Im Wettbewerb der Finanzplätze macht Luxemburg sehr vieles richtig. Und wie im Eurovision Song Contest steht sich die Schweiz so häufig einfach selber im Weg. Dafür gibt es einen wesentlichen Grund.

Ein Weg vom Flughafen in die Stadt Luxemburg führt über die Avenue J.F. Kennedy (Bild unten). Es mag symptomatisch sein, dass eine Strasse nach einem US-Präsidenten benannt ist, der für so viel Aufbruchsstimmung sorgte und dabei auch den Plan schmiedete, auf den Mond zu fliegen.

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Zum Erdtrabanten will in Luxemburg niemand – Aufbruchsstimmung herrscht dennoch, als man den dortigen Finanzplatz tatsächlich in neue Sphären katapultieren will. Die Avenue J.F. Kennedy veranschaulicht dies besonders gut, weil dort in den vielen kühnen architektonischen Neubauten mittlerweile alles vertreten ist, was in der internationalen Hochfinanz Rang und Namen hat. Der Finanzplatz von Luxemburg beschäftigt rund 50'000 Personen, davon 45 Prozent Ausländer und trägt knapp 30 Prozent zum Bruttoinlandprodukt bei. Im Grossherzogtum sind fast 150 Banken vertreten, darunter ein gutes Dutzend Schweizer Institute sowie mittlerweile auch zehn chinesische Geldhäuser. Über 3'900 Anlagefonds sind in Luxemburg domiziliert.

Attraktive Heimat

Ob UBS, Credit Suisse, Julius Bär, Pictet oder Lombard Odier  – allein in den vergangenen zwei Jahren hat sich Luxemburg definitiv für zahlreiche Finanzinstitute zu einer ganz wichtigen Adresse in Europa entwickelt. Kaum eine Woche vergeht mehr, ohne dass nicht ein weiteres Institut eine Expansion oder ein Investment im Grossherzogtum ankündigt. Erst kürzlich schnappte sich die UBS das Private-Banking-Geschäft der skandinavischen Nordea-Bank und erklärte, man sehe sich – in Luxemburg – als «attraktive Heimat» für die übernommenen Kunden.

Es sind zwei Entwicklungen, die in der jüngsten Zeit so viel Aktivismus ausgelöst haben: Zum einen der Brexit, zum anderen die fortschreitende europäische Integration. In beiden Fällen geht Luxemburg davon aus, substanzielle Marktanteile gewinnen und sich dabei als wendige, empfängliche und zunehmend vielseitige Finanzdrehscheibe profilieren zu können.

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«Make your Career in Luxembourg’s Financial Industry», so wirbt auch die Agentur zur Förderung des Finanzplatzes, Luxembourg for Finance, um das Grossherzogtum. In dem aufwändigen Video preisen diverse Expats den hohen Lebensstandard und die hervorragenden Job-Möglichkeiten im Kleinstaat.

Gunst der Stunde

«Mit sichtlichem Erfolg», wie der Luxemburger Vermögensverwalter Léon Kirch (Bild unten) im Gespräch mit finews.ch erklärt. Zahlreiche grosse Finanzinstitute, namentlich Blackrock, hätten in den vergangenen Jahren ihre personelle Präsenz massiv ausgebaut. Auch Kirch nutzte im Rahmen seiner Firma European Capital Partners (ECP) unlängst die Gunst der Stunde und gründete zusammen mit dem Schweizer Vermögensverwalter Colombo Wealth Management und der französischen Firma Twenty First Capital das Joint-Venture EC21, das sich an unabhängige Vermögensverwalter in Europa und namentlich auch in der Schweiz richtet, die mittlerweile in Scharen eine Plattform im EU-Raum suchen – als Tor zum EU-Markt.

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Galt Luxemburg über viele Jahre vor allem als Administrationszentrum für das Anlagefondsgeschäft, so führt der jüngste Zulauf an Fachkräften und Know-how dazu, dass sich die dortige Branche zunehmend auch in der Vermögensverwaltung (Wealth Management) und in der Entwicklung von Anlageprodukten (Asset Management, Private Equity) etabliert. Selbst als Fintech-Hub hegt das Grossherzogtum Ambitionen und entpuppt sich so als vielseitige Anlaufstelle mit enormer Anziehungskraft.

Weltkarte der Hochfinanz

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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