Das Tiefzinsumfeld, der Trend zu kostengünstigen, passiven Anlagen und disruptive Technologien bringen die traditionelle Wertschöpfungskette der Asset Manager zunehmend durcheinander. Das Asset Management befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Wandel.

Von Lorenz Arnet, Geschäftsführer Asset Management Plattform

Das Asset Management, also die Produktion und Verwaltung von Anlagelösungen für institutionelle Kunden, durchläuft einen tiefgreifenden Wandel. Die Zeiten sind vorbei, in denen regelmässig hohe Anlagerenditen zu zufriedenen Investoren führten und die Anbieter auch ohne Innovationen grosszügige Gebühren vereinnahmen konnten.

Nebst dem Tiefzinsumfeld und dem Trend zu kostengünstigen, passiven Anlagen trägt ein weiterer wichtiger Faktor zum beschleunigten Wandel bei: disruptive Technologien, welche die traditionelle Wertschöpfungskette der Asset Manager zunehmend infrage stellen. Künstliche Intelligenz, Distributed-Ledger-Technologie, Quantum Computing und Robotik sind Schlagworte, die in aller Munde sind. Bieten diese neue Technologien aber wirklich Chancen zur Neugestaltung der Wertschöpfungskette?

Die Wertschöpfungskette bei einem Asset-Management-Produkt – beispielsweise bei einem Anlagefonds – besteht heute, vereinfacht gesagt, aus drei Elementen:

1. die Kernfunktionen des Asset Managements, wo die Rendite erwirtschaftet wird. Dazu gehören Research, eine geeignete Asset Allocation, die Auswahl der einzelnen Finanzinstrumente, eine optimale Ausführung sowie ein professionelles Risikomanagement;

2. die Administration, welche unter anderem die Strukturierung des Produkts, die Verwahrung der Finanzinstrumente sowie weitere operatio-nelle Funktionen umfasst, und

3. der Vertrieb, der das Produkt mittels Marketing und Verkaufsanstrengungen zum Kunden bringt und diesem einen guten Service bietet. In allen Bereichen der Wertschöpfung eröffnen neue Technologien den Asset Managern interessante Chancen.

Hand in Hand mit intelligenten Maschinen

Im Kernbereich des Asset Managements – dem Treffen von Anlageentscheidungen mit dem Ziel, eine attraktive Rendite zu erwirtschaften – ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz vielversprechend. Das Verarbeiten immer grösserer Datenmengen in Echtzeit und darauf aufbauend das Modellieren von erwarteten Marktbewegungen sowie das maschinelle Lernen über das ursprüngliche Modelldesign hinaus werden in Zukunft für das Erzielen eines überdurchschnittlichen Anlageerfolgs entscheidend sein.

Der Einsatz von Quantencomputern kann dabei die Verarbeitung extrem grosser Datenmengen vereinfachen und beschleunigen. Es ist daher davon auszugehen, dass in Zukunft ein Grossteil der Markt- und Finanzanalyse von intelligenten Maschinen ausgeführt werden wird. Die Zeiten sind vorbei, in denen regelmässig hohe Anlagerenditen zu zufriedenen Investoren führten und die Anbieter auch ohne Innovationen grosszügige Gebühren vereinnahmen konnten.

Administration vor Tokenisierungswelle

Im Bereich der Administration könnten die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und der Einsatz von Smart Contracts mittelfristig zu einer nahezu vollständigen Umwälzung der heutigen Middle- und Backoffice-Infrastruktur im Asset Management führen. Grundsätzlich können sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit der Registrierung, Ausführung und Verbuchung von Transaktionen durch die Blockchain-Technologie abgelöst werden.

