Ohne Fintech kann sich auf Dauer kein internationaler Finanzplatz mehr behaupten. Darum braucht auch die Schweiz griffige Regeln. Doch vieles ist noch immer intransparent, wie Fachleute feststellen.

Die Euphorie in der Schweizer Fintech-Szene darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufsicht von innovativen Startups in weiten Teilen noch völlig unklar ist. Das zeigte eine Veranstaltung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) am Montagabend in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Bankenverband (ZBV).

Das kommt nicht von ungefähr, datiert doch das nach wie vor geltende Bankengesetz aus dem Jahr 1934, also aus einer Zeit, in der eine mechanische Schreibmaschine das höchste Mass an «Fintech» darstellte, wie Urs Häusler, Mitgründer der Vereinigung Swiss Finance Startups, am Montagabend am dritten «Finance Circle» in Zürich erklärte. Vor diesem Hintergrund plädierte er für eine Modernisierung der Regeln und Bestimmungen, mit denen die heute über 200 Fintech-Unternehmen hierzulande beaufsichtigt werden sollen.

Was soll die Aufsicht?

Doch gerade darüber herrscht selbst in der Finanzbranche selber sehr viel Uneinigkeit. Die grosse Frage dabei ist, wie stark «innovative Firmen» zu fördern sind, damit sie innovativ wirken können. Während die britische Finanzaufsicht beispielsweise ganz klar den Fokus auf die Förderung richtet, setzt die Schweizer Finma ihren Schwerpunkt auf den Kunden- und Anlegerschutz – und damit weniger oder gar nicht auf eine eigentliche Standortförderung, wie am Montagabend klar zum Ausdruck kam.

Dabei, so betonte Häusler, sei Fintech auch in der Schweiz mittlerweile «too big to fail», habe also eine kritische Grösse erreicht. Umso mehr gelte es, dieser Branche sorge zu tragen, da sie massgeblich dazu beitragen werde, dass der hiesige Finanzplatz auch in Zukunft international konkurrenzfähig bleibe.

Wer wird benachteiligt?

Wie Marion Pester, Institutsleiterin für Wealth and Asset Management an der ZHAW, ihrerseits unterstrich, stellt sich im Zusammenhang mit der weiteren Regulierung der Branche auch die Frage, wie weit etablierte Finanzinstitute benachteiligt würden, wenn sie nicht den selben Bestimmungen unterstellt seien wie Fintechs. Dies ist auch Martin Hess von der Schweizerischen Bankiervereinigung ein zentrales Anliegen, warnte er doch vor Wettbewerbszerrungen, wenn (einzelne) Firmen reguliert würden und andere nicht oder nur begrenzt.

Doch wie komplex die Aufsicht von Startups auch künftig sein werde, «wer heute Innovationen fördern will, muss weitergehen und auch Themen wie Blockchain, Regtech und künstliche Intelligenz angehen», forderte Häusler. Zudem verwies er auf die zahlreichen Hürden, mit denen Startups in der Schweiz noch immer konfrontiert seien.

Fintech, ein noch jünges Pflänzlein

Es herrsche noch immer eine überbordende Bürokratie, landesweit fehlten attraktive Steuermodelle, der Bedarf an talentierten Mitarbeitern aus dem Ausland lasse sich nur unzureichend abdecken, und last but not least fehlten koordinierte Standort-Kampagnen im Ausland, um den hiesigen Finanzplatz zu profilieren.

Unter diesen Prämissen zeigte sich klar: In der Branche ist man sich einig, dass das junge Pflänzlein Fintech keinesfalls abgewürgt werden darf – sie ist tatsächlich «too big to fail». Doch gleichzeitig bringt es die lange Tradition der Banken in der Schweiz mit sich, dass auch die etablierten Häuser ihre Begehrlichkeiten anmelden und keine Nachteile vergegenwärtigen wollen – insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie nicht nur von kleinen Startups konkurrenziert werden, sondern früher oder später auch durch sogenannte Big Techs.

Eine Mission Impossible?

Gemeint sind damit globale Internet-Giganten wie Google, Apple oder Facebook, sobald diese sich entschliessen, im grossen Stil ins Finanzwesen einzusteigen, wie Suzanne Ziegler, Leiterin der Abteilung Banking, Finance, Insurance an der ZHAW, betonte.

Insofern sind Behörden und Privatwirtschaft gefordert, eine Balance zu finden zwischen staatlicher Aufsicht und den freien Marktkräften, ohne dass es dabei zu Verzerrungen zwischen den unterschiedlichen Anbietern kommt. Wahrlich kein leichtes Unterfangen, oder wie es Martin Hess abschliessend formulierte: «Was eine innovative Dienstleistung ist, entscheidet der Markt. Der «innovative Anbieter» lässt sich nicht in einer «mission impossible» regulatorisch definieren.»

 

 

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