Klimawandel und die Sicherung der Altersvorsorge sind Themen, die Jürg Fausch stark beschäftigen. Zudem findet der Finanzexperte, dass die Schweiz in Sachen Vereinbarkeit von Beruf und Familie relativ grossen Nachholbedarf habe, wie er im Interview feststellt.


Jürg Fausch, was war die beste Entscheidung in Ihrer beruflichen Laufbahn?

Die bislang wahrscheinlich beste Entscheidung war, für mein Doktorats-Studium ins Ausland zu gehen. In Stockholm, wo ich in Volkswirtschaftslehre promoviert habe, fand ich ideale Bedingungen vor, um mich in einem internationalen und sehr produktiven Umfeld vertieft mit aktuellen ökonomischen Fragestellungen zu befassen.

Das Ph.D.-Programm war sehr fordernd, und ich habe vor allem in den Bereichen quantitative Makroökonomie und Ökonometrie viel dazugelernt. Dieses Wissen dient mir heute in meiner aktuellen Position immer noch als Grundlage, um mich schnell in neue, für die empirische Finanzmarktforschung, zunehmend wichtige Themengebiete wie etwa Machine Learning einzuarbeiten.

Zudem hat mich der fast sechsjährige Aufenthalt gezwungen, meine Komfortzone zu verlassen und die Herausforderung zu meistern, im Ausland ein neues Umfeld aufzubauen. Insgesamt hat mich die Zeit in Schweden nicht nur fachlich, sondern auch persönlich positiv geprägt, wofür ich sehr dankbar bin.

Was treibt Sie an?

Ich bin ein sehr wissbegieriger Mensch und habe das Glück, sowohl durch meine Forschung als auch interessante Praxisprojekte immer wieder Neues dazu zu lernen. Gerade in der akademischen Forschung braucht es teilweise viel Ausdauer – von der Forschungsidee zu einem Projekt bis zur Publikation in einer Fachzeitschrift vergeht einige Zeit.

Ich glaube, die Ausdauer und der Wille, Herausforderungen anzunehmen und sich auch in schwierigen Phasen nicht entmutigen zu lassen, ist ein wichtiger Treiber meiner Arbeit.

Auf welchen Werten beruhen Ihre täglichen Handlungen, Entscheidungen, Pläne?

Ich orientiere mich sehr stark am Grundsatz, dass ich allen Menschen mit dem nötigen Respekt begegnen möchte und möglichst unvoreingenommen auf neue Bekanntschaften zugehe. Auch hat mich das Prinzip «no pain, no gain» sehr früh im Leben begleitet. Ich bin überzeugt, dass harte Arbeit der Grundstein für Erfolg ist.

Welche Ziele verfolgen Sie beruflich?

Als Ökonom stehe ich noch am Anfang meiner Karriere und ein Ziel besteht sicherlich darin, mich auf diesem Gebiet weiter zu etablieren. Dazu gehört einerseits die Publikation von Forschungs­artikeln in Fachzeitschriften, aber auch die Auseinandersetzung mit wirtschaftspolitischen Fragestellungen, welche eine breitere gesellschaftliche Relevanz haben.

Was macht an Ihrem Job am meisten Spass, was am wenigsten?

Die Freiräume, die ich in meiner Position habe, um zu denken, zu lernen und mich weiterzuentwickeln, sind ein grosses Privileg, welches ich sehr schätze. In meiner Aufgabe als Dozent macht es mir immer sehr viel Spass zu sehen, wie grossartig sich junge Menschen im Laufe eines Studiums an unserer Hochschule entwickeln – immer im Bewusstsein, einen Beitrag dazu geleistet zu haben.

Aus der Perspektive des Forschers ist der erfolgreiche Abschluss eines Projekts immer ein sehr befriedigendes Gefühl. Wenn bei Beratungsprojekten der Auftraggeber zufrieden ist und die Ziele erreicht wurden, bereitet mir das sehr viel Freude. Weniger Spass machen mir hingegen administrative Routinearbeiten, die es auch an einer Hochschule immer vermehrt gibt.

Aber solange ich mich mit spannenden und relevanten ökonomischen Fragen auseinandersetzen und meine Studierenden für die Finanzökonomie begeistern kann, bin ich sehr glücklich und habe Spass an meinem Job.

Welche Probleme sollten Politik und Behörden rasch angehen?

Klimawandel und die Sicherung der Altersvorsorge sind Themen, die mich als jungen Menschen relativ stark beschäftigen. Hier gilt es für die Zukunft tragfähige und nachhaltige Lösungen zu finden. Auch finde ich, dass die Schweiz betreffend die Vereinbarkeit von Beruf und Familie relativ grossen Nachholbedarf hat.

Hier wünsche ich mir, dass wir uns vielleicht etwas mehr am skandinavischen Modell orientieren. An den Schweizer Hochschulen ist heute beispielsweise mehr als jede zweite Person weiblichen Geschlechts. Aus wirtschaftspolitischer Sicht wäre es wünschenswert, dass diese gut ausgebildeten Frauen nicht wegen familiärer Verpflichtungen vollständig auf eine Berufstätigkeit verzichten müssen und so dieses Humankapital vermehrt im Arbeitsmarkt gehalten werden kann.

