Die europäische Gemeinschaftswährung ist so unbeliebt wie nie zuvor. Doch ein Scheitern des Euro hätte katastrophale Folgen – vor allem für die Schweiz, schreibt Frédéric Papp auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Marine Le Pen, die gescheiterte Präsidentschaftskandidatin des Front National in Frankreich, hätte den Euro am liebsten aus Frankreich verbannt. Zwar ist diese Gefahr mit der Wahl des europhilen Emmanuel Macron vorerst gebannt. Der Frust vieler Franzosen über die EU und den Euro bleibt jedoch bestehen.

Unbill gegen die Gemeinschaftswährung droht auch in Italien. Überall ist im Belpaese der Euro-Verdruss spürbar, und viele Menschen wünschen sich die Lira zurück. Sollte die populistische Bewegung «Movimento 5 stelle» des ehemaligen Komikers Beppe Grillo die Wahlen im kommenden Jahr gewinnen, will er eine Volksabstimmung über den Austritt Italiens aus dem Euro durchführen.

Einzig die Deutschen sind «happy» mit dem Euro, was nicht sonderlich erstaunt. Die Währung ist gemessen an der deutschen Wirtschaftskraft viel zu schwach. Und nicht zuletzt aus diesem Grund sind die Deutschen Exportweltmeister. Ironischerweise exportieren sie ihre Waren in jene Länder, sprich Italien, Frankreich oder Spanien, die unter dem viel zu starken Euro leiden.

«Der Ball liegt definitiv bei den südeuropäischen Euro-Staaten, inklusive Frankreich»

Doch die Deutschen dafür zu rüffeln, ist absurd. Das ist, wie wenn man einem Streber sagen würde, du darfst nicht so gute Noten schreiben. Der Ball liegt definitiv bei den südeuropäischen Euro-Staaten, inklusive Frankreich. Bislang haben die Regierungen es verpasst, den Arbeitsmarkt zu liberalisieren. Das wäre aber dringend nötig, um die lahme Wirtschaft in den besagten Ländern aufzurichten.

Wer will schon jemanden einstellen und Gefahr laufen, die Person kaum mehr entlassen zu können. Eine gewisse Flexibilität muss sein, nicht zwingend à l'américaine mit ihrer Hire-and-Fire-Mentalität, aber vielleicht so, wie es in der Schweiz gehandhabt wird.

Apropos Schweiz: Voller Stolz blicken die Eidgenossen auf die neue 20-Franken-Note und zuweilen auch schadenfroh auf den Euro. Der Franken, dieser Fels in der Brandung der Weltwährungen, zeichnet sich nicht nur durch eine vergleichsweise tiefe Inflationsrate aus. Er, genauer der 50-Franken-Geldschein, entzückt auch die Gemüter. So wurde die Banknote unlängst als schönster Geldschein der Welt 2016 gekürt.

«Das ‹Fränkli› ist an den Euro gekettet»

Doch oft wird bei der ganzen Schwärmerei vergessen: Die Schweiz hat zwar eine eigene Währung, autonom ist diese aber mitnichten. Das «Fränkli» ist an den Euro «gekettet». Mit Argusaugen beobachten die helvetischen Währungshüter der Schweizerischen Nationalbank (SNB) jede noch so kleine Regung des Euro, um sofort bei Fuss zu stehen und zu intervenieren, sollte sich der Euro zu stark abschwächen.

Dieses Spiel kann auf Dauer nicht gut gehen und ist mit grossen Risiken verbunden. Nicht nur bläht die SNB ihre Bilanz mit Fremdwährungen und seit wenigen Jahren mit Aktien auf. Das Negativzinsregime angeführt von SNB-Präsident Thomas Jordan führt zu Preisblasen an den Börsen und den Immobilienmärkten, forciert die Flucht in alternative Anlagen wie Private Equity und schmälert die Erträge in der beruflichen und privaten Vorsorge.

«Scheitert der Euro, wird der Franken durch die Decke gehen»

Über die Schweizer Währungspolitik kann man geteilter Meinung sein. Erst die Zukunft wird zeigen, ob die SNB mit kluger Hand die Schweiz durch ein geldpolitisch schwieriges Terrain geführt oder aber einen kapitalen Fehler begangen hat.

Fest steht: Der Euro muss überleben. Alles andere wäre eine Katastrophe für Europa und auch für die Schweiz. Die Schweiz muss grösstes Interesse daran haben, dass die EU endlich Halt bekommt und den Pfad zurück zur Prosperität findet.

Denn scheitert die EU und mit ihr der Euro, dann wird der Franken durch die Decke gehen und die Schweizer Wirtschaft den Bach runter. Der Schock wäre für die exportlastige Schweiz extrem.

Schadenfreude über die problembeladene EU und ihren Euro ist folglich fehl am Platz. Eher müsste die Devise lauten. «So liebet den Euro!».


Frédéric Papp ist Redaktor bei finews.ch. Zuvor war er bei «cash.ch» tätig. Er studierte Philosophie, Betriebswirtschaft und Politik an der Universität Zürich. Studiumsbegleitend arbeitete er als freier Wirtschaftsjournalist beim «Zürcher Oberländer» und als Sachbearbeiter bei der Zürcher Kantonalbank. Auf seinem ersten Bildungsweg absolvierte Papp eine Lehre als Bankkaufmann bei der Schweizer Privatbank Rahn & Bodmer.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Beat Wittmann, Richard Egger, Didier Saint-Georges, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Frédéric Papp, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Guido Schilling, Adriano B. Lucatelli, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Dan Steinbock, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud und Katharina Bart.

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