Sollen Schweizer Gemeinden Geld vom Weltfussballverband Fifa für ihre kurzfristige Liquiditätssicherung annehmen, der in jüngster Zeit vor allem mit Bestechungsaffären von sich reden machte? Und falls ja, unter welchen Bedingungen?

Der Weltfussbaldverband Fifa sorgt nicht nur für grosse Schlagzeilen im Zusammenhang mit der Fussball-Weltmeisterschaft ab kommenden November in Katar. Die «Non-Profit-Organisation» vergibt auch Kredite, weil sie offenbar über dermassen viel Geld verfügt. Dies berichtete die «Zürichsee-Zeitung» bereits am vergangenen Montag sowie zusätzlich am (heutigen) Donnerstag (beide Artikel hinter Bezahlschranke). 

Die Fifa verfügt über liquide Mittel von umgerechnet 1,4 Milliarden Franken (per Ende 2020). Die Ausleihungen – in der Regel für rund ein Jahr – belaufen sich je nach Beispiel auf 5 bis 10 Millionen Franken. Das Geschäft ist für alle Beteiligten attraktiv: Mit den aktuellen Negativzinsen zahlen die Gemeinden oder Städte nach Ablauf der Verbindlichkeiten weniger Geld zurück. Und für die Fifa geht die Rechnung auf, wenn der Wert des Dollar während der Verleihfrist zum Franken abimmt.

Bestechungsaffären unerheblich

Konkret hat die Fifa Kredite an verschiedene Gemeinden und Städte gewährt, unter anderem an die Stadt Winterthur sowie an die drei Zürcher Seegemeinden Meilen, Zumikon und Wädenswil. Damit sichern sich diese öffentlichen Institutionen ihre kurzfristige Liquidität, wie die Regionalzeitung weiter berichtet und dabei die naheliegende Frage stellt, ob es opportun sei, von einer Organisation Geld anzunehmen, die in jüngster Zeit vor allem mit Bestechungsaffären von sich reden machte.

Der Gemeindeschreiber von Meilen erklärte gegenüber der «ZSZ», es sei nicht an der Gemeinde, sich darüber eine Meinung zu bilden.

Liquide Plattformen

Sandro Fuchs1

(Bild: ISAR)

Abgewickelt werden solche Transaktionen über Online-Finanzierungsplattformen und immer weniger über klassische Banken. Der von der «ZSZ» befragte Finanzexperte Sandro Fuchs (Bild oben) von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) sieht darin einen neuen Trend.

«Das wird tatsächlich immer mehr zum Standard. Die Gemeinden verfügen nicht mehr nur über ihre Hausbank, sondern decken sich über neutrale Plattformen mit Liquidität ein, natürlich zu Wettbewerbsbedingungen», erklärt der Ökonom und Leiter des Center for Public Financial Management an der ZHAW.

Darlehen ohne Banklizenz

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Fifa zwar nicht Bank spielen darf, zumal sie keine Banklizenz besitzt, aber dennoch Darlehen vergeben darf. Solange dies die Vereinsstatuten nicht auschlössen, sei das möglich, erklärt Fuchs und fügt an: «Ich gehe davon aus, dass dies bei der Fifa der Fall ist. Auch Privatpersonen dürfen Darlehen vergeben.»

Tatsächlich muss jede Gemeinde im Rahmen ihrer Finanzierungs- und Vermögensanlagestrategie selber entscheiden, mit wem sie geschäften will. Dabei gilt es zu klären, von wem sie Geld aufnehmen und welche Steuerzahlenden sie in der Gemeinde haben will. 

Gewinn an soziale Einrichtung

Was das bedeuten kann, zeigt das Beispiel der Gemeinde Allschwil in Baselland, die sich 10 Millionen Franken von der Fifa geliehen hat, wie die «ZSZ» weiter berichtet. Den Zinsgewinn überwies die Gemeinde an eine soziale Einrichtung. Doch ist das der richtige Weg?

Ökonom Fuchs stellt klar: «Wenn die Politik als Repräsentantin der Bevölkerung will, dass der Betrag einem sozialen Zweck gestiftet wird, warum nicht. Wichtig ist, dass Verwaltung und Politik klare und eindeutige Regeln schaffen, wie man die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie aufnimmt.»

Wie Tinder

In Finanzfachkreisen herrscht Einigkeit darüber, dass Online-Finanzierungsplattform das Modell der Zukunft sind, zumal sie einen Wettbewerb gewährleisten und so für die Geldgeber und Investoren die besten Resultate liefern. Die grosse Frage wird eher sein, ob und wie sich die klassischen Banken da einbringen (wollen).

«Man kennt solche Plattformen ja bereits von Dating-Apps wie Tinder», sagt Experte Fuchs. «Nun wird dieses Erfolgsmodell eben auch auf den Bereich Fintech übertragen.»

 

 

 

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