Schweizer Banken würden gerne im Iran Geschäfte machen. Doch zu gross ist ihre Befürchtung, dass sie sich dabei mit der Administration von Donald Trump anlegen könnten. So entgehen ihnen Millionen.

Seit die internationalen Sanktionen gegen den Iran Anfang 2016 gelockert wurden, herrscht im Handel zwischen der westlichen Welt und dem islamischen Staat Aufbruchstimmung. Vor allem die Länder der EU wittern enorme Geschäftschancen und haben seither bereits mehrere grosse Joint-Ventures abgeschlossen, wie auch am kürzlichen 4. Europe-Iran Forum im Zürich zum Ausdruck kam.

Und wo die Industrie mit europäischen Grossfirmen wie Total, Renault oder Peugeot auftritt ist, sind auch die Banken nicht fern, zumal keine Melde- und Bewilligungspflicht mehr für Geldtransfers von und an iranische Personen oder Organisationen existiert.

In Angst vor den Amerikanern

Auch die Schweiz spürt die positive Entwicklung, vor allem seit im vergangenen März das Handelsabkommen mit dem Iran in Kraft getreten ist. Vor diesem Hintergrund erhöhten sich allein im ersten Halbjahr 2017 die Exporte aus der Schweiz bereits um mehr als 20 Prozent, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) unlängst bekanntgab. Ausgenommen von diesem Trend sind überraschenderweise die Schweizer Banken. Sie, die sonst fast überall auf der Welt agieren, verharren an der Seitenlinie. 

Zu gross ist offenbar ihre Befürchtung, dass ein allzu offensives Auftreten im Iran die Amerikaner verärgern könnte – allen voran US-Präsident Donald Trump, der keine Gelegenheit auslässt, um über die Iraner herzuziehen, die aufgrund ihrer atomaren Vergangenheit, ihrer feindseligen Politik gegenüber Israel, aber auch wegen ihrer vermuteten Nähe zu islamischen Terrorkreisen ein Risiko darstellen.

Diffuse Situation

Am liebsten würde Trump auch sofort den sogenannten Nuklear-Deal (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) aufkündigen, der zum teilweisen Abbau der Sanktionen gegen und zur Goldgräberstimmung im Iran geführt hatte. Erwartungsgemäss hat er diesen heiklen Entscheid nun dem US-Kongress abgetreten – ein Entscheid soll am (heutigen) Freitag fallen.

Für die Schweizer Banken ist diese diffuse Situation sehr schwierig. Denn vor allem für die grossen Institute wie die UBS und die Credit Suisse ist der US-Markt seit Jahrzehnten von zentraler Bedeutung. Wie wichtig dabei gute Beziehungen zu den US-Behörden sind, zeigte sich zuletzt im Steuerstreit mit den Amerikanern. Nun, da diese Angelegenheit zwar noch nicht ganz gelöst, aber doch zumindest enorm entschärft werden konnte, wollen die Schweizer Banken auf keinen Fall mit heiklen Vorstössen im Iran eine neue Front gegen die USA eröffnen.

Terrorfinanzierung befürchtet

Das erklärt denn auch die abschlägige Haltung der Schweizer Grossbanken. So verweisen Sprecher beider Institute darauf, dass die Regeln und Bestimmungen für Finanzgeschäfte im Iran noch bei weitem nicht den internationalen Standards entsprächen. Auch eine Zürcher Kantonalbank hält Geschäftsaktivitäten mit dem Iran noch für verfrüht. 

Unter diesen Prämissen sei die Gefahr zu gross, unter Verdacht von unlauteren Institutionen oder gar von Terrorfinanzierung zu geraten. Darin kommt auch die Angst zum Ausdruck, sich einem allfälligen Tadel der Amerikaner auszusetzen. Umgekehrt behindert die abwartende Haltung der Schweizer Finanzinstitute die Entwicklung neuer Geschäftstätigkeiten mit dem Iran, wie man auch beim Seco einräumt. 

Skepsis gegenüber den USA

Und noch etwas kommt hinzu: Die Konkurrenz schläft nicht. Im Gegenteil. Gerade grosse europäische Finanzinstitute namentlich aus Frankreich, Italien und Spanien legen bereits eine rege Geschäftstätigkeit im Iran an den Tag, zumal auch von der iranischen Wirtschaft ein riesiges Bedürfnis besteht, den Anschluss an Europa wieder herzustellen, wie auch eine kürzliche Umfrage von IranPoll zum Ausdruck brachte. Darin kommt auch zum Ausdruck, dass eine deutliche Mehrheit der Iranerinnen und Iraner nicht erwartet, dass die USA ihren Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem JCPOA nachkommen werden.

Rein von seinen wirtschaftlichen Dimensionen her ist der Iran nicht zu unterschätzen. Das Land mit seinen gut 80 Millionen, vorweigend jungen Einwohnern zählt zu den zwanzig grössten Volkswirtschaften der Welt, wie Esfandyar Batmanghelidj, der Initiant des Europe-Iran Forums, gegenüber finews.ch erklärte. Die Bevölkerung weise ein vergleichsweise hohes Bildungsniveau auf, es existiere eine wachsende Mittelschicht, und gerade im Finanzsektor sei der Iran daran, eine Entwicklungsstufe regelrecht zu überspringen.

Fintech-Boom und unterbewertete Börse

Während das Bankensystem noch recht rudimentär und aufgrund der Sanktionen in der Vergangenheit zurückgeblieben ist, spriessen parallel dazu Fintechs wie Pilze aus dem Boden. So mutiert das Land zu einem einzigartigen Experimentierfeld, wo der Bedarf an Finanzlösungen dringend nötig ist, und war in einer Dimension – mit 80 Millionen Einwohnern –, die weit über der kritischen Grösse liegt.

Wachstumspotenzial signalisiert auch die Börse in Teheran, wie Omid Gholamifar gegenüber finews.ch erklärte. Mit seiner in Schweden domizilierten Firma Serkland Invest hat er begonnen, sich an vielversprechenden Firma im Iran zu beteiligen.

Vielversprechende Branchen

Viele Titel seien noch massiv unterbewertet, würden aber durch die politischen Veränderungen seit Anfang 2016 noch massiv an Wert gewinnen, namentlich im Konsumgütersektor, im Technologiebereich, in der Pharmabranche und selbstredend in der Finanzindustrie. Es kommt nicht alle Tage vor, dass ausgerechnet die Schweizer Banken derlei Opportunitäten entsagen.

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