Wo finden Sie in Ihrer Freizeit den Ausgleich?

In meiner Freizeit haben Familie und Freunde einen hohen Stellenwert. Bei gemeinsamen Aktivitäten an Wochenenden kann ich sehr gut vom Alltag abschalten. Zudem zieht es mich immer wieder in die Natur und die Berge – sei es im Winter zum Skifahren oder im Frühling und Herbst für eine Wanderung oder Bergtour.

Auch das Reisen bedeutet mir sehr viel und ich geniesse es, gemeinsam mit meiner Frau unterwegs zu sein und neue Länder und Kulturen zu entdecken. Unter der Woche versuche ich an mindestens drei Tagen Sport zu treiben, was für mich ein idealer Ausgleich zum beruflichen Engagement darstellt und mir hilft, mich zu entspannen. Und nicht zu vergessen ist unser Hund, der mich beim nach Hause kommen am Abend voller Freude begrüsst und mit einem gemeinsamen Spaziergang den Feierabend lanciert.

Wofür sind Sie dankbar?

Am dankbarsten bin ich dafür, dass meine Familie und ich bei guter Gesundheit sind. Ansonsten bin ich sehr dankbar, dass ich in einem Umfeld aufgewachsen bin, dass mir ermöglicht hat, meine Ziele zu erreichen und Träume zu verwirklichen. Besonders die Unterstützung meiner Familie und meiner Frau ist für mich sehr wertvoll und gibt mir viel Rückhalt.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Zur Zeit lese ich das Buch «The Rules of Contagion: Why Things Spread – and Why They Stop» von Adam Kucharski. Das Buch ist eine intuitive und verständliche Darstellung, wie mathematische Ansätze uns helfen können, Ansteckungseffekte besser zu verstehen.

Dabei geht es nicht nur um Pandemien wie aktuell Covid-19, sondern allgemein Ansteckungen in all ihren unterschiedlichen Formen. Dazu zählen beispielsweise die Verbreitung von Fehlinformationen im Internet oder die Entstehung von Finanzkrisen. Das Buch ist wirklich spannend geschrieben und wenn man anfängt zu lesen, fällt einem das Aufhören schwer.

Was machen Sie während einer Kurzreise?

Während einer Kurzreise lese ich sehr gerne. Meistens nutze ich die Gelegenheit, um aktuelle Forschungsartikel zu lesen. Zudem schaue ich mir auch gerne einen guten Film oder eine spannende Serie auf Netflix an. Es kommt auch vor, dass ich während einer Zugreise durch die Schweiz einfach nur Musik höre und die schöne Landschaft geniesse.

Welches ist Ihr Lieblings-Essen?

Ich habe sehr gerne mediterranes Essen und koche auch selber sehr gerne. Gemeinsam mit meiner Frau probieren wir immer wieder mit Freude neue Gerichte aus. In der kalten Jahreszeit liebe ich es auch, zwischendurch ein Fondue zu geniessen.

Wenn Sie ein Land aussuchen dürften: Wo würden Sie am liebsten Leben und wieso?

Ich bin sehr glücklich, in der Schweiz aufgewachsen zu sein und sehe es als grosses Privileg, hier zu leben. Müsste ich mich für ein anderes Land ausserhalb der Schweiz entscheiden, wäre es Schweden. Während meiner Ph.D.-Zeit ist mir die Hauptstadt Stockholm sehr ans Herz gewachsen.

Die Stadt ist gerade im Sommer unglaublich schön und bietet viel Natur, Geschichte und die kulturellen Vorzüge einer Metropole. Stockholm erstreckt sich über 14 Ostseeinseln und hat mehr als 50 Brücken und wird so zu Recht als «Venedig des Nordens» bezeichnet. Die Winter allerdings, wenn es sehr früh dunkel wird, sind etwas gewöhnungsbedürftig.


Jürg Fausch ist Ökonom und seit September 2017 Dozent für Finanzökonomie am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ), das zur Hochschule Luzern gehört. In dieser Funktion ist er unter anderem Co-Autor und Projektleiter der jährlich mit der Asset Management Platform Switzerland publizierten Asset-Management-Studie. Er absolvierte sein Graduiertenstudium in Volkswirtschaftslehre an der Stockholm School of Economics und der Universität Stockholm, welches er 2017 mit einem Ph.D. in Economics mit Schwerpunkt Makroökonomie abschloss. Der Forschungsschwerpunkt von Jürg Fausch liegt im Bereich der quantitativen Makroökonomie und der empirischen Finanzmarktforschung. Seine Forschungsarbeiten wurden im Journal of Macroeconomics und in Economics Letters publiziert. Praktische Erfahrungen im Asset Management sammelte er durch die Beteiligung an der Gründung des ersten Mikrofinanz-Fonds in Liechtenstein.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.49%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.86%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.06%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.59%
pixel