Im Interview mit persoenlich.com erinnert sich Claude Baumann, wie ihm die Idee für finews.ch kam, was er sich von seinen Mitarbeitern erhofft, und was es in Asien alles zu holen gibt.


Herr Baumann, wo spüren Sie die digitale Disruption stärker: in der Medienbranche oder im Banking?

Beide Branchen sind disruptiv. Unterschiede gibt es dennoch: In den Medien startete die Transformation früher, vor etwa zehn Jahren, gerade als wir mit finews.ch begannen. Wir realisierten damals, dass der Medienkonsum und die Werbung immer mehr vom Print in Richtung Online gehen.

Im Banking spürt man die tiefgreifenden Veränderungen im Geschäft erst etwa seit vier oder fünf Jahren, im Prinzip seit Fintech ein grosses Thema ist.

finews.ch musste also nie eine Transformation vornehmen, die Marke entstand im Internetzeitalter.

Ja. Zur Entstehung gibt es eine lustige Anekdote: 2007, als ich noch als Wirtschaftsredaktor bei der «Weltwoche» arbeitete, las ich regelmässig persoenlich.com. Da kam mir die Idee, etwas Ähnliches für die Bankbranche aufzubauen.

«finews.ch will ein attraktiver Arbeitgeber sein»

finews.ch gibt es also nicht zuletzt wegen persoenlich.com. Ich erzähle das hier nicht einfach, weil es sich um ein persoenlich-Interview handelt (lacht). Es stimmt wirklich.

Mittlerweile arbeiten zwölf Leute bei finews.ch, darunter Redaktoren, die von etablierten Finanztiteln oder von internationalen Nachrichtenagenturen wie «Bloomberg» und «Thomson Reuters» kommen.

Wir starteten klein. Zu Beginn beschäftigten wir Studenten, doch das Unternehmen entwickelte sich sehr rasch. Da merkten wir, dass wir, wenn wir fundierten Inhalt liefern wollten, qualifizierte Leute engagieren müssen, die auf Augenhöhe mit Bankenmitarbeitern über die entsprechenden Themen schreiben können.

Daher arbeiten heute alles erfahrene Journalisten wie Peter Hody, vorher Chefredaktor von «Stocks», Katharina Bart, früher beim «Wall Street Journal» und «Reuters», Frédéric Papp früher bei «Cash», Samuel Gerber, vorher bei der «Handelszeitung» oder der ehemalige «Bloomberg»-Reporter Andreas Britt bei uns.

Was bieten Sie, damit die Mitarbeiter bleiben?

finews.ch will ein attraktiver Arbeitgeber sein, nicht wie andere Redaktionen, wo vor allem gespart und abgebaut wird. Unseren Leuten soll es gefallen. Sie sollen Freiheiten haben und selber entscheiden können. Wichtig ist ebenfalls, dass unsere Mitarbeiter nicht nur im Büro sitzen, sondern auch reisen – nach London, Frankfurt oder nach Asien.

Das kostet viel Geld.

Das ist immer eine Frage der Relationen und der Ausbeute. Wenn wir Reportagen aus Finanzmetropolen wie New York, Singapur oder Hongkong haben, ist das auch etwas Wert. Aber Personal ist tatsächlich der Hauptkostenblock.

«Statt in ein Print-Produkt haben wir in die Expansion nach Asien investiert»

Daneben haben wir vergleichsweise geringe Aufwendungen. Das ist ein grosser Vorteil der Digitalisierung. Wir sind schlank, kompetent und schnell. Das ist unser Erfolgsrezept.

War es nie nötig, etwas Gedrucktes herauszugeben?

Eine Printausgabe würde wenig bringen, denn unsere Branche ist extrem online-affin. Statt in ein Print-Produkt haben wir in die Expansion nach Asien investiert. Seit Anfang 2016 betreiben wir eine Schwestergesellschaft in Singapur, die mit der Webseite finews.asia den asiatischen Markt abdeckt, auf Englisch natürlich.

«Im nächsten Jahr wollen wir in Hongkong jemanden engagieren»

Wir konnten in den ersten beiden Jahren die Kosten bereits decken. Natürlich haben wir auch dort klein begonnen, derzeit sind zwei Personen für Asien aktiv, zudem reisen die Mitarbeiter in Zürich alternierend nach Asien, und schliesslich bin ich selber vier bis fünf Mal im Jahr dort.

Was erhoffen Sie sich davon?

Asien ist für die Finanzbranche der Wachstumsmarkt par excellence. Wir spüren dort eine enorme Dynamik und Aufbruchsstimmung. Entsprechend ist es naheliegend, dass wir uns da niedergelassen haben. Zudem profitieren wir, dass dort auch alle wichtigen Schweizer Finanzinstitute präsent sind. Das hat uns am Anfang viele Türen geöffnet.

Mit finews.asia schreiben wir aber nicht nur über Schweizer Banker in Asien, sondern über die gesamte Finanzbranche dort respektive für deren Mitarbeiter. Nächstes Jahr wollen wir in Hongkong jemanden engagieren.

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