Der frühere britische Premierminister John Major glaubt nicht, dass die grossen Banken aus London abziehen werden. Doch der Finanzplatz an der Themse dürfte aus einem anderen Grund ins Hintertreffen geraten. 

Seit 2001 steht der von der britischen Königin Elisabeth II. geadelte Sir John Major als Berater im Sold der Credit Suisse. Grund genug für die Schweizer Grossbank, ihn als Gastredner an der jährlichen Global Megatrends Conference in Singapur zu begrüssen. Dort äusserte sich der von 1990 bis 1997 als britischer Premierminister amtierende Engländer zum Brexit.

Dabei machte er aus seinem Herzen keine Mördergrube, sondern erklärte unmissverständlich, dass er den Volksentscheid ausserordentlich bedaure – weil der Austritt sowohl für Grossbritannien – mit seinen 65 Millionen Einwohnern – als auch für die EU ein grosser (wirtschaftlicher) Verlust sei. 

Überraschend war diese Aussage insofern nicht, da Major schon immer als Verfechter der EU galt und 1992 als Vertreter Grossbritanniens auch den Masstrichter Vertrag unterzeichnete. Aufhorchen liess am Donnerstag eine andere Feststellung des einstigen Politikers.

Weniger neue Investitionen

«Die Banken», sagte er, «werden aus London nicht verschwinden. Die EU kann London nicht ersetzen, und der Handel wird weiterhin eine grosse Rolle spielen.» Doch mittelfristig werde die internationale Finanzbranche weniger neue Investitionen in der Themsestadt tätigen, erklärte Major.

Die EU-Politik werde eine Verlagerung erzwingen, so dass London über die Zeit doch viel weniger einflussreich sein werde. «In Grossbritannien wird es in absehbarer Zeit keine wirtschaftliche Katastrophe geben», sagt der Brite, vielmehr werde der Niedergang schleichend vonstatten gehen.

Ein grosser historischer Fehler

Laut neuen Erhebungen werde im Jahr 2020 ein Drittel der britischen Bevölkerung wirtschaftlich schlechter dastehen als 2006 – also vor der Finanzkrise, sagte Major. Die damit verbundenen Befürchtungen seien denn auch mit ein Grund gewesen, dass der Brexit angenommen wurde.

Diesen Entscheid bezeichnete er als «grossen historischen Fehler», der Grossbritannien nicht zuletzt gegenüber den Supermächten USA und China massgeblich schwächen werde.

Majors Aussagen kommen nur wenige Tage nach der Ankündigung der britischen Premierministerin Theresa May, am 8. Juni 2017 Neuwahlen abzuhalten, die für die Zukunft Grossbritanniens von grösster Bedeutung sein werden.

 

 

 

 

   

 

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