Solange die Schweizer Finanzhäuser ständig vor Gericht landen, hat das viel gepriesene Swiss Banking keine Existenzberechtigung mehr, schreibt finews.ch-Herausgeber Claude Baumann in seinem Kommentar.  

Mit der Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die UBS in Frankreich wird der Öffentlichkeit ein weiteres Mal bewusst, wofür das viel gepriesene Swiss Banking auch stehen kann. Nämlich für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Geldwäscherei und zur illegalen Akquisition von Kundinnen und Kunden. Natürlich lässt sich hier einwenden, dass diese konkreten Vorfälle viele Jahre zurückliegen – und sich die Welt inzwischen gewandelt hat.

Doch wenn man sich vergegenwärtigt, dass derzeit auch die US-Justiz wieder gegen Schweizer Banken ermittelt, und zwar wegen der Missachtung von Sanktionsregeln, sowie in Singapur die Finanzmarktaufsicht MAS unter anderem das Gebaren zweier Schweizer Banken im grössten Geldwäscherei-Skandal, den der asiatische Stadtstaat vermutlich je erlebt hat, untersucht, liegt der Schluss nahe, dass sich das Swiss Banking tatsächlich nie gewandelt hat, sondern bis heute in dieser heiklen Grauzone zwischen Recht und Unrecht laboriert.

Problematisches Geschäftsmodell

Denkt man dann noch an die zahlreichen, hängigen Verfahren (Archegos, Greensill, Mosambik, Bermuda), welche die UBS von der Credit Suisse «geerbt» hat, bekräftigt dies bloss die Vermutung, dass das Swiss Banking möglicherweise auf ewig ein höchst problematisches Geschäftsmodell sprich Unterfangen bleibt, weil es noch nie die Nachhaltigkeit bewiesen hat, auf die sich deren Verfechter berufen.

Vor diesem Hintergrund muss die künftige Legitimation für das Swiss Banking kaum in der Palette der offerierten und laufend erweiterten Serviceleistungen gesucht werden, sondern in der Frage, wie es die grossen, international tätigen Schweizer Geldhäuser endlich einmal schaffen, nicht ständig mit mindestens einem Bein in der Illegalität zu stehen.

Neue Realität

Kurzum, solange unsere Finanzinstitute regelmässig vor ausländischen Gerichtshöfen antraben müssen und danach zu hohen Geldbussen verurteilt werden, hat das Swiss Banking langfristig keine Zukunft. So trägt es eher dazu bei, dass andere Geldhäuser und Finanzplätze ihre Marktanteile ausbauen.

Und noch einen Aspekt gilt es in dieser Sache zu beachten: In einer zunehmend transparenten, politisch korrekt sein wollenden und entsprechend «neumoralischen» Welt, die sich seit einigen Jahren vor unseren Augen als neue Realität entwickelt, wird es immer schwieriger, Sinn und Zweck eines letztlich doch sehr komplexen und diffusen Geschäftsmodells wie das Swiss Banking zu plausibilisieren.

Permanent auf der Anklagebank

Unter diesen Prämissen sollte sich die Schweizer Hochfinanz die Worte des deutschen Philosophen Hermann Lübbe merken, der einst sagte: «Die Gerichtshöfe der Moral kennen keine Prozessordnung.» Insofern sollten die Schweizer Banken alles daransetzen, endlich nicht mehr permanent auf der Anklagebank zu landen. Denn dort enden sie immer nur als Verlierer.

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