banking-Sektor mehr Know-how aus dem Bereich des Unternehmensbanking und des Asset Management. Den sehr reichen Kunden muss man heute umfassende Pakete schnüren, was zugleich Beratung und Anlagelösungen für deren Unternehmen beinhaltet.

Was ist dran an der Beobachtung, dass die Branche zunehmend versucht, Investmentbanker in Private Banker umzuchulen? Kann das funktionieren?

Es stellt grosse kulturellen Anforderungen, Investmentbankern in Private Banker zu verwandeln. Aber wir sehen definitiv einen Trend, bei dem Investmentbanking-Fähigkeiten ins Private Banking eingebracht werden. Die Leute, die im direkten Kontakt mit den Privatkunden stehen, müssen künftig viel besser geschult sein im Umgang mit Finanzprodukten – also auch mit Investmentbanking-Produkten.

Positiv formuliert besagt Ihr «Salary Survey», dass der erwartete Einbruch bei den Gehältern nicht eingetreten ist. Die Entwicklung war zwar wenig berauschend, aber auch nicht so negativ wie oft befürchtet. Oder heisst das: Der richtige Abwärtstrend kommt erst?

Ich denke nicht. Der hohe Franken hätte ja zum Beispiel auf die Löhne im Finanzsektor drücken müssen, aber das ist nicht geschehen. Wenn die Weltwirtschaft – und insbesondere die Wirtschaft in Europa – sich noch ein bisschen erholt, könnte der Franken wieder sinken, was sogar Spielraum schafft für die Gehälter. Das Problem liegt nicht bei der Entlöhnung, sondern bei der Schaffung von Arbeitsplätzen.


«Wer eine Karriere im Schweizer Banking lancieren will, sollte nach Grossbritannien»


Hier hapert es.

Aber wer gefragt ist, wer interessante Eigenschaften mitbringt, holt auch immer entsprechende Löhne. Andere müssen befürchten, ihre Stelle zu verlieren.

Robert Walters ist in 24 Ländern präsent. Wie entwickelt sich das Gehaltsniveau der Schweizer Finanzbranche im Vergleich mit konkurrierenden Ländern?

Die Schweiz ist und bleibt ein sehr attraktiver Platz, wenn man in der Finanzbranche arbeitet. Wie gesagt: Um die Saläre muss man sich nicht sorgen – aber wir müssen uns bewusst sein, dass es künftig weniger Jobs gibt.

Wenn Sie heute eine Karriere in der Finanzbranche starten würden und am Ende auch gutes Geld verdienen wollten: Wo würden Sie anfangen?

Wer jung ist und eine Karriere im Schweizer Banking lancieren will, sollte erst mal drei, vier Jahre lang nach Grossbritannien. Zum Beispiel zu einer Investmentbank. Dort ist es hart, dort herrscht intensiver Wettbewerb. Wer das durchgemacht hat, bringt das Werkzeug und den Geist mit, um sich in jedem kompetitiven Umfeld durchzusetzen. Auch das Private Banking wird wettbewerbsintensiver, auch dort benötigt man mehr und mehr Leute mit Kampfgeist.


«Die Headquarters grosser Firmen in der Schweiz sind ein Markt, den die Banken noch gar nicht ausschöpfen»


Und in welche Richtung soll man nach diesen Jahren in London?

Corporate Banking, Finance Private Banking, Handelsfinanzierung...: Es gibt viele Felder mit Zukunft. Es hängt auch von den persönlichen Interessen ab: Arbeitet man lieber mit Individuen? Will man lieber Unternehmensstrategien umsetzen?

Aber aber welcher Bereich hat Zukunft in der Schweiz?

Eine Chance bietet das Corporate Banking. Wegen der vielen Headquarters grosser Firmen aus aller Welt. Dies ist ein Markt, der nach meiner Einschätzung von den Schweizer Banken noch gar nicht ausgeschöpft ist: Treasury-Dienstleistungen, Kredite, Investitionsdienstleistungen für Headquarters in der Schweiz.

Und das Private Banking?

Wenn es die Schweizer Institute schaffen, sich wieder auf die Top-Kunden zu fokussieren, hat das Private Banking immer noch gute Entwicklungschancen. Also wenn sie Private-Banking- und Corporate-Banking-Dienstleistungen perfekt kombinieren. Denn die neuen Reichen sind Unternehmer oder Unternehmensleiter, und für sie ist Investmentbanking-Knowhow wichtiger als Steueroptimierung.


Wer verdient was auf dem Finanzplatz Schweiz? Mehr zum neuen «Global Salary Survey» von Robert Walters


Sie haben jungen Leuten einen Rat gegeben. Was aber raten Sie jemandem, der über 50 ist und in der Schweizer Finanzbranche eine neue Stelle sucht?

Dass er sich eher bei kleineren und mittleren Unternehmen bewerben soll. Dort nämlich wird Erfahrung mehr geschätzt, und dort benötigt man eher Generalisten. Die grossen Banken hingegen suchen eher Leute für ganz konkrete, schmale Aufgabenbereiche. Eine weitere Möglichkeit: Man kann versuchen, sein Knowhow unabhängig zu verkaufen. Wir beraten viele ältere Professionals dabei, sich in einzelnen Projekten zu engagieren: drei Monate, sechs Monate, zwei Jahre. Es gibt ja viele Aufgaben, welche besser von neuen und aussenstehenden Leuten durchgeführt werden – aber eben auch von Leuten mit Erfahrung.

Ein weiterer Trend der letzten drei Jahre: Die Fixlöhne gewannen an Bedeutung, der Bonus-Anteil sank. Wie geht es hier weiter?

Die Unsicherheit zwang viele Arbeitgeber, bei den Gehältern mehr Stabilität zu schaffen. Dies wird bei den unterstützenden Funktionen so bleiben. Aber bei den Frontoffice-Rollen bleibt es dabei: Der Bonus ist das Schlüsselelement der Motivierung, und so wird dieses Element auch künftig sehr stark sein.

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