Die Regulierungsprojekte Fidleg und Finig stehen nach jahrelangem politischem Prozess auf der Zielgeraden. In der Branche mache sich Aufbruchstimmung bemerkbar, findet der Finanzexperte Stefan Baumann. 

Mit den am 24. Oktober publizierten Verordnungen der Gesetze startet nun die Vernehmlassungsphase zu den Verordnungen, die bis zum 6. Februar 2019 dauert.

Die beiden Gesetze sollen zusammen mit ihren Verordnungen auf den 1. Januar 2020 in Kraft treten. Den Finanzmarktakteuren verbleibt somit noch gut ein Jahr Zeit, um die Gesetze in ihren Unternehmens-Prozessen zu etablieren und die Mitarbeitenden zu schulen.

Die eigentlichen Spielregeln

Mit dem Fidlev erhält die Finanzbranche nebst dem Fidleg nun die konkreten Ausführungsbestimmungen, also die eigentlichen Spielregeln, wie das Gesetz umgesetzt werden soll.

So wird beispielsweise definiert, welche Punkte die Risiko-Information der zu erbringenden Finanzdienstleistung zwingend enthalten soll, oder welche Kostenkomponenten gegenüber den Kunden ausgewiesen werden müssen respektive zu welchem Zeitpunkt die Information zu erfolgen hat.

Deutlich weniger weit

Die Verordnung bestätigt den im Gesetzgebungsprozess beschrittenen Weg. Man orientiert sich zwar an der europäischen Richtlinie (MiFID II), geht aber bei verschiedenen, im EU-Raum immer noch höchst kontrovers diskutierten Kundenschutz-Massnahmen deutlich weniger weit (kein Verbot von Retrozessionen, keine Research-Beschränkung, kein Verlustschwellen-reporting, keine Zielmarktbestimmung, keine Transaktionsmeldungen).

Dies reduziert die regulatorischen Mehrkosten deutlich und lässt der Schweizer Finanzbranche mehr Spielraum, was sowohl ökonomisch als auch rechtlich sinnvoll ist.

Erfolgsfaktoren der Umsetzung

Für die Umsetzung des Fidleg müssen unter anderem strategische Entscheidungen gefällt (bezüglich Kundensegmente und Dienstleistungen) und geschäftsinterne Abläufe angepasst werden. Dabei dominiert die Überzeugung, dass die Branche dies akkurat und termingemäss erledigen wird.

Als wichtige Voraussetzungen zur erfolgreichen Implementierung des Fidleg stehen drei Faktoren im Vorderung:

  • Tool-Unterstützung: Mit einem modernen CRM/PM-Tool lassen sich wichtige Fidleg-Anforderungen (unter anderem Dokumentations-/Rechenschaftspflichten, Suitability-Checks) quasi auf Knopfdruck umsetzen.
  • Gut ausgebildete Mitarbeitende: Mit dem Fidleg werden die Anforderungen an die Finanzbranche griffiger und die Sanktionierung bei Verstössen wird einfacher. Um der Gefahr von Fehlverhalten zu begegnen, müssen die Mitarbeitenden nebst der fachlichen Ausbildung auch zwingend im Detail zu den Anforderungen des Fidleg geschult werden.
  • Transparente Kundenkommunikation: Hier gilt es insbesondere das Vertragswerk mit den Kunden zu beachten, welches zwingend an die Fidleg-Anforderungen und die entsprechende Terminologie anzupassen ist. Weitere Anforderungen im Bereich der Informationspflichten können beispielsweise in die Webseite des Finanzdienstleisters oder in ein Factsheet integriert werden.

Chance für die Branche

Den externen Vermögensverwaltern (EVV) wurde lange eine regulierungsbedingte, schmerzvolle Konsolidierungswelle vorausgesagt. Das finale Finig trägt jedoch der Mikrostruktur der Schweizer EVVs mit vielen Kleinstunternehmen Rechnung, so dass auch klassische «One-Man-Shows» bewilligungsfähig sind, sofern sie die Corporate-Governance-Kriterien erfüllen.

Diese umfassen beispielsweise die Anforderungen an die qualifizierten Geschäftsführer (unter anderem Berufserfahrung von fünf Jahren in der Vermögensverwaltung und eine Ausbildung, die mit der nötigen Praxiserfahrung gleichwertig ist).

Aufbruchstimmung spürbar

Ungeachtet der individuellen Situation des einzelnen EVVs, gibt es verschiedene Optionen, die Zukunft zu beschreiten: Im Alleingang (allenfalls mit einer Auslagerung einzelner Bereiche), im Rahmen einer Kooperation mit anderen EVVs oder durch den Anschluss an eine EVV-Plattform.

Die EVV-Branche wird mit dem Finig gestärkt. Aufbruchstimmung im Markt ist spürbar. So sind jetzt die Anforderungen an EVVs und Trustees im Detail bekannt, so dass sich die Mitarbeitenden in der Finanzbranche vermehrt mit dem Schritt in die Selbständigkeit befassen werden.


Stefan Baumann leitet bei der Schweizer Beratungsfirma Geissbühler Weber & Partner das Business Development und den Geschäftsbereich ‹Externe Vermögensverwalter›. Das Unternehmen berät mit gut 70 Spezialisten in Zürich, Lugano und Frankfurt Finanzdienstleister bei der Bewältigung regulatorischer Fragen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.91%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.55%
pixel