Der Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem hat mit einem abfälligen Spruch in Ländern Südeuropas einen veritablen «Shitstorm» ausgelöst. Seine Aussage zeigt aber, wie ernst es um den Euro steht, findet finews.ch.

Der Niederländer Jeroen Dijselbloem hatte sich in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» zu Wochenbeginn zur Hilfe für EU-Krisenländer gewaltig im Ton vergriffen: «Als Sozialdemokrat halte ich Solidarität für äusserst wichtig. Aber wer sie einfordert, hat auch Pflichten. Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschliessend Sie um Ihre Unterstützung bitten.»

Dieser Spruch löste rote Köpfe bei südeuropäischen Politikern aus. Italiens Ex-Premierminister Matteo Renzi echauffierte sich auf Facebook und forderte gar seinen Rücktritt. Und spanische Politiker bezeichneten seine Bemerkungen als rassistisch und sexistisch. Nach einigem Hin und Her rang sich Dijsselbloem zu einer Entschuldigung durch.

Er habe allgemein über die Solidarität in der Eurozone gesprochen und nicht bestimmte Länder kritisiert, sagte er zu seiner Verteidigung.

Zerrüttete Finanzen

Dass der Euro-Gruppenchef verbal dermassen daneben griff, ist in der Tat zu verurteilen. Offenbar liegen bei ihm die Nerven blank. Die Euro-Gruppe wacht über die Einhaltung des Euro-Stabilitätspaktes – der bereits arge Risse zeigt. Sie kontrolliert auch die Haushaltspolitik und die öffentlichen Finanzen der Euro-Länder.

Doch um die Finanzen in den Südländern steht es schlecht. So türmte Italien nach den USA und Japan in absoluten Zahlen die dritthöchste öffentliche Verschuldung weltweit auf. Insgesamt beläuft sich der Schuldenstand auf rund 2,2 Billionen Euro. Im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt war Italiens Schuldenlast zuletzt mit 135,5 Prozent die zweithöchste in der Eurozone – nach Griechenland.

Hinzu kommen rechtspopulistische Strömungen in Italien und Frankreich, die mit einem Euro-Austritt liebäugeln. Es werden vermehrt Stimmen laut, die dem Euro den Untergang prophezeien. Die Gemeinschaftswährung steckt in der schlimmsten Krise seit ihrer Einführung Anfang 2002.

Jahrelanger Reformstau

Der rüpelhafte Spruch Dijsselbloems, der seit 2013 Präsident der Euro-Gruppe - kurz «Mr. Euro» ist, ist wohl vor diesem Hintergrund gefallen.

Was der Eurozone fehlt, sind keine Billigmilliarden von EZB-Präsident Mario Draghi mehr, sondern Arbeitsmarktreformen. Nur in einem liberalerem Arbeitsmarkt und einem steuerfreundlichem Umfeld für Unternehmen kann das dringend benötige Wirtschaftswachstum gedeihen.

Doch gegen einschneidende Reformen sperren sich die meisten südeuropäischen Politiker, da sie um ihre Wiederwahl fürchten. Doch das Hinauszögern der Reformen ist ein Spiel mit dem Feuer. Denn ist das bereits angeschlagene Vertrauen in die Gemeinschaftswährung definitiv verloren, verliert die gesamte Eurozone – und auch die Schweiz.

Der Griff zur Flasche ist dann für viele leider eine Option.

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