So habe ich Formationen ausgemacht wie letztmals beim Goldanstieg 2011 oder bei der UBS-Aktie vor dem Absturz. Daraus habe ich gefolgert, dass dieser jüngste Anstieg beim Bitcoin-Preis der vorläufig letzte ist. Ich ging davon aus, dass der Kurs bis auf 13'000 Dollar fallen würde. Ich war dann selber sehr überrascht, wie genau meine Prognose war. Das hat mich einmal mehr in meinen Prognosen bestärkt.

Haben Sie auch Bitcoins gekauft?

Nein, ich handle nur mit Aktien.

Wie geht es weiter mit dem Bitcoin-Preis?

Bis auf weiteres wird es einen Rückgang geben. Entscheidend wird sein, ob sich der Preis bei 8'000 Franken halten kann. Falls er das tut, dann wird er sich auffangen und in eine neue Aufwärtsphase einschwenken.

«Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass Kryptowährungen bestehen bleiben»

Die Alternative dazu wäre, dass der Kurs unter diese Unterstützungslinie fällt, wie das beim Gold in den 1980er-Jahren ähnlich war und es gut zehn Jahre dauerte, bis sich das gelbe Edelmetall wieder erholte.

Könnte der Bitcoin auch ganz verschwinden?

Das glaube ich nicht. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass Kryptowährungen bestehen bleiben, und dass sie nach einigen Korrekturphasen wieder auf einen langfristigen Haussetrend einschwenken werden.

Was macht Sie so zuversichtlich?

Interessant wird sein, ob einzelne Staaten Kryptowährungen lancieren, weil diese eine viel grössere Glaubwürdigkeit hätten, als wenn dies Private tun. Kryptowährungen wären sozusagen eine Fortsetzung unseres gegenwärtigen Währungssystems, das mittlerweile ein ganz grosses Problem hat.

Welches denn?

Die hohe Staatsverschuldung in vielen Ländern. Würde ein Land seine Schulden streichen, würde die Währung kollabieren. Darum denke ich, dass Kryptowährungen bleiben werden, als Alternative. Wie man das Problem mit dem Stromverbrauch bei der Herstellung von solchen Kryptowährungen lösen wird, muss sich noch weisen. Das kann ich nicht beurteilen.

Warum liegt Ihres Erachtens die Unterstützungslinie bei 8'000 Dollar?

In der Technischen Analyse gibt es Stimmungstrends, die sich zwischen Panik, Pessimismus sowie Optimismus und Euphorie bewegen. Daraus lassen sich Verhaltensmuster ableiten, wann beispielsweise ein Aufwärtstrend zu Ende geht.

«Das ist das Schlimmste, was ich in meiner ganzen Berufskarriere gesehen habe»

Geht man davon aus, dass der Mensch ein Stück Natur ist, dann ist auch die Stimmung des Kollektivs ein Naturphänomen, das sich im Chart niederschlägt. Und wenn mehrere Kurslinien in einer Bandbreite liegen, dann ist diese Entwicklung richtungsweisend. Bei 8'000 Dollar gingen in meiner Analyse gleich drei Linien durch.

Können Sie auch auf der Zeitachse erkennen, wann eine Trendwende eintritt?

Weniger. Ich kann es abschätzen, ich kann extrapolieren. Aber letztlich sind mir Muster wichtig. Die Richtung ist entscheidend und weniger der Zeitpunkt.

Gibt es zumindest ein Zeitfenster für diese Widerstandslinie bei 8'000 Dollar?

Ja, die nächsten zwei Wochen. Derzeit notiert der Kurs leicht über 10'000 Dollar. Bei 8'000 Dollar würde ich Bitcoins kaufen – weil ich die Bedeutung dieser Unterstützungslinie genau kenne. Ginge es weiter nach unten, würde ich höchstens ein Minus von 6 oder 7 Prozent akzeptieren und sonst verkaufen.

Warum?

Das ist das Schlimmste, was ich in meiner ganzen Berufskarriere gesehen habe: dass sich Anleger von ihren Verlustpositionen nicht trennen können, weil sie sich eingestehen müssten, einen Fehler begangen zu haben. Das ist schon so vielen Leuten zum Verhängnis geworden. Das war auch in der Finanzkrise vor zehn Jahren der Fall.

Diese Krise haben Sie ebenfalls kommen sehen?

Ja, auf meiner Homepage finden Sie den Chart von 2007, der mir damals ein langfristiges Verkaufssignal zeigte. Ich wusste natürlich nicht, dass es eine Finanzkrise geben würde, aber ich sah, dass der Markt langfristig nach unten drehen würde. Dafür gab es mehrere Muster. Viele Fachleute meinten, es komme schon wieder gut. Sie wollten sich einfach nicht eingestehen, dass sie noch viel Geld verlieren würden.


Der Aargauer Rolf P. Bertschi ist seit mehr als 40 Jahren in der Bankbranche tätig. Seine Karriere startete er 1977 mit einer Lehre bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA, heute Credit Suisse) in Aarau, bevor er 1980 in die Research-Abteilung nach Zürich wechselte. Im Jahr 1987 initiierte er die Swiss Association of Market Technicians (SAMT). In den 1990er-Jahren baute er die Technische Analyse im Private Banking der Credit Suisse auf und gelangte dadurch zu weltweitem Ansehen. Zehn Jahre lang war er als Managing Director Mitglied des Investment-Komitees unter der Leitung von Oswald J. Grübel. Ende 2016 liess er sich frühzeitig pensionieren und ist seither selbständig tätig.

Rolf Bertschi 503

Für sein Lebenswerk wurde Rolf Bertschi im vergangenen Monat von der SAMT mit einem «Lifetime Achievement Award» ausgezeichnet (im Bild mit Ron William von der SAMT). Das Interview fand im Rahmen der 33. ZfU-Kapitalanlegertagung im Januar 2018 in Zürich-Regensdorf statt.