Der Transfer von Vermögenswerten kann ohne Intermediär stattfinden, Clearing und Settlement-Prozesse werden mit-hilfe einer DLT-Infrastruktur effizienter und kostengünstiger. Die Tokenisierung traditioneller Finanzinstrumente, welche von verschiedenen Marktteilnehmern vorangetrieben wird, dürfte in dieser Entwicklung als Katalysator wirken. Fragezeichen stellen sich allerdings noch bei der Skalierbarkeit dieser neuen Technologien: So traut man ihnen zum heutigen Zeitpunkt noch nicht zu, die riesigen Datenvolumen sicher und mit einer genügend hohen Verlässlichkeit verarbeiten zu können. Auch regulatorische Fragen und die hohen Kosten einer Ablösung der heutigen Infrastruktur hemmen aktuell noch die Entwicklung.

Robo-Advisor gewinnen rasch an Akzeptanz

Schliesslich wird auch der dritte Teil der Wertschöpfungskette, der Vertrieb von Asset-Management-Produkten, in den nächsten Jahren aufgrund der Digitalisierung grosse Veränderungen erfahren. Im Vordergrund steht dabei der Wunsch der Asset Manager, näher an den Endanleger heranzukommen (von B2B zu B2C) und ihm gleichzeitig ein besseres Kundenerlebnis zu bieten. Viel spricht dafür, dass Investorinnen und Investoren in Zukunft mit wenigen Klicks oder Swipes auf einer E-Commerce-Plattform einfach, benutzerfreundlich und kostengünstig ihr Portfolio zusammenstellen und Finanzprodukte handeln werden – unabhängig von ihrer Bankbeziehung.

Solche Plattformen könnten in Zukunft dem Asset Manager die ganze Infrastruktur bereitstellen und ihm Aktivitäten wie Compliance, Reporting und Administration kostengünstig anbieten oder gar ganz abnehmen. Der Asset Manager kann sich dann auf seine Kernfunktion, das Erzielen einer attraktiven Rendite, fokussieren. Asset Manager, die tatsächlich Mehrwert schaffen, erhielten viel mehr Exposure und Distribution Power zu minimalen Kosten, während unterdurchschnittliche Konkurrenten das Nachsehen hätten. Bereits heute erfreuen sich beispielsweise Robo-Advisors und Fondsplattformen zunehmender Beliebtheit.

Auch wenn diese zwar noch vorwiegend vom Kundenbetreuer oder Vermögensverwalter und eher selten vom Endinvestor selbst benutzt werden, so zeichnet sich doch eine rasch zunehmende Akzeptanz für die neuen Technologien ab.

Schweizer Asset Manager gut aufgestellt

Insbesondere für die Schweizer Asset-Management-Industrie stellt dieser Wandel eine grosse Chance dar. Mit ihrem soliden Finanzplatz, ihrer Innovationskultur und erstklassigen Infrastruktur hat die Schweiz beste Voraussetzungen, um sich als zukunftsorientierter, technologisch führender Asset-Management-Standort zu positionieren. Die renommierten technischen Universitäten und Hochschulen tragen dazu bei, dass bereits heute viele Technologiefirmen in der Schweiz angesiedelt sind.

Dies ist nicht zuletzt der ausgezeichneten Forschungszusammenarbeit zwischen Hochschulen und der Industrie zu verdanken. Mit dem Crypto Valley verfügt die Schweiz ausserdem über eines der weltweit führenden Blockchain-Zentren. Die digitale Revolution im Asset Management wird primär den Kunden einen grösseren Nutzen und tiefere Kosten bringen, und das ist auch gut so. Wenn die Asset Manager die Chance packen, werden sie und die Schweiz als innovativer Asset-Management-Standort ebenfalls davon profitieren.

Asset Management Plattform Schweiz

Die Asset Management Plattform hat die Vision, die Schweiz zu einem führenden Asset-Management-Standort auszubauen. Als institutionalisierte, dauerhafte Plattform für die Weiterentwicklung des Geschäftsfelds Asset Management ist sie Ideengeber, Informationsstelle und Partner im politischen und regulatorischen Dialog.

Sie baut auf dem gemeinsamen Nenner aller Akteure im Bereich Asset Management auf. Zu den Prioritäten der Asset Management Plattform Schweiz gehört das Fördern von Innovation und neuen Tech-nologien, um die Schweiz zu einem bevorzugten Produktionsstandort für die Asset-Management-Industrie von morgen zu machen.

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