ESG-Anlagen geniessen hohe Mittelzuflüsse, denn sie bieten eine finanzielle und eine soziale Rendite. Vor einer Investition sollten Anleger jedoch einige Fragen beantworten.

Richard Mooser ist CIO & Head of Fixed Income (CHF) bei Axa Investment Managers Schweiz. Er schreibt monatlich abwechselnd mit Franz Wenzel eine Kolumne für finews.ch.

Gestiegene regulatorische Anforderungen, eine veränderte Wahrnehmung zu den klimatischen Veränderungen aber auch sich verschärfende geopolitische Unsicherheiten – gekoppelt mit der Erwartung steigender Zinsen – stellen Investoren vor grosse Herausforderungen. Dies trifft vor allem auch für den Bereich der festverzinslichen Anlagen zu, wo Kapitalerhalt und die Analyse von Downside-Risiken im Vordergrund stehen.

Ein Investitionsansatz, der wichtige zusätzliche Informationen über die Kreditqualität eines Emittenten geben kann, ist das «verantwortliche Investieren», das heisst Anlagen in Wertpapiere von Unternehmen, welche die Aspekte Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung (ESG-Kriterien) berücksichtigen.

Transparenter Anlageprozess

Das Interesse an ESG-Anlagen ist in den vergangenen Jahren markant gestiegen. Immer mehr private und institutionelle Investoren achten auf die Wirkung ihrer Investitionen und fordern einen transparenten Anlageprozess. Besonders ausgeprägt ist diese Entwicklung im festverzinslichen Bereich, bei den «Green Bonds» (vgl. nachstehende Grafik).

Green Bonds 500

Green Bonds ermöglichen Investitionen in Projekte zur Bekämpfung des Klimawandels, etwa zur Erhöhung von Energieeffizienz und Förderung erneuerbarer Energien. Zudem verpflichten sich die Schuldner, regelmässig über die Mittelverwendung zu berichten, und die strikte Einhaltung der definierten Standards wird durch spezialisierte Rating-Agenturen geprüft.

Leider weist der Franken-Kapitalmarkt diesbezüglich noch so einiges an Aufholbedarf auf, wie sich auch anhand der beiden gegen Ende letzten Jahres in Franken begebenen Obligationen des Kantons Genf gezeigt hat. Nicht nur die grosse Nachfrage, sondern auch die Wertentwicklung dieser Obligationen gegenüber vergleichbaren Obligationen überzeugen bislang.

Investoren und Regulator im Einklang

Wurden früher beim verantwortungsvollen Investieren (Responsible Investing, RI) bloss Segmente wie Waffen, Tabak oder Gambling weggelassen, ist das RI-Screening heute viel breiter. Es werden nicht nur unerwünschte Unternehmen ausgeschlossen, sondern aktiv diejenigen Firmen ausgewählt, welche die verlangten ESG-Kriterien erfüllen.

Das starke Wachstum des RI-Sektors ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass weltweit immer mehr grosse Staatsfonds und Vorsorgeeinrichtungen aufgrund regulatorischer Vorgaben verantwortungsvoll investieren müssen. Gleichzeitig sollen sie jedoch auch ansprechende Marktrenditen erzielen.

Unzählige Möglichkeiten

Der Boom des Sektors hat zur Folge, dass es unzählige Möglichkeiten, Themen und Investitionsprodukte über sämtliche Anlageklassen hinweg gibt. Entsprechend gross ist die Gefahr, dass der Begriff des Responsible Investment verwässert wird. Zudem gibt es keine einheitliche Definition und keinen einheitlichen Massstab der von den verschiedenen Fondsmanagern angewandten ESG-Kriterien.

Der Investor muss deshalb Fragen zu fünf wichtigen Themen beantworten: der Tiefe und Breite des gewünschten ESG-Universums, der Qualität des Bewertungsprozesses, der Messung der finanziellen und sozialen Rendite, der Wahl des geeigneten Anlagevehikels, und was mit der Investition tatsächlich erreicht werden soll.

Performance-Messung zentral

Allgemein wird zwischen den drei RI-Konzepten Screening, Integration und Impact unterschieden. Das Screening schliesst unerwünschte Unternehmen aus und ermittelt anhand von ESG-Kriterien die möglichen Chancen und Risiken eines Portfolios. Der Integrations-Ansatz beruht auf einer genauen ESG-Analyse und nutzt die entsprechenden (Finanz-)Informationen für den Investitionsentscheid. Impact Investing will neben dem Erwirtschaften einer finanziellen Rendite eine positive gesellschaftliche oder Umweltveränderung hervorrufen.

Der Bewertungsprozess muss robust und konsistent sein, und er muss das langfristige Potenzial eines Unternehmens erfassen. Das Geschäftsmodell eines Unternehmens ist im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitstrends zu beurteilen. Dazu gehören sämtliche Ressourcen, Ökosysteme, Klimawandel, Humankapital und die Qualität der Unternehmensführung, aber auch generell Menschenrechte, Geschäftsethik, Kundenbeziehungen, Marken, Patente, gesellschaftliches Engagement und Reputation.

Investoren sollten genau darüber Bescheid wissen, welche Performance ihre Investition erzielt – in finanzieller und sozialer Hinsicht –, und wie sie gemessen wird. Die Bewertung vieler Unternehmen, die gute Ergebnisse liefern, oder von denen erwartet wird, dass sie sich gut entwickeln werden, basieren zunehmend auf vorgängig erwähnten, nachhaltigen Kriterien. Der Anbieter oder Fondsmanager eines ESG-Produkts muss erklären können, wie er diese Faktoren bewertet, misst und in seinen Anlageentscheid einfliessen lässt.

Ziele genau definieren

Anleger können in Fonds investieren, die sich ausschliesslich auf RI-Themen konzentrieren, oder sie können ein Produkt wählen, das die Idee des verantwortlichen Investierens mit anderen Kriterien verbindet. Wichtig ist eine genaue Analyse der Bedürfnisse und der Ziele sowie des Risikoprofils und des Anlagehorizonts des Investors.

Und welches Anlagethema soll gewählt werden? Grundsätzlich soll das Kapital des Anlegers dazu eingesetzt werden, einen sozialen Nutzen zu erzielen und gleichzeitig marktübliche Renditen zu erwirtschaften. Spezifische Interessen können auf Bereiche wie Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung, Umwelt und Biodiversität, Klimawandel, Bildung, unternehmerische Unterstützung oder nachhaltiges Wohnen zugeschnitten werden.

Entscheidend ist, die Ziele von Anfang an klar zu definieren und sicherzustellen, dass die Projekte zielgerichtet geleitet werden. Zudem müssen die Ergebnisse spezifisch und messbar sein.

Exakte Definition

Verantwortungsvolle, nachhaltige Anlagen bieten Investoren nicht nur eine finanzielle und eine soziale Rendite, sondern auch langfristig höhere risikoadjustiere Erträge. Das ist in einem volatilen und von Unsicherheiten geprägten Marktumfeld besonders wichtig. Eine exakte Definition der erwünschten Ziele und eine sorgfältige Auswahl der Investitionsprodukte sind jedoch unabdingbar.


Richard Mooser 502Richard Mooser ist seit Mai 2017 Chief Investment Officer (CIO) und leitet seit gut fünf Jahren das Fixed Income Team. Er stiess im Januar 2008 als Senior Fixed Income Portfoliomanager zu Axa Investment Managers. Er ist für verschiedene Versicherungsportfolios und für den gemischten Retail Obligationen Fond (CHF) sowie für gewisse Kreditsektoren im Obligationen-Universum (CHF) verantwortlich. Bevor Mooser zu Axa Investment Managres kam, war er Leiter des Fixed Income Trading bei der Deutschen Bank in Zürich. Davor war er bis 1994 bei der UBS Zürich für den Handel und die Platzierung von Franken-Obligationen im Primärmarkt verantwortlich. Er besitzt das Schweizer Diplom für Finanzanalysten und Vermögensverwalter sowie das internationale Diplom «Certified International Investment Analyst».

 

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